Montag, 31. März 2025

Saskia Esken: eine Zumutung oder eine Chance?

 Am Fall Esken zeigt sich wie in einem Brennglas die deutsche Eigenart im Verständnis und in der Behandlung von Frauen. 

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Deutsches Privileg


Vor allem sei die Frau schutzbedürftig. Diese Behauptung lese ich heraus aus den vielen Aufrufen von Männern, die unbedingt "unsere Mütter, Töchter und Schwestern" vor den Angreifern verteidigen wollen. Unter einer Bedingung: die Gefährder und Gewalttäter kommen von außerhalb - Migranten, Flüchtlinge oder Illegale. "Finger weg von unseren Frauen!" – lautet der Schlachtruf. „Frauen zu schlagen und zu drangsalieren ist unser deutsches Privileg“, möchte man wahrheitsgemäß gleich ergänzen. 

Diese besitzergreifende Einstellung bezeugt ein sachliches Verhältnis zum sogenannten schwachen Geschlecht. Sachliches, weil man die Frau als Objekt betrachtet; ein Objekt, das man vorm Diebstahl bewahrt, und nicht ein Subjekt, das über sich selbst entscheidet,

Es reicht ein Blick auf den Lebenslauf von Saskia Esken, um zu begreifen, dass sie sich nicht im oben erwähnten Sinne objektivieren lässt. Sie zeigt Charakter. In Deutschland gehört sich das für eine Frau nicht. Sie sei theoretisch gleichberechtigt, praktisch solle sie sich aber ein bisschen ducken und nicht zu sehr auffallen. Um jegliche Missverständnisse in diesem Punkt zu vermeiden, eile ich gleich zu erklären, dass Angela Merkel keineswegs zu gleicher Kategorie wie Esken gehört. Sie witterte stets, aus welcher Seite der Mainstream-Wind kommt, und richtete sich danach.

Chancen außerhalb des Männer-Spiels


Eine Frau wie Esken, mit Ecken und Kanten, ist eine Zumutung für die Herren, die zwar oft über die Gleichberechtigung schwafeln, aber nur im begrenzten Rahmen, den sie von Fall zu Fall definieren.  In der SPD, die sich zwar Chancengerechtigkeit als Ziel auf die Fahne schreibt, sieht die Situation auch nicht viel besser aus, als in dem Rest des nicht nur politischen Landes. Ich hätte sogar gesagt, dass es dort eine versteckte, aber verbreitete, männliche verachtende Grundhaltung Frauen gegenüber herrscht. Olaf Scholz war eine leuchtende Ausnahme in dieser Hinsicht. Und unbedingt muss ich noch hinzufügen, dass in dieser Auseinandersetzung auch einige Frauen Hand in Hand mit Männern ihre nicht angepassten Kolleginnen bekämpfen.

Denjenigen, die jetzt protestieren wollen, dass ich Scholz in diesem Zusammenhang nenne, weil er Esken doch einfach stehen ließ, als sie mit ihm reden wollte und alle haben es gesehen und boshaft kommentiert, möchte ich sagen, dass ich Scholz glaube. Danach gefragt, antwortete er, dass er sie nicht wahrgenommen habe und den Vorfall sehr bedauere. 

Im Fall Esken geht es mir weniger um Inhalte, die sie formuliert und durchzusetzen versucht. Ich gestehe sogar, dass sie mir nicht selten mächtig auf den Keks geht und oft bin ich nicht mit ihren Meinungen einverstanden. Über Themen, die sie vorbringt, kann man und soll man streiten. Ich erkenne aber dahinter einen Menschen, eine Frau, die sich traut, als solche ihre Stimme zu erheben und nicht lediglich das Männer-Spiel mitzutragen, und wirkt dabei authentisch. Wir - Frauen und Männer - sind unterschiedlich und hoffentlich auch bleiben. Wir verdienen jedoch die gleichen Chancen, die das Männer-Spiel nicht zulässt. Das Spiel mieft schon sehr, ist uralt und größtenteils frauenverachtend. Weder Männer noch Frauen kommen daraus als Gewinner. Es schadet beiden Geschlechtern. Vor allem schadet es auf dem Weg zu einer echten demokratischen Gesellschaft.   

Sonntag, 30. März 2025

Zwei Seiten der Gegenwart: Trump und Wokeness

 In der Kolumne „Super Safe Space“ „Des Freitags“ appelliert  Saskia Hödl bereits mit dem Titel an die Kolleginnen und Kollegen: „Huhu, liebe Medien – ist da wer zu Hause?“(Der Freitag, 20.03.) Der darin enthaltene Vorwurf, den sie Journalisten macht, ist jedoch unbegründet. Dennoch erscheint er mir im hohen Maße symptomatisch für die Wokeness. 

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Journalist oder Propagandist?


Journalismus sei mehr, als Pressemeldungen abzutippen, stellt Saskia Hödl fest. Wer könnte ihr in diesem Punkt widersprechen? Es lässt sich gegen diese Feststellung nichts einwenden. Die Vision, die Hödl vorschwebt, geht jedoch über den Journalismus weit hinaus. Sie erwartet nämlich, dass sich jemand, der den Beruf ausübt, nicht für die Wahrheit – also die überprüften Berichte, Enthüllungen und Hintergründe -, sondern für die gute Sache einsetzt. Dafür existieren bereits passende Begriffe: Propagandist, Missionar oder Parteifunktionär. „Journalist“ trifft hier nicht zu. Die mehr oder weniger persönliche Meinung  - weil sie nicht selten lediglich jene von der Sippe, dem eigenen Lager oder dem Chef oder Chefin widerspiegelt -, gehört selbstverständlich auch zum Journalismus, aber eben als solche deutlich gekennzeichnet. 

Was die gute Sache ist, bestimmen nur wir


Die gute Sache oder anders gesagt die Wokeness solle „praktisch für eine Annäherung an so was wie Chancengleichheit im Staatswesen sorgen“. Hier handelt es sich um eine Behauptung, die man erst beweisen müsste. Was die Wokeness dagegen verlangte und immer noch verlangt, war und ist die Forderung des blinden Vertrauens. Man solle glauben ohne zu hinterfragen, ohne nachzudenken, denn dafür sind die unbestimmten anderen, die nicht genau identifizierten Eingeweihten zuständig. Die Wokeness, die die Kirche und den Glauben nicht nur ablehnt, sondern auch heftig attackiert, erschafft eine Ersatzreligion und duldet keine Zweifler. Derartige Merkmale zeichnen Sekten, Mafias und Diktaturen. 

Propheten  der Wokeness behaupten natürlich das Gegenteil und ernennen sich selbst zu Hütern der Demokratie. Als solche stoßen sie militante Aufrufe zur Bekämpfung der Feinde. Der größte scheint für sie Donald Trump zu sein. Was sich sie und auch Saskia Hödl partout wahrzunehmen weigern, ist das demokratische Mandant von Trump. Die erleuchteten Wokeness-Vertreter sind dagegen lediglich Usurpatoren. 

„Reiche, weiße Männer“


Laut Hödl betreibe Trump genauso wie Wokeness die Identitätspolitik, nur andersrum: 

„Vielmehr ist das, was Trump hier veranstaltet, Identitätspolitik per excellence. Identitätspolitik für reiche, weiße Männer – und alle, die sich ihnen so gerne anbiedern.“

Eine wünschenswerte Lösung – könnte man daraus dieses Fazit ziehen – liege in der Liquidierung der „reichen, weißen Männern“. Was passiert dann aber mit dem angeblichen Ziel der Wokeness, „eine Annäherung an so was wie Chancengleichheit im Staatswesen“ anzustreben? Gilt diese hehre Aufgabe nicht für „reiche, weiße Männer“? Sollten sie zu Ausgestoßen werden? Für immer und ewig? An diesem Punkt bricht die ganze Wokeness-Konstruktion – jedenfalls für mich – endgültig wie ein Kartenhaus zusammen. 

Mittwoch, 19. März 2025

Ein Fall, ein Tod und das Schweigen der deutschen Medien

 Während in Deutschland die Debatte über das Finanzpaket die Aufmerksamkeit erregt, zieht in Polen ein Skandal immer weitere Kreise. Präsident Andrzej Duda erklärte ihn sogar zu einer Staatsaffäre. 

In Deutschland erfährt man davon nichts. Das ist merkwürdig, in Anbetracht der früheren Sensibilität der deutschen Medien, die jeden Pappenstiel von damaligem Anführer der Opposition Donald Tusk hoch emotional herausposaunten, 

Ich will das gegenwärtige Totschweigen nicht hinnehmen, deswegen schreibe ich hier. 

Andrzej Duda äußert sich zum Tod von Barbara Skrzypek am 18.03. Schreenshot

Der Fall


Zurzeit erleben Polen die heiße Phase des Wahlkampfs. Im Mai wird der neue Präsident gewählt. Er spielt eine andere Rolle als in Deutschland und hat viel mehr Befugnisse. Das ist das Problem von Donald Tusk. Denn Andrzej Duda, der aktuelle Präsident, stammt aus einem anderen politischen Lager, was Tusk nicht akzeptieren will und öffentlich die Tage bis zum Ende der Amtszeit von Duda zählt. Tusk will die ganze Macht an sich reißen und im Präsidentenpalast seinen Mann einsetzen. Dabei ist ihm jedes Mittel recht, was er übrigens vom ersten Tag seiner Regierung (der dritten inzwischen) beweist. 

Seit Anfang des Jahres macht Tusk einen enormen Druck auf seine Mittstreiter: Sie sollen endlich liefern, was heißt: sie sollen die größte Oppositionspartei und ihren Kandidaten vernichten. 

Den neuesten Skandal kann man nur In diesem Kontext verstehen. 

Dafür wurde ein alter Fall aufgewärmt („zwei Türme*), damit man Jarosław Kaczyński, den Kopf der größten Oppositionspartei - der PiS -, treffen könnte. Da dies aber ein harter Gegner ist, nahm man sich eine Person vor, die politisch wenig erfahren und kaum bekannt war: Barbara Skrzypek, ehemalige Leiterin des Büros von  Kaczyński. 

Skrzypek wurde als Zeugin in dem sogenannten „zwei Türme“-Fall vernommen.  

Das Verhör


Am 12.03. erschien Barbara Skrzypek mit ihrem Anwalt, Krzysztof Gotkowicz, zur Befragung. Sie habe gesundheitliche Probleme, erklärte sowohl die Zeugin als auch ihr Vertreter, nachdem man dem Anwalt die Teilnahme verweigerte. Es half nichts, er musste den Raum verlassen. So entschied die Staatsanwältin, Ewa Wrzosek.

Zwei Vertreter des Anklägers, Anwälte Krystian Lasik und Jacek Dubois, durften dagegen bleiben und auch Fragen stellen. Barbara Skrzypek, eine ältere Dame, die mit der Justiz noch nichts zu tun hatte und selten im Rampenlicht stand, wurde von drei Personen stundenlang verhört,  

Die Befragung wurde nicht aufgezeichnet, was sonst zur gängigen Praxis in Polen gehört. Ein Protokollant war auch nicht dabei. Aber es existiert ein Protokoll, das Skrzypek unterzeichnete, obwohl sie wegen Sehschwäche das Schriftstück nicht richtig lesen konnte. 

Am 15.02. starb Barbara Skrzypek. Die angeordnete Obduktion stellte einen Herzinfarkt als Ursache fest.

Die Statements


Der Zusammenhang zwischen dem Verhör und dem Tod wurde seitens der Opposition sofort konstatiert. Aber auch auf der Seite der Machthaber kamen anscheinend Zweifel auf, weil man ungewöhnlich schnell reagierte und das Protokoll der Vernehmung veröffentlichte.

Zum Wort meldete sich mit scharfer Kritik Jarosław Kaczyński: „In Polen gilt gegenwärtig das Recht nicht, aber bis jetzt gab es keine Todesopfer. Und heute haben wir das erste.“

Andrzej Duda traf sich sowohl mit Krzysztof Gotkowicz, dem Anwalt von Barbara Skrzypek, wie auch mit Marcin Wiącek, dem Beauftragten der Bürgerrechte und äußerte sich sehr besorgt. 

Hinterher richtete er sich an Premier Donald Tusk hinsichtlich der Aufklärung der Umstände des Todes von Barbara Skrzypek. Darin lesen wir u.a. die Bedenken des Präsidenten, betreffend Ewa Wrzosek, die das Verhör durchgeführt hat. 

„Die Staatsanwältin Ewa Wrzosek hat wiederholt in den Medien und auf der Plattform X ihr politisches Engagement bekundet, was sich mit den Pflichten eines Staatsanwalts nicht vereinbaren lässt. Laut Art. 96 §2 vom 28.01.2016 des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft soll ein Staatsanwalt sowohl im Dienst als auch außerhalb die Würde des Amtes wahren und alles unterlassen, was dagegen verstößt und die Unparteilichkeit gefährdet. (…) Besonders erschütternd erscheint  daher die folgende Aussage von Ewa Wrzosek: Leider ist jetzt kein guter Zeitpunkt, um sich in positivistischer Art streng an den Buchstaben des Gesetzes zu halten.“

Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wegen fahrlässigen Totschlags eingeleitet.

……….
*) Gerald Birgfellner, österreichischer Investor, verwandt mit Jarosław Kaczyński, war an einem gescheiterten Hochhausprojekt in Warschau beteiligt und fühlte sich um sein Geld betrogen. Der Fall machte 2019 Schlagzeilen.

Freitag, 14. März 2025

Eine dehnbare Demokratie oder doch keine? Vor der Präsidentschaftswahl in Polen

 Hier, in Deutschland, leben wir in einer Demokratie. Was für ein Glück! Woran erkennen wir aber, dass dies wirklich stimmt? 

Wir haben freie Wahlen, unabhängige Gerichte und Meinungsfreiheit. Und keine Zensur, (obwohl, das mit der Zensur nicht ganz stimmt). Das politische repräsentative System beinhaltet auch als einen unabdingbaren Bestandteil die Opposition. In Polen wackelt dagegen das von mir soeben skizzierte Gebäude gewaltig, was man aber in Deutschland partout nicht zur Kenntnis nehmen will. . 

Karol Nawrocki, parteiloser Kandidat der oppositionellen PiS. Screenshot

Unschönes Spektakel 


In seinem Feuilleton mit einem langen Titel: „Wir haben die unfairsten Wahlen in der Geschichte des freien Polens“ erhebt Rafał Woś, ein polnischer Journalist, folgenden Vorwurf: 

„Noch nie in der Geschichte der Dritten Polnischen Republik*) wurde der Wahlprozess dermaßen zugunsten der Machthaber verzerrt. Und noch nie wurde die Opposition so offen schikaniert.“

Davon, dass derartige Praktiken eine Bedrohung für die Demokratie darstellen, muss man – glaube ich – niemanden überzeugen. Rafał Woś verbildlicht die aktuelle Situation mit einem Sport-Vergleich: 

„Wir stellen zwei Läufer mit ähnlichen Siegchancen am Start eines 100-m-Laufs. Aber dann nehmen wir einem von den beiden seine Sportschuhe weg. Er brauche sie nicht, weil er so stark sei, also könne er auch in Latschen laufen. Das reicht noch nicht? Immer noch kein sicheres Ergebnis in Sicht? Na dann bedrohen wir diesen Sprinter mit der Polizei, verhaften seine engsten Familienmitglieder und sein Trainerteam. 

Wer wird in solch einem Wettbewerb gewinnen? Was denkt Ihr? Und wird das ein schönes Spektakel?“

Nein, schön wird es mitnichten. Darum gehe es doch nicht, würden die Veranstalter antworten - wie ich vermute -, Hauptsache, es gebe einen Gewinner. 

Dabei spielt Schönheit eine wichtige Rolle in der Wissenschaft. So bezeichnen Physiker ein Experiment, eine Theorie oder eine mathematische Struktur als schön, wenn sie in sich stimmig sind. 

Wahlkampf ohne Moos


Zurück zu den hässlichen Vorgängen der #Tusk-Regierung. Die Liste ist sehr lang, zum Teil habe ich sie in meinem Blog abgearbeitet, so schrieb ich u.a. über die Streichung der staatlichen Finanzierung für die größte Oppositionspartei (PiS). Rafał Woś betonnt die Konsequenzen für den Wahlkampf:

„Die Verweigerung der Auszahlung der Gelder bedeutet einen Eingriff in die Integrität eines Wahlkampfes, denn dieser kostet Geld. Und wenn das Geld fehlt, lässt sich kein effektiver Wahlkampf führen. Das ist doch offensichtlich.“

Karol Nawrocki, der von der größten demokratischen Oppositionspartei unterstützte Kandidat, ist also zum Sprint ohne Schuhe gestartet, daher habe er „keine Chance auf einen fairen und gerechten Kampf“. 

Einbildung versus Realität


Jahrelang hetzte man in Deutschland und in der EU gegen die PiS und ergriff Partei für den Kumpel Tusk. Jetzt haben wir den Salat. 

„So sieht – leider – die Realität im März 2025 aus, eineinhalb Jahre nach der angeblichen „Rettung der polnischen Demokratie“, Erinnert Ihr Euch an die letzten Parlamentswahlen? Die von 2023? Als Polen von der schrecklichen PiS-Diktatur regiert wurde? Erinnert Ihr Euch, über welche Schikanen Donald Tusk und sein Team (damals in der Opposition) klagten? Ja, ja, ihr erinnert Euch gut – das Schlimmste war, dass die Moderatoren der Wahldebatte in TVP ihre Abneigung gegen den Kandidaten Tusk nicht verbergen konnten.“

Wir reden hier also über den Unterschied zwischen der „eingebildeten Diktatur" und einer „realen Tyrannei“.


*) Die erste war die Polnisch-Litauische Adelsrepublik (1569–1795), die zweite hieß auch so: Zweite Polnische Republik (1918–1939), die aktuelle begann 1989) 


Alle Zitate stammen aus dem Artikel von Rafał Woś.

Mittwoch, 12. März 2025

Musk, Sikorski und Rubio oder kleine und große Männer

 Die Plattform X ist in hohem Maße politisch. Dort streitet man nicht nur hitzig über aktuelle Themen, man erfährt auch oft von Politikern persönlich zuerst eben auf X ihre politischen Entscheidungen und man kann darauf sofort reagieren. Das ist doch die gelebte direkte Demokratie, nicht wahr?

Unterdessen reißt die Kritik über die Plattform selbst und ihren Besitzer Elon Musk nicht ab. Der häufigste Vorwurf lautet: Er – Musk – lasse bewusst die sogenannte Hassrede zu. Stimmt das? Schauen wir uns den letzten Posts-Wechsel zwischen dem polnischen Außenminister Radosław Sikorski, Elon Musk und Marco Rubio an.

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Zu viel Lärm?

Es begann am Sonntag mit dem Post von Elon Musk, in dem er feststellt, dass sein Starlink für die ukrainische Armee eine Schlüsselrolle spiele und ohne ihn die Ukraine chancenlos wäre. Daraufhin antwortete Sikorski, dass Polen jährlich 50 Mio. Dollar für das von Ukrainern genutzte System zahle und warnte zugleich, dass sein Land nach anderen Systemen suchen werde. Empörter Musk nannte Sikorski daraufhin "kleiner Mann" (was allerdings nicht stimmt. Sikorski ist 1,81 cm groß) und empfiehl ihm, die Klappe zu halten, denn Polen lediglich ein Bruchteil von Kosten begleicht. 

Marco Rubio, amerikanischer Außenminister, mischte sich in den Streit ein und forderte Sikorski auf, sich zuerst bei Amerikanern zu bedanken. Außerdem bekräftigte er auf X, dass niemand der Ukraine mit dem Ausschalten der Starlinks drohe. 

Schließlich bedankte sich Sikorski doch, aber nur dafür, dass Rubio Klarheit schaffte und die weitere Nutzung des Systems von Ukrainern zusicherte.

Niemals würde ich derartige Differenzen als Hass bezeichnen. Hier sieht man deutlich nicht nur unterschiedliche Positionen, sondern auch Emotionen. Gut so! 

Viel Lärm um nichts also? Im Gegenteil. Ich hätte sogar gesagt, dass es hier ums Ganze geht. 

Begründete Sorgen

In der Nachlese äußert - ebenfalls auf X - ihre Bedenken Dagmara Pawełczyk-Woicka, die Vorsitzende des Landesrates für Gerichtswesen (KRS). Sie sieht in den Äußerungen von Sikorski zugleich eine Kampfansage und eine Ankündigung eines Wechsels des Systems – weg von Musk, hin zu europäischen Anbietern. 

Warum wäre das keine gute Alternative, verrät sie am Ende ihres Posts:

"Der letzte Austausch von Posts auf X zwischen Radosław Sikorski und Elon Musk über Starlink sehe ich im Kontext der europäischen Bestrebungen, eigene Satellitensysteme zu entwickeln, wie IRIS² und das SpaceRISE-Konsortium. Mit ihnen plant die EU, die Kontrolle über den Telekommunikationsmarkt zu erlangen. Die EU will den digitalen Raum mit eigenen Vorschriften gestalten, u.a. durch die Einführung von Verboten in Bezug auf die sog. Hassrede, was in der Praxis zu starker Einschränkung der Meinungsfreiheit führen könnte, anders als auf der Plattform von Elon Musk. Aber vielleicht mache ich mir unnötig Sorgen." 

Vielleicht sind Sorgen der Chefin des Landesrates unbegründet, vielleicht aber auch nicht. Denn Polen unter Donald Tusk liefert unzählige erschreckende Beispiele für eine durchaus gefährliche Entwicklung: oppositionelle Politiker werden massenhaft angeklagt, der größten Oppositionspartei werden die ihr zustehenden staatlichen Finanzmittel verweigert (und das im Wahlkampf vor der Präsidentschaftswahl!), unabhängige Medien lässt man zu den Pressekonferenzen nicht zu und droht ihnen mit der Entziehung von Lizenzen usw.

Tusk scheint die ganze Macht an sich reißen zu wollen. Seine Ambitionen sind aber viel größer und erstrecken sich nicht nur auf Polen. Er strebt die Herrschaft über ganz Europa an. Dafür braucht er aber unbedingt die Kontrolle über die Medien. Polen ist für ihn lediglich eine Blaupause. 

Warum ein Mann wie er, der im kommunistischen Polen zur Opposition gehörte, genau die gleichen totalitären Methoden im noch freien Land anwendet, lässt sich nur spekulieren. Ich habe natürlich meine Theorie, aber noch keine Beweise.


Montag, 10. März 2025

Wessen Interessen? Tusk, Putin und Trump

 Wessen Interessen vertritt polnischer Premier Donald Tusk, indem er nicht nur die Opposition im eigenen Land zerstört, sondern auch gegen die USA und deren Präsidenten Donald Trump hetzt? Mit größter Wahrscheinlichkeit nicht die polnischen und auch nicht die europäischen. Eine logische Schlussfolgerung lautet also: die russischen. Darf ich sowas einfach behaupten? 

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Sehr eng


Es war Donald Tusk, der in seinen früheren Regierungen (2007 - 2014) auf eine sehr enge Zusammenarbeit mit Putin gesetzt hat. Wie weit diese Kooperation reichte, zeigt das polnisch-russische Abkommen über Zusammenarbeit zwischen dem SKW (Militärischer Abschirmdienst in Polen) und dem FSB (russischer Geheimdienst) aus dem Jahr 2013. Aber Verbindungen wurden viel früher geknüpft und erfolgreich in die Tat umgesetzt. So hat sich Tusk nach der Smolensk-Katastrophe (10.04.2010) vollständig auf die Russen verlassen und deren Narrativ über Ursachen und Verlauf gänzlich übernommen. Ein wirklich beeindruckender Fall der Zuversichtlichkeit. 

In diesem Kontext wundert auch die aktuelle Meldung nicht, dass Polen unter Tusk auf die Anklage gegen den russischen Spion Pawel Rubzow (Paweł Rubcow) verzichtet.

Mayday, Mayday, Kollisionsalarm!


In der Zeit, als sich Putin Russland unterwarf, schlief das Europa, behauptet General Leon Komornicki im Interview für die „Rzeczpospolita“

„Europa ist heute schwach und schwerfällig. 30 Jahre lang hat Europa tief geschlafen. Währenddessen wurden um jeden Preis Geschäfte mit Russland gemacht. Außer Acht ließ man, was Russland in der unmittelbaren Nachbarschaft, aber auch im eigenen Land veranstaltete. Vor den Augen des ganzen Europas vernichtete Russland die politische Opposition. Das Land ging aber auch gegen die Opposition innerhalb der Europäischen Union vor."

Das ist eine genauso bedrückende wie  treffende Analyse. In Sachen Sicherheit sah man die NATO als Allheilmittel, außerdem erklärte man Putin zu einem Europäer. Was man aber übersah, so Komornicki, wenn man sich auf den Artikel 5 des NATO-Vertrags berief, war der wichtigste Punkt – die Verpflichtung jedes NATO-Mitglieds, mitzuwirken und mit ganzer Kraft Beitrag zum Gesamtpotenzial zu leisten. 

Die aktuelle politische Entwicklung beurteilt der General als gefährlich.

„Wir sollen jetzt aufschreien, denn wir können nicht das westliche Narrativ übernehmen und auf Kollisionskurs mit den Vereinigten Staaten zusteuern.“

Davon bin ich auch überzeugt.

Freitag, 7. März 2025

Markus Lanz, Alice Weidel und die Meinung

 Markus Lanz hat gestern Alice Weidel zu seiner Runde eingeladen. In vielerlei Hinsicht war das eine lehrreiche Veranstaltung. 

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„Diese Leute“


„Diese Leute tun den ganzen Tag nichts anderes (als zu lügen)“, behauptet Markus Lanz

„Welche Leute?“, fragt Alice Weidel.

Markus Lanz als ÖRR-Journalist muss (Richtlinie? Verordnung? Unwiderstehlicher Wunsch vom Chef?) die aktuelle amerikanische Regierung und US-Techkonzerne unflätig kritisieren. Diesen Eindruck kann man bereits nach flüchtiger Betrachtung der Mainstream-Medien gewinnen.

Lanz glaubt, den amerikanischen Präsidenten als Lügner beschimpfen zu dürfen, weil er mal über eine gestohlene Wahl gesprochen habe. In diesem Moment vergisst der ZDF-Talkshow-Mann natürlich die deutschen Politiker und was sie alles vom Stapel gelassen haben. Denn als „seriöser Journalist“ handelt er immer nach dem Prinzip: den Splitter im fremden Auge, aber nicht den Balken im eigenen sehen.

Ich weiß nicht, woher diese unermessliche Arroganz stammt. Eine der Quellen findet sich bestimmt im typisch deutschen Antiamerikanismus, der fast so groß wie Antipolonismus ist (Donald Tusk ausgenommen, aber der ist deutschstämmig).

Markus Lanz, kein schlechter Entertainer, braucht – wie man sieht – einen oder mehrere Sündenböcke, an denen er sich abarbeiten kann. Während der Merkel-Ära wurde diese Strategie sowohl in der Politik als auch in den Medien etabliert und dadurch die schwarzweiße Welt zur sozusagen staatlichen Pflichtreligion erklärt. 

Sie habe dieses schwarzweiße Welt-Bild satt, verkündet Weidel daraufhin. Da hat sie einen Punkt. 

Wollen wir es beim Namen nennen?


Zu einer der Lieblingsdisziplinen in Deutschland zählt das Vergleichen der Äpfel mit den Birnen. Zwar gehört sowohl das eine wie das andere zum Obst, dennoch sind das zwei verschiedene Dinge. So glaube ich auch nicht, dass sich amerikanische Politik mit deutschen Maßstäben darstellen lässt. Es sind grundsätzlich unterschiedliche politische Systeme und Stile des Regierens.  

Wenigstens eins soll uns aber genauso klar erscheinen und genauso wichtig sein: die Meinungsfreiheit. Laut Markus Lanz bedeute sie das Aussortieren von Fakenews und Lügen.

Ähem, wirklich? Das taten die Kommunisten im Ostblock auch. In jeder Redaktion, jedem Verlag, Theater, Fernsehen saßen allmächtige Zensoren und sortierten, was nicht an die Öffentlichkeit durfte, aus. 

Lanz verlangt also nicht mehr und nicht weniger als die Rückkehr der Zensur, obwohl er vor dem Begriff zurückschreckt. Und seine Behauptung, dass JD Vance Europäer spalten wolle, indem er ihnen einrede, sie haben keine Meinungsfreiheit, klingt für mich kurios. Glaubt Lanz wirklich an das eigene Narrativ?

Übrigen, früher hieß das Narrativ einfach Märchen.

„Diese CDU“


Alice Weidel wiederholte mehrfach, dass man sich auf die deutschen Probleme konzentrieren solle. Dies sollte man wirklich tun. Und in diesem Punkt sind ihre Vorschläge für mich in keinem Bereich akzeptabel. Der Markt solle alles regeln, wie zu der längst vergangenen Zeiten des Raubkapitalismus (seitdem hat er aber – der Kapitalismus – eine lange Entwicklung hingelegt). Weidel plant die Zerstörung des Sozialsystems, das Otto von Bismarck ins Leben gerufen hat. Und sie will die EU vernichten und durch eine lose Verbindung von Staaten ersetzen. Für mich ist das ein Schreckensszenario, obwohl ich auch einen dringlichen Reformbedarf sehe. Die EU muss endlich eigene Verträge einhalten und souveräne Mitgliedstaaten als solche behandeln. 

Sie wolle nicht mehr mit „dieser CDU“ koalieren, verkündete Weidel gestern. Da bin ich aber erleichtert. Anders als viele zurzeit in Deutschland kritisiere ich Friedrich Merz nicht dafür, dass er seine Meinung ändert und sich sowohl für die Reform der Schuldenbremse als auch für das Sondervermögen für die Infrastruktur entscheidet. Es ist richtig. Außerdem soll man Politiker an den Taten erkennen. 

Samstag, 1. März 2025

Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj im Oval Office

 Was ist denn im Weißen Haus im Oval Office passiert? Zuerst hieß es: Wir machen einen Deal, dann aber kochten die Emotionen hoch und der Deal platzte. Das ist die Kurzversion.

Nein, der Sessel auf dem Foto steht nicht im Oval Office; 
diesen hier hat Salvador Dali entworfen.

Putin dies, Putin das


Tragisch ist dabei der Umstand, dass beide – sowohl Trump, als auch Selenskyj – recht haben. Eigentlich konnten sie nicht anders handeln. 

Die alten Griechen hatten ein ausgezeichnetes Gespür für derartige Konstellationen, die ihre Tragödien – wie „Antigone“ von Sophokles – kennzeichnen. 

Weder konnte Trump Putin wie ein Wilder beschimpfen, wenn er ernst Friedensgespräche führen will, noch Selenskyj durfte sich plötzlich vom Unheil, das Putins Angriff über sein Volk brachte, distanzieren oder es verharmlosen. 

Warum Trump Putin nicht öffentlich anprangern wollte, erklärte er selbst in der Antwort auf die Frage eines Journalisten, der sich anscheinend Trumps Kritik an Putin erhoffte. So funktioniere das nicht: wenn man mit jemandem über Frieden verhandeln wolle, dürfe man ihn nicht vergraulen –  so steckte Trump den Rahmen der Friedensgespräche ab.

Darüber hinaus hatten die beiden Gesprächspartner absolut konträre Erwartungen. Trump wollte, dass sich Selenskyj an den Vertrag konzentriert und den Krieg vergisst, was bekannterweise nicht passierte und was Trump im Nachhinein vor Journalisten so zusammenfasste: Selenskyj habe sich an Putin fixiert „Putin dies, Putin das.“ 

Worum es Trump ging, machte er im Gespräch unmissverständlich klar: „Sie werden entweder einen Deal machen oder wir sind raus.“

Karten im Spiel


Trump gehört nicht zu Politikern, die ihre Aussagen durch die Blume tätigen. Lieber erzählt er frei von der Leber weg. Daher schilderte er Selenskyjs Situation, wie er sie begreift:  „Sie haben die Karten nicht in der Hand.“

Dass Selenskyj eigene Lage anders einschätzt, überrascht nicht wirklich: „Ich spiele nicht mit Karten.“ Das sah man ihm auch an.

Wer spielt hier also und was für ein Spiel? Meine Antwort auf die Frage lautet: Medien. Sie versuchen nicht mal – so meine Meinung -, objektiv zu berichten, sondern ergreifen Partei und spielen mit gezinkten Karten. Dass die von mir soeben gescholtenen Medien den Wortlaut des Gesprächs abdrucken, lobe ich und preise dennoch mit Nachdruck.  Wir sind doch im Stande, uns unsere Meinung selbst zu bilden.