Sonntag, 12. November 2017

Teurer Mut und schneller Prozess – ein paar Gedanken über eine schwarz-weiße Welt

Wir leben in Zeiten, in denen mutig zu sein ganz einfach erscheint. Niemand wird hier für seine Äußerungen verhaftet und hingerichtet. Ist also der Mut so billig geworden, dass sich ihn jeder leisten kann? Mitnichten! Er ist schon wieder teuer. Wir wollen nicht mutig sein, wir wollen den anderen vor allem gefallen und viele Likes auf Facebook, Twitter & Co. bekommen.  Außerdem folgen wir unseren virtuellen Gurus. Unabhängige Meinungen leisten sich die wenigsten.


                                                              "Halten Sie Trump für psychisch gesund?"

Alle trampeln auf Trump


Die virtuelle Welt könnte man mit den Western (besonders den alten) vergleichen; genauso wie in den filmischen Inszenierungen stellt man auch heute die Wirklichkeit schwarz-weiß dar. Auf der einen Seite sind die Guten, auf der anderen die Bösen. Die Entscheidungen darüber, wer zu welcher Gruppe gehört, werden mehr oder weniger arbiträr gefällt.  

Die zweite Kategorie repräsentiert zurzeit, zu einem monströsen Bösewicht kreiert, der vor einem Jahr gewählte amerikanische Präsident Donald Trump. Er soll nicht nur böse, sondern noch dazu auch verrückt sein. In einem Interview mit Sigmar Gabriel fragt die BamS (5.11.17): „Halten Sie Trump für psychisch gesund?“

Gabriels Antwort passt nicht zum herrschenden Mainstream:

„Was für eine absurde Frage. Der amerikanische Präsident ist ein kühl kalkulierender Politiker. Er hat gesehen, dass eine Mehrheit der Amerikaner sich abgehängt fühlt und den Sprüchen der Politiker nicht mehr glaubt. Dann hat er sich an die Spitze der Anti-Establishment-Bewegung gesetzt. Diese Menschen unterstützen ihn nach wie vor. Ich würde keine Wette eingehen, dass Trump nicht acht Jahre Präsident bleibt.“

Keine schlechte Analyse, nicht wahr? Mit vielen Farben, weil Schwarz-Weiß selten für die Beschreibung der Welt ausreicht.

Shitstorm ersetzt das Lynchen


Die mediale Welt versagt augenblicklich meist, wenn es um eine sachliche Diskussion geht. Dafür gibt es weder Raum noch Zeit. Man muss sich ohne Zweifel und zügig entweder für oder gegen eine Sache, einen Menschen aussprechen. Das hat weniger mit klarer Kante zu tun, viel mehr mit der Wahl eines der sich bekämpfenden Lagern und  dem altbekannten Gehorsam. 

Wo die Sachlichkeit fehlt, schwappt die Hysterie über. Es wird schnell bewertet. Urteile werden ohne Prozesse ausgesprochen. Das Lynchen – der Shitstorm - ist dann die Vollstreckung. 

Keineswegs will ich Twitter & Co. verteufeln. Im Gegenteil, ich finde, dass die Social Media eine unheimlich wichtige Rolle spielen, darunter tragen sie sehr viel zur Kontrolle der jeglichen Obrigkeit bei. Gleichzeitig hoffe ich, dass sie sich weiter entwickeln und weniger kindisch und trotzig, stattdessen erwachsen werden.

Donnerstag, 2. November 2017

Alte Hexen, Playboy-Häschen und andere Politik

Ein Tweet von femInsist‏ geht eben viral. Er spricht ein wahres Tabuthema an: das Älterwerden von Frauen.


                     Eigenes Foto


Die wahren Unsichtbaren 


Die Zeit kennt keine Ausnahmen: älter werden wir alle. Zu Beginn also eine naive Frage: Wo liegt das besondere Problem mit Frauen? 

Wenn es keine anderen Beweise für die Ungleichstellung der Geschlechter gäbe, wäre dies der überzeugendste. Was kann härter und ungerechter sein, als das gänzliche Verschwinden von der Oberfläche?

In puncto Alter


Die Welt ist nur grammatikalisch weilblich. Nach wie vor entscheiden Männer, wo es lang geht. Und wenn Frauen Karriere machen, dann ordnen sie sich den männlichen Regeln unter. Eins der besten Beispiele dafür liefert unsere Bundeskanzlerin Angela  Merkel. Allerdings hilf ihr das wenig in puncto Alter. Einfach das falsche Geschlecht, Frau Kanzlerin! Daher verlauten jetzt Vorwürfe, sie wäre zu alt. Bei den Männern – wie z.B. Herrn Schäuble – kommen solche Zweifel nicht auf.

Ich bin wahrlich keine von Merkels Fans – lest bitte meine sehr kritischen Posts über sie -, aber was hat bitte schön ihr Alter mit politischen Auseinandersetzungen zu tun?

Das Lechzen nach Playboy-Häschen


Sobald ein Aufruf nach Verjüngung der Politik, der Medien und ähnlichem ertönt, erscheint vor meinem inneren Auge ein Bild eines lüsternen Mannes, der nach (Playboy-) Häschen lechzt. Sex – oder sexuelle Einstellung - regiert nach wie vor die Welt.  Und nach wie vor fürchtet die männliche Welt alte weise Frauen.  Wieso? Wir können viele Mutmaßungen anstellen. Die einfachsten springen ins Auge: Zum einen kostet den Mann viel weniger Mühe junge Früchtchen zu manipulieren, zum anderen hofft er eigenes Altern dadurch hinauszuschieben.

Wie es ist


In diesem Kontext möchte ich daran erinnern, dass Altersdiskriminierung laut geltendem Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz (AGG) unzulässig ist. Dort  wird das Alter neben anderen möglichen Benachteiligungen aufgelistet: „aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.“

Ich möchte auch nicht unerwähnt lassen, dass das Hantieren mit dem Alter in der Öffentlichkeit auch nach dem Datenschutzgesetz sehr bedenklich erscheint. Das Alter gehört nämlich zu den personenbezogenen Daten wie Anschrift oder Telefonnummer und darf deshalb nicht öffentlich herausposaunt werden.

So viel die Theorie. Wie es ist, sehen wir mit bloßem Auge. Obwohl man zugeben soll, dass es humaner als früher gehandhabt wird. Wir verbrennen alte weise Hexen nicht mehr. Heute löschen wir sie lediglich aus der Öffentlichkeit aus.

Hm, es kommt eigentlich aufs Gleiche hinaus.