Freitag, 14. März 2025

Eine dehnbare Demokratie oder doch keine? Vor der Präsidentschaftswahl in Polen

 Hier, in Deutschland, leben wir in einer Demokratie. Was für ein Glück! Woran erkennen wir aber, dass dies wirklich stimmt? 

Wir haben freie Wahlen, unabhängige Gerichte und Meinungsfreiheit. Und keine Zensur, (obwohl das mit der Zensur nicht ganz stimmt). Das politische repräsentative System beinhaltet auch als einen unabdingbaren Bestandteil die Opposition. In Polen wackelt dagegen das von mir soeben skizzierte Gebäude gewaltig, was man aber in Deutschland partout nicht zur Kenntnis nehmen will. . 

Karol Nawrocki, parteiloser Kandidat der oppositionellen PiS. Screenshot

Unschönes Spektakel 


In seinem Feuilleton mit einem langen Titel: „Wir haben die unfairsten Wahlen in der Geschichte des freien Polens“ erhebt Rafał Woś, ein polnischer Journalist, folgenden Vorwurf: 

„Noch nie in der Geschichte der Dritten Polnischen Republik*) wurde der Wahlprozess dermaßen zugunsten der Machthaber verzerrt. Und noch nie wurde die Opposition so offen schikaniert.“

Davon, dass derartige Praktiken eine Bedrohung für die Demokratie darstellen, muss man – glaube ich – niemanden überzeugen. Rafał Woś verbildlicht die aktuelle Situation mit einem Sport-Vergleich: 

„Wir stellen zwei Läufer mit ähnlichen Siegchancen am Start eines 100-m-Laufs. Aber dann nehmen wir einem von den beiden seine Sportschuhe weg. Er brauche sie nicht, weil er so stark sei, also könne er auch in Latschen laufen. Das reicht noch nicht? Immer noch kein sicheres Ergebnis in Sicht? Na dann bedrohen wir diesen Sprinter mit der Polizei, verhaften seine engsten Familienmitglieder und sein Trainerteam. 

Wer wird in solch einem Wettbewerb gewinnen? Was denkt Ihr? Und wird das ein schönes Spektakel?“

Nein, schön wird es mitnichten. Darum gehe es doch nicht, würden die Veranstalter antworten - wie ich vermute -, Hauptsache, es gebe einen Gewinner. 

Dabei spielt Schönheit eine wichtige Rolle in der Wissenschaft. So bezeichnen Physiker ein Experiment, eine Theorie oder eine mathematische Struktur als schön, wenn sie in sich stimmig sind. 

Wahlkampf ohne Moos


Zurück zu den hässlichen Vorgängen der Tusk-Regierung. Die Liste ist sehr lang, zum Teil habe ich sie in meinem Blog abgearbeitet, so schrieb ich u.a. über die Streichung der staatlichen Finanzierung für die größte Oppositionspartei (PiS). Rafał Woś betonnt die Konsequenzen für den Wahlkampf:

„Die Verweigerung der Auszahlung der Gelder bedeutet einen Eingriff in die Integrität eines Wahlkampfes, denn dieser kostet Geld. Und wenn das Geld fehlt, lässt sich kein effektiver Wahlkampf führen. Das ist doch offensichtlich.“

Karol Nawrocki, der von der größten demokratischen Oppositionspartei unterstützte Kandidat, ist also zum Sprint ohne Schuhe gestartet, daher habe er „keine Chance auf einen fairen und gerechten Kampf“. 

Einbildung versus Realität


Jahrelang hetzte man in Deutschland und in der EU gegen die PiS und ergriff Partei für den Kumpel Tusk. Jetzt haben wir den Salat. 

„So sieht – leider – die Realität im März 2025 aus, eineinhalb Jahre nach der angeblichen „Rettung der polnischen Demokratie“, Erinnert Ihr Euch an die letzten Parlamentswahlen? Die von 2023? Als Polen von der schrecklichen PiS-Diktatur regiert wurde? Erinnert Ihr Euch, über welche Schikanen Donald Tusk und sein Team (damals in der Opposition) klagten? Ja, ja, ihr erinnert Euch gut – das Schlimmste war, dass die Moderatoren der Wahldebatte in TVP ihre Abneigung gegen den Kandidaten Tusk nicht verbergen konnten.“

Wir reden hier also über den Unterschied zwischen der „eingebildeten Diktatur" und einer „realen Tyrannei“.


*) Die erste war die Polnisch-Litauische Adelsrepublik (1569–1795), die zweite hieß auch so: Zweite Polnische Republik (1918–1939), die aktuelle begann 1989) 


Alle Zitate stammen aus dem Artikel von Rafał Woś in meiner Übersetzung..

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