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Freitag, 4. Februar 2022

Im Namen des Eigeninteresses?

 Gleich ob Atheisten oder Gläubige erwarten wir von den anderen meist viel mehr, als wir selbst bereit sind zu leisten. Dass wir uns in den Mittelpunkt stellen, ist nicht das Problem. "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst", verlangte von uns Gottes Sohn, dem wir als Europäer besonders verpflichtet sein müssten. Weil unser Europa christliche Wurzeln hat. Wir sollen also uns selbst lieben. Denn wer sich selbst hasst, kann seine Nächsten nicht lieben.  Da bleiben aber noch die problematischen Anforderungen an die anderen. Beharrlich predigen wir dabei Wasser, trinken jedoch Wein.


Zeigt uns, wie das geht!


„Abgehoben“, denke ich immer, wenn eine Politikerin oder ein Politiker für Verzicht oder Maßnahmen wirbt, an die er/sie sich selbst nicht hält. Gewiss gehört das Regieren zu den schwierigsten Aufgaben: unter einen Hut die verschiedenen Forderungen, Wünsche und Meinungen zu bringen. den Kuchen gerecht zu verteilen und sich dabei nicht korrumpieren lassen. Niemand wird jedoch gezwungen, sich dieser Herausforderung zu stellen. Wer dies aber tut, ist uns allen eine Rechenschaft schuldig.

Ich beklage nicht all die Fehler, die unvermeidlich sind, sondern die Diskrepanz zwischen Worten und Taten. 

Wenn ihr, liebe Politikerinnen und Politiker, uns die Hungerlöhne oder Sozialhilfe unter dem Überlebensniveau zumutet, zeigt zuerst selbst, wie das funktionieren soll: Spendet bitte euer Gehalt an die Obdachlosen und lebt von den für uns vorgesehenen Bettelalmosen. Sonst wird sich der Verdacht erhärten, dass ihr an die Macht aus niedrigen Beweggründen wolltet: um abzusahnen und die Mitmenschen zu drangsalieren. 

So ist das Leben … nicht


Die Macht zu erobern ist mitnichten einfach, an der Macht zu bleiben noch schwieriger. Das Panoptikum der Geschichte strotzt vor geistreichen Einfällen, dreisten Angriffen, Lug und Trug, bis zu grausamen Morden – all das des Machterhaltes wegen. Auf dieser Liste darf die Manipulation nicht fehlen – die meist unterschätzte hinterhältige Taktik der Politik. Der schlechten und gewissenlosen und doch seit Anbeginn der Geschichte der erfolgsreichsten? Die Frage stellt sich besonders in den schwierigen Zeiten, in den Krisen und Katastrophen und wird oft mit dem Killersatz abgeschmettert: So ist das Leben. Wirklich? Befürwortet diese Behauptung eine Mehrheit? Oder nur eine Minderheit? Ich weiß es nicht. Selbst gehöre  ich zu den unheiligen Optimisten, die den Glauben an Redlichkeit und Gerechtigkeit nicht verlieren wollen.

Führung? Nein, danke


Wieso wird jemand ein Politiker oder eine Politikerin? Weil man Karriere machen will? Die Macht über die anderen erlangen? 

Oder die Welt zum Guten verändern? Im Idealfall gehen Menschen eben aus diesem Grund in die Politik: damit es besser und gerechter wird. Bekanntlich leben wir aber nicht im Paradies. Daher laufen überall um uns herum Raubtiere und Wölfe im Schafspelz. Dadurch verlieren wir den Überblick und erkennen die Gefahren nicht richtig. Die Macht in den falschen Händen gehört zu den gefährlichsten Waffen. Wir müssen den Politikerinnen und Politikern ganz genau auf die Hände schauen.

Ich will nicht, dass mich die Machthaber führen, sondern dass sie ihren Job machen. Dass sie sich für die ganze Gesellschaft einsetzen. Ich bin erwachsen und erwarte keine Erziehung von den Menschen, die eigentlich selbst eine gebraucht hätten 

Ich brauche keinen Führer und keine Führerin. Ich brauche endlich die Gerechtigkeit.

Freitag, 2. Dezember 2016

Zwischen Altruisten und Karrieristen oder das Monopol des Zeugnisses

Normalbürger versus Elite heißt das Thema unserer Tage und der Kolumne von Jakob Augstein. Ihr Titel stößt mir allerdings übel auf: Politiker als Übermensch. Übermensch? Oh Gott, alles, nur nicht das!

Lassen wir jedoch die Begriffe beiseite, die Erwartungen an Politiker sind tatsächlich groß. Geht es hier aber wirklich um die perfekten Biographien, wie Augstein suggeriert? Und wenn ja, wieso?


                                                        Haben wir die Politiker, die wir verdienen? Foto Autorin

Das gnadenlose Spiel


„Es gibt eine Gnadenlosigkeit, wenn es um Politiker geht – schreibt Augstein - die ist demokratiebeschädigend.“ Jene Gnadenlosigkeit sollte besonders die persönlichen Abweichungen von den geltenden Mustern betreffen. Demnach dürfte ein Politiker – nennen wir endlich das Kind beim Namen – keine Schwäche zeigen. Darum geht es doch, nicht wahr? Selbstzweifel, Krisen, Zerrissenheit gefährden nicht nur seine Position, sondern machen ihn auch angreifbar. Daran scheint man zu glauben. Heute wie früher. Daher herrschen klare und harte Regeln des Spiels in der und für die Öffentlichkeit. Politiker spielen uns immer etwas vor. Und wir spielen mit.

Ach so schwerer Job


Dass man Politikern, die über unser Leben entscheiden, auf die Finger klopft, finde ich richtig. Ein Mediziner muss sich mehreren Prüfungen unterziehen, bevor man ihn auf die Menschen loslässt. Wie examiniert man einen Politiker/eine Politikerin? Er/sie muss sich durchsetzen. Dafür braucht er oder sie verschiedene Fähigkeiten und ein Umfeld, das ihn trägt und unterstützt. Einzelgänger sind in diesem Geschäft auf verlorenen Posten. Die oben erwähnte Gnadenlosigkeit scheint ein Bestandteil dieses Milieus zu sein. In der politischen Klasse gibt es wenig Platz für Mitleid.  

Niemand wird jedoch dazu gezwungen, ein Politiker zu werden. Weshalb also kämpfen so viele um den ach so schweren Job? Sind sie allesamt Altruisten, die die Welt retten wollen? Oder eher die gnadenlosen Karrieristen? Zwischen diesen zwei Extremen gibt es unzählige Varianten, aber nur diejenigen, die an die Macht kommen, erreichen die Möglichkeit von der weitgehenden Gestaltung der Geschicke und der näheren und weiteren Umgebung.   

Haben wir die Politiker, die wir verdienen? 


„Die sozialen Barrieren werden höher“, konstatiert Jakob Augstein und nennt einige Beispiele, die seine These beweisen sollen. Ohne Abitur – wie im Fall von Martin Schulz – geht es heute gar nichts. Wem verdanken wir eine derart uniformierte und bürokratisierte Gegenwart? Wie ist das Monopol des Zeugnisses entstanden? Wie kam es dazu, dass Beamte an verschiedenen Machthebeln so viel Macht über unsere Schicksale erhielten? 

Wieso nehmen wir uns als Gesellschaft keine Zeit, um die Talente unserer Kinder zu erkennen? Warum verurteilen wir so viele zum Leben in Armut? Aus welchem Grund akzeptieren wir zwar wirtschaftliche Krisen, von einem Menschen aber verlangen wir, dass er wie ein Automat funktioniert?

Weder Globalisierung noch Digitalisierung sind dafür schuld, dass wir uns – gleichermaßen Politiker wie Gesellschaft - nicht die Mühe machen, die wertvollsten Ressourcen, die wir haben – uns, Menschen – richtig wahrzunehmen und wertzuschätzen. Stattdessen vernachlässigen und verschleudern wir sie so erschreckend oft als wären sie nur Abfall. 

Mittwoch, 25. Mai 2016

Wieso lieben wir Populisten?

„Populismus“ ist das neue Modewort und ein schwerwiegender Vorwurf. Weil ein Populist ein dreister  gewissenloser machtbesessener Opportunist sei, der „durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (im Hinblick auf Wahlen)“ gewinnen wolle. Zu diesem Zweck gibt er sich als volksnah aus  und präsentiert einfache Antworten auf schwierige Fragen. Per definitionem also ein Schwein. Oder doch nicht?


                                                  In Österreich haben die Populisten fast die Hälfte 
                                                               der Stimmen an sich gezogen.         Screenshot                                     

Selbstgerecht und abgehoben


Unsere Erwartungen an Politiker, die die Macht innehaben, sind sehr hoch. Sie sollen ein Vorbild darstellen, die Probleme erkennen und lösen, dabei gerecht und selbstlos vorgehen und sich an das Wohl der Gesellschaft orientieren. 

Wir bekommen stattdessen jene, die wir gewählt, oder nur zugelassen haben, wenn wir am Wahltag zu Hause bleiben. Relativ schnell werden wir von ihnen enttäuscht. Sie scheinen sich in einem rasanten Tempo von der Realität zu entfernen und somit von der Wirklichkeit, in der wir leben.  Aus den Dienern der Allgemeinheit formen sich in einer kurzen Zeit selbstgerechte Potentaten, die von oben herab auf ihr Volk schauen. 

Wir, das Wahlvieh


Und sie reden sich andauern heraus. Die Sachverhalte seien kompliziert und wir – das Wahlvieh – einfach zu doof, um ebendas zu begreifen. Deshalb müssen sie uns zu unserem Glück zwingen. 

Wir kommen uns auch tatsächlich dumm vor, im Angesicht der überbordenden Arroganz der Macht.  

Dass das Leben nicht einfach ist, merkt man bereits im Kindergarten. Wer dies erst in dem Moment begreift, in dem er an die Macht kommt, ist fehl am Platz. Kann man meine Aussage womöglich populistisch nennen? Durchaus. Vereinfache ich die schwierigen Zusammenhänge? Das hoffe ich. Weil ich zu den wichtigsten Aufgaben der Politik, besonders von den regierenden Parteien, außer der Erläuterung der Ziele und Maßnahmen, eine verständliche Erklärung zähle.  Und zwar in einem Spagat mit dem entschiedenen Handeln. 

Von den Populisten lernen


Die Groko bremst sich aber gegenseitig aus. Darum warten wir auf das entschiedene Handeln - zunehmend irritiert - vergeblich und beobachten Politiker, die mit Vorliebe Nabelschau betreiben. Man gewinnt einen fatalen Eindruck, dass die Regierenden ihre Energie zum größten Teil dem Machterhalt widmen.  Das kommt bei den Bürgern nicht gut an. 

Kein Wunder, dass Populisten bei den Enttäuschten punkten. Endlich scheint sich jemand für die Sorgen und Ängste der Menschen zu interessieren. Dass es sich hier nur ums Schauspiel handelt – geschenkt. Was man aber unbedingt von den Populisten lernen soll, ist die Bereitschaft die Sorgen und die Ängste aufzugreifen und die gesellschaftlichen Diskussionen anzustoßen. 

Genauso notwendig erscheint mir – wie ich schon erwähnt habe - die fortwährende Bemühung, das Komplizierte verständlich darzustellen. Die Politik muss Menschen mitnehmen, anstatt sie abzuschrecken und auszugrenzen. 

Über das Komplizierte kompliziert zu reden kann fast jeder Depp. In einfachen verständlichen Formulierungen das Schwierige und Verwickelte darzulegen ist dagegen eine große Kunst. 

Donnerstag, 10. März 2016

Das Verfassungsgericht: zwei Länder, ein Szenario

Die Empörung über die Missachtung des Verfassungsgerichts durch die polnische Regierung ist sowohl intern wie auch international groß. Soeben haben die polnischen Verfassungsrichter die letzte Justizreform für verfassungswidrig erklärt. Die Entscheidung der Venedig-Kommission wird noch erwartet. Dieser Empörung steht die Wut der gescholtenen Politiker gegenüber.

Fällt uns aber nicht zu leicht, sich über die anderen aufzuregen, als selbstkritisch zu sein? Sieht man hierzulande wirklich den Balken im eigenen Auge nicht?


                                                                                                                                         Screenhot

Der Rebell und die Rebellin in uns


Wer mag schon all die Aufpasser, die Beobachter, all diejenigen, die immer recht haben? Da wacht in uns beinahe zwangsläufig ein Rebell oder eine Rebellin auf.  Damit lassen sich die zum Teil wütenden Reaktionen der Politiker auf die Entscheidungen des Verfassungsgerichts leicht erklären, aber nicht entschuldigen. Die Politiker müssen doch besser wissen, dass die Kontrolle für eine Demokratie unerlässlich ist. Wer denkt, dass ich jetzt über Polen spreche, irrt leider.

Das gleiche Szenario auf den beiden Seiten der Grenze


Die polnische Regierung vollzog lediglich ein Szenario, das in den deutschen Köpfen seit langem spuckt. So wollten vor kurzem die Politiker aus der CDU/CSU-Fraktion mehr Einfluss auf die Wahl der Verfassungsrichter haben, weil sie sich über „linke“ Urteile und zu viel Verständnis für die Minderheiten ärgerten. 

Jene Richter wurden bis jetzt mit Zweidrittelmehrheit von beiden Kammern des Parlaments gewählt: „Das Bundesverfassungsgericht besteht aus sechzehn Richterinnen und Richtern. Die eine Hälfte wählt der Bundestag, die andere der Bundesrat, jeweils mit Zweidrittelmehrheit. Die Amtszeit beträgt zwölf Jahre. Eine Wiederwahl ist ausgeschlossen.“

Mit mehr Einfluss bei dieser Wahl erhoffen sich die Politiker solche Richter, die ihnen nach dem Mund reden. Unser Bundesinnenminister Thomas de Maizière träumt auch, wie der Spiegel online berichtet, über mehr Einfluss und die Beschneidung der Zuständigkeit des Verfassungsgerichts.

Sie mischen sich ein!


Der am häufigsten geäußerte Vorwurf der Einmischung in die Politik ist - vorsichtig ausgedrückt – absurd. Wie sollen sich denn die Verfassungsrichter nicht in die Politik einmischen? Kann etwas mehr politisch sein als die Prüfung von Gesetzen? Die Politiker verabschieden Gesetze. Das Bundesverfassungsgericht prüft ihre Verfassungsmäßigkeit, dadurch nimmt das Gericht seine Aufgaben wahr.

Theoretisch sollen sich alle politischen Spieler an die Verfassung – das Grundgesetz – halten: "Gemäß Art. 20 III GG müssen alle drei Gewalten (Gesetzgebung, Verwaltung, Rechtsprechung, Anm. GG) die verfassungsmäßige Ordnung von vornherein schützen. Das Bundesverfassungsgericht kann dabei immer noch rückwirkend korrigierend eingreifen, wobei es nur auf Antrag tätig wird." Nur das Bundesverfassungsgericht verfügt über das Entscheidungsmonopol.

"Mund der Verfassung“ oder mundtot


Die mehr oder weniger berechtigte Kritik am Verfassungsgericht - dem "Mund der Verfassung" - zu äußern ist eine Sache, seine Kompetenzen durch die Änderung des Grundgesetzes zu beschränken steht auf einem anderen Blatt. Wenn derartige Pläne der Bundestagspräsident Norbert Lammert schmiedet, sieht es ganz ernst aus. Muss man seine Äußerungen als eine Warnung an das Verfassungsgericht verstehen? 

Wer sich danach sehnt, die Arbeit einer unbequemen Instanz unmöglich zu machen und sie auszuschalten, soll sich in Polen umsehen. Die polnische Regierung hat es vorgemacht.

Montag, 14. September 2015

Der Wert des Menschen

Politiker berufen sich gerne in ihren Reden auf die europäischen Werte, wobei sie jene Werte selten konkret formulieren. Im Allgemeinen kann man dennoch annehmen, es geht um eine Mischung aus dem christlichen Erbe und dem Nachlass der Französischen Revolution mit den Menschenrechten obendrauf. Der Mensch soll unbedingt groß geschrieben werden.

In den Zeiten der Globalisierung rechtfertigen gleichzeitig unfähige Politiker jede Sauerei mit den Zwängen dieses Prozesses und schneiden sich auf diese Weise ins eigene Fleisch: Wenn die Globalisierung alles regelt, wozu braucht man noch solche ohnmächtigen Politiker?



Massen und Kollateralschäden 


Das Denken in Kategorien von Massen beherrscht allerdings alle politischen Bühnen, unabhängig von den bestehenden Systemen. Die Machthaber aller Couleur verlieren den Menschen, das Individuum aus dem Blick. Um an die Macht zu gelangen, brauchen sie eben die Mengen, daher nehmen sie die einzelnen Kollateralschäden in Kauf. 

Das sind totalitäre Denkmuster, die auch die Demokratien übernehmen. Diejenigen, die für die Wahlen nicht von Bedeutung sind, kommen unter die Räder. Politiker kalkulieren wie Händler, was sich für sie lohnt und was nicht. Es ist keine Erfindung von Merkel, die Fahne nach dem Wind zu hängen.

Vorgetäuschte Demokratie


Ein Einzelschicksal zählt anscheinend gar nichts: daran sollen wir glauben und selbst die ganze Verantwortung und die Schuld übernehmen. Arbeitslos? Nicht gut genug für den Arbeitsmarkt. Ungerecht von den Ämtern behandelt? Tja, Pech gehabt. Dieses System, das die Demokratie gekonnt vortäuscht, schreibt die angeblich Unangepassten ab: „Man kann sich doch nicht um jeden Einzelnen kümmern.“ Solch eine Prämisse ist jedoch fundamental falsch. Wieso? Weil der Einzelne – der Mensch also – im Mittelpunkt stehen muss. Was nützen schöne Theorien und noch schönere Gesetze, wenn es dem Menschen nicht gut geht? Der Mensch – nicht die Masse - muss der Prüfstein jedes Systems sein.

Markt und Tabakdose


Wie es zurzeit läuft, weiß jede und jeder. Grundsätzlich bestimmen die Märkte den Wert des Menschen, Politiker plappern nur nach, was die Wirtschaft ihnen diktiert. Daran haben wir uns allmählich gewöhnt, sodass die durchaus intelligenten Vertreter unserer Gattung der „Bild“-artigen Argumentation widerstandslos folgen und nicht hinterfragen, seit wann die Nase für die Tabakdose herhalten muss und nicht umgekehrt. 

Was ist also ein Mensch wert? So viel, wie er dem Markt nutzt? Und wenn nicht, ist er dann wertlos? Ist ein Arbeitsloser als Mensch genauso viel wert wie ein Arbeitender? Eine dumme Frage? Von wegen. Hören sie genau zu, wenn man die nächste Diskussion – die kommt auf jeden Fall - über die Hartz-IV-Empfänger lostritt. Meine Meinung dazu? Eigentlich sollen sie recht gut entschädigt werden, dass sie als Geiseln der marktorientierten Gesellschaft büßen müssen, damit diese Als-ob-Demokratie funktioniert.  


Donnerstag, 3. September 2015

Eine überfällige Diskussion

Der nicht endende Strom der Flüchtlinge zwingt uns zur Diskussion über ein Thema, das uns stets begleitet, dennoch zu wenig öffentliche Beachtung fand und immer noch findet: über den Rassismus. Das Problem ist umso größer, weil wir alle dazu neigen, die anderen in irgendeine Schublade zu stecken und mit einer Überschrift zu versehen, was uns hilft, die komplizierte Welt zu ordnen. Hand aufs Herz: Wer tut das nicht? Niemand ist frei von Vorurteilen.


                                                                                       Karikatur: Kostas Koufogiorgos

Gefährliche Waffe


Was als hilfreiches Ordnungssystem durchaus seine zweifellose Berechtigung hat, mutiert jedoch zu einer gefährlichen Waffe, zu einem Vernichtungswerkzeug, wenn wir es nicht mehr für die Orientierung gebrauchen, sondern für die Stimmungsmache, das Schüren des Hasses, das Hetzen. Vom Orientieren geht man zum Bewerten über, wo es nichts zu bewerten gibt. Wie wollt Ihr überhaupt den Wert abschätzen, wenn es sich um das Menschenleben handelt? Darf man in diesem Zusammenhang über ein unwertes Leben sprechen? Die Nazis haben diese Frage bejaht. Sie sprachen den ganzen Nationen das Recht auf Leben ab. Die bloße Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe entschied über Leben und Tod.

Vor allem Feiglinge


Unser aller Problem  sehe ich darin, dass wir besser sein wollen. Eigentlich ein hehres Ziel. Der Haken an der Sache ist aber, dass es uns nicht reicht, aus Freude am Machen dies zu tun. Wir wollen besser als die anderen sein. Schön wäre es, wenn wir diejenigen trotzdem als Menschen achten würden. Außerdem: Wer in einem gut ist, muss nicht unbedingt in allem glänzen. Manchen von uns ist solch eine Fairness jedoch zuwider. Sie brauchen einen Abstand zum Rest. Dafür müssen die anderen – logischerweise – schlechter sein. Es reicht demnach irgendeine Gruppe mit dem Merkmal „minderwertig“ zu versehen, schon fühlt man sich besser. Die Auswahl geschieht nicht unüberlegt. Man wird sich nicht mit den Stärkeren anlegen. Die Schwachen sollen für diese Aufgabe herhalten. Denn Rassisten sind vor allem Feiglinge. 

Anständige ohne Anstand


Ich behaupte, dass nicht die überzeugten Rassisten das Hauptproblem sind. Die tragen- wenn man so sagen darf - wenigsten ihren Hass offen. Vielmehr muss man sich vor den vielen angeblich Guten vorsehen – ich meine hier nicht die Aber-Rassisten - „Ich habe nichts gegen Ausländer, aber…“. Es geht mir um die wortkorrekten Werteschützer, die Wasser predigen und Wein trinken – also diejenigen, die immer das Richtige sagen, aber das Falsche tun. Sie lassen uns verzweifeln, weil man von ihnen den Anstand erwartet, stattdessen aber den hinterhältigen Rassismus bekommt.

Wie kann man sich vor diesen Anständigen ohne Anstand schützen? Sie sind überall: in der Schule geben sie ihren ausländischen Schülern schlechtere Noten, in der Arbeit lassen sie keine Bewerbungen von den Migranten zu, als Vermieter lügen sie, dass die Wohnung schon leider vergeben ist. Sie warnen gern vor den gefährlichen Pflastern aus einem einzigen Grund: Dort wohnen „Zigeuner“, Türken, Ausländer. Als Politiker täuschen sie Besorgnis vor und prangern ganze Gruppen von Menschen an (wie beispielsweise die sog. Wirtschaftsflüchtlinge), die sich nicht wehren können. Sie alle würden schwer beleidigt, wenn man sie mit Nazis verglichen hätte. Dennoch ist dieser Vergleich berechtigt. Sie handeln in diesem Geist und ihre anders lautenden fadenscheinigen Bekundungen machen dies nicht besser.