Sonntag, 7. September 2025

Deutschlands Finanzpolitik oder das Kasino der Politik

 Prof. Lars Feld wirft der aktuellen Regierung vor, die verfehlte Finanzpolitik der Vorgänger fortzuführen.*) Aus seiner Kritik lässt sich aber herauslesen, dass er genauso an Behauptungen und Überzeugen festhält, die schon in der Vergangenheit versagt haben. Wer jetzt denkt, dass ich die Merz-Regierung und besonders ihren Finanzminister verteidigen will, der irrt gewaltig.


Fundamentaler Fehler

Der Bundeshaushalt und die Finanzpolitik wirken mutlos, schreibt Lars Feld. In diesem Punkt hat er recht. Wenn Lars Feld echte Reformen verlangt, stimme ich ihm auch zu. Der Teufel steckt aber im Detail. Von der Forderung nach Entwirren, Umbau und Einsparrungen in den staatlichen Strukturen geht der Wirtschaftswissenschaftler nahtlos zur „Kürzung familienpolitischer Transfers“ über, als ob es um die gleiche Materie ginge. 

Es ist einfach falsch zu glauben, dass der Staat reich bleibt und der Wohlstand erhalten, wenn immer mehr Bürger in die Armut abrutschen. Dieser perverse Gedanke bildet das verfaulte Fundament der hiesigen Politik seit Jahrzehnten (ungefähr seit Einführung Hartz-Gesetze). Dafür hetzt man auch genauso lang verschiedene Gruppen oder Schichten der Gesellschaft gegeneinander: meistens diejenigen in der Mitte gegen jene ganz unten. Dabei übersieht man geflissentlich, dass von dem „sozialen“ Geld ganz wenig unten ankommt, weil das meiste davon dem Erhalt des Systems – also der Bürokratie des Staatsapparats – dient.  

Vom Kopf auf die Füße

Prof. Feld definiert Finanzpolitik folglich:
„Die Finanzpolitik hat vielfältige Aufgaben. Ausgabenwirksame öffentliche Leistungen müssen finanziert werden. Wenn der Staat tut, was er soll, korrigiert er dadurch Marktversagen, stellt öffentliche Güter, wie die Landesverteidigung, und Infrastruktur bereit – nicht zuletzt als Vorleistung für private Investitionen. Hinzu kommen Verteilungsziele, die in der Sozialen Marktwirtschaft deutscher Ausprägung in den Sozialversicherungen und der Grundsicherung verfolgt werden. Schließlich hat die staatliche Finanzpolitik eine makroökonomische Stabilisierungsfunktion. Zur Finanzierung dieser Aufgaben erhebt der Staat Steuern, Beiträge und Gebühren, die so ausgestaltet sein sollten, dass möglichst wenige Verzerrungen privater Investitions-, Arbeitsangebots- und Konsumentsentscheidungen auftreten. Über größere Zeiträume werden diese Verzerrungen minimiert, wenn außerordentliche Ausgabenbedarfe temporär durch Verschuldung finanziert und so die Steuerlasten über die Zeit geglättet werden.“
Der Staat soll also das Marktversagen korrigieren. Demnach ist der Markt fehlerhaft und braucht Kontrolle. Die Verteilungsziele erscheinen aber in dieser Definition wie eine ungewollte Last, auf die man am liebsten verzichtete. Das ist ein verkehrtes Bild. Die Verteilung (oder eher Umverteilung) findet in jedem Moment statt: Wenn ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für seine Arbeit so wenig zahlt, wie in Deutschland, dann verteilt er (verteilt er um) schon das Erwirtschaftete ungerecht zu seinem Vorteil. 

Stellen wir also das Bild auf die Füße. Die gerechte Verteilung ist in einer Demokratie entscheidend. Sonst mutiert die Finanzpolitik zum Spiel in einem politischen Kasino.

Sportlicher Staat

Ein Staat muss schlank, sozusagen sportlich sein. Gleichzeitig braucht man extrem kurze Entscheidungswege. Wie passt das zusammen? Sehr gut, unter folgenden Voraussetzungen: 

    - radikaler Abbau der Bürokratie, besonders notwendig ist eine extreme Verschlankung des Staatsapparats(denn ein aufgeblähter Staat beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Selbsterhalt, also Selbsternährung), 
    - zum Minimum reduzierte Vorschriften: was nicht verboten ist, gilt als erlaubt,
    - die Daseinsvorsorge bleibt in der staatlichen Hand, private und genossenschaftliche Säulen werden gleichgestellt.
    - das Bedingungslose Grundeinkommen wird eingeführt, was die große Armee von Bürokraten und Anwälten, die sich mit dem Thema Bürgergeld oder Grundsicherung herumschlagen und davon leben, überflüssig macht. Genauso wie Arbeitsamt und Jobcenter. Diese Institutionen sollte man auflösen.
    - durch die direkte Demokratie, also Volksentscheide, wird die Richtung kontrolliert und eventuell korrigiert.


*) Lars Feld: „Solide Haushaltspolitik sieht anders aus“, FAZ Nr. 197, 26.08.25.

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