Mittwoch, 6. Januar 2016

Der freie Markt und die unfreien Verhältnisse – ein paar freie Gedanken

Der Markt ist frei in vielerlei Hinsicht, auch wenn man ihn mit dem ziemlich unbedeutenden Adjektiv „sozial“ schmückt. Die Politik kann oder will ihm nicht viel antun. Er soll doch, bitte schön, ungestört wachsen und gedeihen.  Weil man – das leuchtet uns ja ein – nur das, was erarbeitet wird, verteilen kann.


                                                                                                  Foto: Autorin

Anpassungsfähiges Paradies


Eine freie Unternehmungswirtschaft besitzt „ein fast unglaubliches Maß an Anpassungsfähigkeit“, schreibt Die Zeit vor 64 Jahren. Es sei dieses sich Bewährenmüssen  im Markte, „das den wirtschaftlichen Fortschritt verbürgt und die Vorteile der höheren Leistungskraft vornehmlich auch dem Verbraucher — d. h. dem Volke in seiner Gesamtheit — zugutekommen lässt.“ Von solch einem wirtschaftlichen Paradies sollen wir also alle automatisch profitieren. Wir, die Gesamtheit, die Gesellschaft. Die Alternativen seien von vornherein ausgeschlossen: „In jeder anderen Ordnung wird er (der freie Unternehmer, Anm. GG) mehr und mehr zum bloßen Vollzugsorgan fremden Willens und zum Funktionär planwirtschaftlicher Entscheidungen herabgewürdigt“. Olé! Es lebe die Freiheit!

Unsere heilige Kuh – der Markt


Der Glaube an unsere heilige Kuh - den Markt - ist uns weitgehend erhalten. Genauso wie die Angst vor dem intervenierenden oder lenkenden Staat. Er sei keineswegs ein besserer Unternehmer, mahnen mehr oder weniger kluge Köpfe. Die Planwirtschaft des untergegangenen Ostblocks scheiterte doch grandios.  

Ein Monopol durch ein anderes zu ersetzen – das staatliche durch das private – erscheint mir aber genauso dumm. Die Kuh bleibt dennoch weiter heilig.

Freie Sklaven?


Was ist mit der Freiheit der Arbeitnehmer? In beiden Systemen ähneln sie eher Sklaven als freien Menschen und werden zum Agieren auf verschiedene Art und Weise gezwungen. Zwar dürfen sich die Arbeiter meist in den Gewerkschaften formieren und um ihre Rechte kämpfen. Aber, erstens: bei weitem nicht in jedem Betrieb  - in den kirchlichen Firmen sind sie auch im 21. Jahrhundert verboten -, zweitens: ändern die Gewerkschaften nichts an dem Status des einzelnen Arbeitnehmers, der spuren muss, sonst drohen ihm Strafen und Sanktionen. Der Staat schützt weitgehend die Rechte der Arbeitgeber. Über den Arbeitern hängt wie ein Damoklesschwert der Hartz-IV-Schreck.

Im freien Markt gibt es also sehr unfreie Verhältnisse. Er fußt nicht auf dem Prinzip, das die Europäische Union im Lissaboner Vertrag festgehalten hat, in dem sie sich für „wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“ mit Vollbeschäftigung und sozialem Fortschritt ausspricht. 

Mit BGE frei sein 


Angesichts der voranschreitenden Automatisierung ist sowieso die Vollbeschäftigung eher ein Hirngespinst  als eine reale Perspektive – übrigens, die Kommunisten versprachen sie auch und konnten sein Wort genauso wenig halten. 

Daher glaube ich an das Bedingungslose Grundeinkommen als eine richtige Lösung. Da könnten wir alle – und nicht nur diejenige mit vielem Geld oder Macht – endlich frei sein. 

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