Mittwoch, 13. Januar 2016

Arbeitsagentur schafft das nicht

Gewiss ist die Flüchtlingskrise eine riesige Herausforderung. In jeder Hinsicht: ob es sich um den geeigneten Wohnraum  oder die Eingliederung in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt handelt. Was macht man in solchen Situationen?


                                                                                           Fot. Berthold Bronisz  / pixelio.de

Die Entdeckung des Anderen


Während einer Pressekonferenz vom Arbeitsmarktservice in Wien gewährte Herr Raimund Becker aus dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, der dort als Gast auftrat, tiefe Einblicke in die deutsche Arbeitsmarktpolitik für die Flüchtlinge. Neben den Gemeinplätzen wie „Sprache ist wichtig für die gesellschaftliche Teilhabe“ oder „Integration kostet Zeit, Geld und Personal“ beschäftigte er sich mit dem Anderssein der Ankömmlinge. Er bemerkte nämlich, dass die Flüchtlinge aus einem „völlig anderen Berufsbildungskontext“ kommen. Was für eine Entdeckung!

„Menschen messen, wie sie sind“


In einem Staat, wo die Zuständigkeit für das Schulwesen bei den Bundesländer liegt, und er - der Staat - dementsprechend über unterschiedliche Bildungssysteme verfügt, in solch einem Staat hätte man viel Flexibilität erwarten können. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Herr Becker stellt mit Verwunderung fest, dass die Flüchtlinge von dort herkommen, wo „die duale Ausbildung keine Rolle spielt.“ Deswegen bescheinigt er den Asylbewerbern geringe Qualifizierung. Zu 80 % haben sie keine formale Ausbildung, was heißen soll: Sie haben keine deutschen Abschlüsse. Herr Becker formuliert dies folgend: "Ich messe hier diese Menschen, so wie sie heute da sind, ob sie eine Chance auf dem Arbeitsmarkt einzumünden haben, ob sie formal qualifiziert im Sinne des deutschen dualen Ausbildungssystems sind, da muss man sagen: nein“. Was für eine erschütternde Analyse! (Vorsicht: Ironie!) Es mildert sie nicht eine Erkenntnis, die Herr Becker zum Besten gibt: Jene Menschen besitzen auch Talente, die man erkennen und anerkennen solle. 

Geplantes Versagen 


Die Haltung von Herrn Becker ist typisch nicht nur für das deutsche Schulwesen, sondern auch für den hiesigen Arbeitsmarkt. Sie zeichnet sich durch Starrheit, Abwehrhaltung und hohes Maß an Diskriminierung. Sie konzentriert sich auf die Schwächen, statt die Stärken hervorzuheben. Sie ist mutlos und freudlos. In diesem Geiste verkündet Herr Becker, dass Hunderttausende von Flüchtlingen keine Arbeit finden werden. 

Diese Aussage darf uns doch nicht überraschen. Wer zugelassen hat, dass eine riesige Armee von Millionen Langzeitarbeitslosen entstand, der wird sich nicht sorgen, dass irgendwelche Fremden ohne Arbeit bleiben. Die Arbeitsagentur plant gemütlich das Versagen und gesteht, dass sie es nicht schafft. Daran hat sie auch lang genug mit den Hartz-IV-Empfängern geübt. 

Trotz eines bekannten Tons und Musters ist diese Bekundung ein Skandal: sie veranschaulicht noch einmal mehr, wie unmenschlich dieses System ist. Das System, indem man sich gewöhnt hat, Menschen abzuschreiben und von vornherein als Verlierer zu betrachten. 

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