Mittwoch, 25. April 2018

Ein paar Gedanken rund um die Messe Industrie 4.0 in Hannover

Auf der Messe in Hannover wird die Entwicklung der Wirtschaft angekündigt und skizziert. „Der Mensch und die Maschine – heißt es im Guide zur Ausstellung Industrie 4.0 – das sind die Grundpfeiler der Fabrik der Zukunft. Ihr ganzes Potenzial spielen sie allerdings erst mit der Vernetzung aus.“ Früher arbeiteten wir sozusagen nebeneinander, jetzt sollen wir als Partner fungieren.


                                                           Touch me! Dieses und die restlichen sind eigene Fotos.

Verstehen die Spaß?


Die Roboter scheinen nicht nur an Arbeit interessiert zu sein. Sie spielen mit uns Tischtennis, …




… spielen untereinander, …




… servieren, …




… schenken ein Glas Saft ein, …




… mischen Cocktails … 




… oder gravieren unsere Namen in die Kulis ein. Allerdings streikte der Roboter, als ich meinen Namen eingegeben habe …






… und brauchte menschliche Hilfe.




Spaß beiseite, die Zukunft ist eine ernste Sache.

Auf den Flügeln der Phantasie


Die Möglichkeiten sind schon jetzt in jedem Bereich enorm und beflügeln unsere Phantasie.  Die Maschinen ersetzen unseren gelenkigen Arm, …




… imitieren die Gesamtheit unserer Muskeln und Gelenke, …




… schlagen Lösungen zur Gestaltung von der Energie-Zusammensetzung für ein Unternehmen vor, …




… kommunizieren untereinander wie wir es auch tun, …




… lassen sich aus Distanz per Handbewegung steuern …




… und verschicken alle Daten einer Firma über ein Gerät in der Größe eines Smartphones. 




Steinzeit gegen die Zukunft


Aladin Zakaria, Vertriebsingenieur aus der Schweiz, sieht nur positive Seiten des unaufhaltsamen Prozesses: "Die Roboter übernehmen die schwere und langweilige Arbeit und der Mensch darf sich dann mit den schönen Dingen des Leben beschäftigen.“

Wie die Wirklichkeit in Deutschland aussieht, weiß jede/jeder. Vielleicht außer den Politikern. Weil jene Vertreter der Gesellschaft nicht nur den Breitbandausbau verschlafen haben,  in puncto Arbeit und Arbeiter stecken sie in der Steinzeit.

Weder die Einstellung von neuen Mitarbeitern noch die Ausbildung entsprechen der Herausforderungen der neuen Zeiten. Des Weiteren ackern Menschen überall in deutschen Firmen schwer körperlich, nicht nur in der Pflege.

Zudem  begünstigen die politisch gestalteten Rahmenbedingungen die Rückkehr des Gehorsams als einer höchsten Tugend des Arbeitnehmers. Es herrscht überall die Bevormundung – mit ihrem Tiefpunkt bei Hartz-IV-Empfängern - statt Unterstützung der Talente und des freien Geistes.   

Dabei lässt sich bekanntlich durch die Scheuklappen sehr schwer sehen, so verfehlt man den Weg in die Zukunft. 

Freitag, 13. April 2018

Vorurteile und Gegengift

Vorurteile haben keinen guten Ruf. Die politische Korrektheit fürchtet sie, wie der Teufel das Weihwasser. Dennoch haben wir sie alle. Auch diejenigen, die sich selbst als weltoffen und tolerant verstehen.


                                                                               „Wir wären gut - anstatt so roh ...“

Biologie der Vorurteile


Die Psychologie liefert uns hierbei  die beste Entschuldigung: Wir können uns fein herausreden, dass wir in dieser Hinsicht einem grundsätzlichen biologischen Mechanismus unterliegen - der Angst gegenüber dem Unbekannten, dem Fremden. Nach dem Motto: Ich kann nichts dafür, ich habs in den Genen. 

Sind wir also freigesprochen und dürfen unsere Vorurteile pflegen und hegen? Darauf habe ich eine politisch unkorrekte Antwort: Es hängt davon ab, was wir mit unseren Vorurteilen veranstalten. Übrigens gibt es auch positive, wie zum Beispiel, dass Deutsche fleißig sind. Was man sehr wohl anzweifeln darf, weil… ähm… lassen wir es lieber. 

Weiterhin bedarf es meines Erachtens einen lockereren Umgang mit diesem Thema, damit man Menschen mit Vorurteilen nicht vorverurteilt. Daher plädiere ich für Diskussionen ohne Tabus, was jedoch keineswegs bedeutet, dass wir alle gesellschaftlichen Schranken aufheben sollen.  Eine Gesellschaft muss – bei aller Liebe zu Debatten – die Grenzen klar definieren und die Überschreitungen auch ahnden.  

Ein natürliches Gegengift


Wir kommen auf die Welt ebenso ausgestattet mit der Fähigkeit zur Empathie. Ist es nicht wunderbar, dass uns die Natur ein Antidot, ein Gegengift mit auf den Weg gibt? 

Ein Blick auf die ungeschminkte Realität entreißt uns aber gleich einen verzweifelten Seufzer: Wo bleibt denn jene Empathie? Das hat einerseits etwas mit der Erziehung zu tun, behauptet Grit Hein, Professorin für Translationale Soziale Neurowissenschaften, in einem Gespräch in der "Frankfurter Allgemeine Woche":

"Die Empathiefähigkeit des Kindes wird sowohl durch mangelnde Fürsorge als auch durch Überbehütetsein beeinträchtigt, weil beides ein Ausdruck mangelnder Empathie gegenüber den Bedürfnissen des Kindes ist."

Wer ist für die Verhältnisse verantwortlich?


Wer aber jetzt auf den Eltern herumhacken und sie für schuldig erklären will, der irrt. Eltern leben doch nicht in einem Vakuum. Nach wie vor gilt die These von Bertolt Brecht: 

„Wir wären gut - anstatt so roh, doch die Verhältnisse, sie sind nicht so.“

Ausführlicher formuliert es Grit Hein folglich:

"Ein Mangel an Empathie in einer Gesellschaft sagt in erster Linie etwas über die Gesellschaft und erst in zweiter Linie etwas über den Menschen. Menschen sind empathisch, wenn es vom sozialen und gesellschaftlichen Umfeld ermöglicht und gefördert wird.“

Für das soziale und gesellschaftliche Umfeld, also für die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ist die Politik an der Macht verantwortlich. Die Verantwortung steigt mit der Position und dem Einflussbereich. Da haben wir unsere Schuldigen. Vorverurteilt!

Samstag, 31. März 2018

Wer hat Angst vor facebook, twitter & Co.?

Ach, was für schöne Zeiten das waren, die Zeiten ohne Social Media (Sozialen Medien) - seufzen diejenigen, die endlich durchregieren wollen, ohne dass jemand dazwischen quatscht, also tweetet oder postet. Es schließen sich auch diejenigen an, die über das Monopol auf Meinung träumen.

Damals hatten Ottonormalverbraucher nichts zu melden. Ich finde das nicht schön.

Nein, ich ignoriere mitnichten den schlimmen Datenklau bei facebook (und nicht nur dort), aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das Kommunizieren und das Vernetzen mithilfe von Rauchzeichen weniger effizient ist. Ich spreche mich also gegen das Ausschütten des Kindes mit dem Bade.


                                                                   Rauchzeichen sind weniger effizient


Sollen wir sie verstaatlichen?


Jan Böhmermann wusste schon vor 5 Jahren, dass wir an diesen Punkt gelangen und machte einen Vorschlag zum Ablehnen:




Nee, lieber doch nicht.

Auf Augenhöhe begegnen


Allen Unkenrufen zum Trotz sehe ich in den Sozialen Medien keine Gefahr für die Demokratie, im Gegenteil. Sie garantieren uns die Teilhabe an der Kommunikation. In einem taz-Interview beschreibt Jan Böhmermann diese Perspektive folglich:

„Wir haben die Möglichkeit einer einigermaßen barrierefreien Kommunikation zwischen allen Teilen der Gesellschaft. Das System, das wir haben, macht Sinn, weil sich Autorität und Basis auf Augenhöhe begegnen können. Dass das funktioniert, ist wie die Entdeckung von Amerika. In einer Gesellschaft oder über Landesgrenzen hinweg können sich Leute vernetzen. Menschen mit gleichen Interessen können zusammenarbeiten für etwas Besseres.“

Demokratische Kraft


Darin steckt die wahre demokratische Kraft der Sozialen Medien: die Überwindung der Grenze zwischen Oben und Unten, die Möglichkeit einer direkten Reaktion.

Denen, die darin keine Chancen, sondern lauter Hindernisse sehen, müsste man sagen, dass sich das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen lasse. Dies betrifft auch jene Medien, die ihr früheres Monopol auf Verkündung und Deutung der Nachrichten vermissen.

Der oft erhobene Vorwurf der Manipulation in den Sozialen Medien greift zu kurz und kann zum Bumerang werden.  Den Ausweg bieten das Aufgreifen von Themen und die gründlichen Recherchen.


Freitag, 9. März 2018

Polen, Juden und das Jahr 1968

Andrzej Duda hat sich für eine antisemitische Hetzkampagne im Jahr 1968 in Polen entschuldigt: "Bitte verzeihen Sie, verzeihen Sie der Republik und den Polen, dem Polen von damals." Das ist eine wichtige und richtige Geste. Der polnische Präsident hielt seine Rede in der Warschauer Universität, wo alles begann.


                                                                                                                Screenshot


Vor 10 Jahren schrieb ich über die Ereignisse aus dem Jahr 1968. Darunter folgt jener Text:


Die Revolte 1968 hat Europa verändert. Der neue Wind fegte über die Länder. Die Jugend lehnte sich gegen die alte bürgerliche Ordnung auf. In Paris besetzten Studenten die Sorbonne. Sie wurden von Arbeitern mit einem Generalstreik unterstützt. In Berlin lieferten sich Rebellen Schlachten mit der Polizei und schockierten damit die Gesellschaft, die damals die körperliche Züchtigung der Kinder erlaubte und die Selbstbestimmung der Frau verweigerte.

Auch in Polen hinter dem Eisernen Vorhang brodelte es. Die Protestierenden, vorwiegend Studenten, sammelten sich zuerst im Theater von Warschau.


Ein romantisches (= zur Romantik gehörendes) Spektakel 


Polen unter kommunistischer Herrschaft war von den Sowjets abhängig und ferngesteuert. Den Jahrestag der russischen Oktoberrevolution (nach dem Julianischen Kalender) feierte man im November (nach dem Gregorianischen Kalender) jedes Jahr im ganzen Land. Aus diesem Anlass bereitete im Jahre 1967 Kazimierz Dejmek in Warschau ein Stück für die Bühne vor. Er wählte „Ahnen“ ("Dziady") von Adam Mickiewicz. Mickiewicz, ein polnischer Romantiker und Prophet, hat für Polen einen Rang inne, der nur mit Johann Wolfgang Goethe in Deutschland vergleichbar ist.


Die Lesart 


Das Spektakel hat angeblich dem russischen Botschafter missfallen; besonders störte ihn die Reaktion des Publikums. Die Zuschauer vergaßen den historischen Abstand zum Inhalt und applaudierten frenetisch Passagen, die sich gegen den Zaren und seine Macht richteten, als ob es sich um die Gegenwart gehandelt hätte. Dichterische Worte aus den Zeiten als Polen nicht existierte, aufgeteilt zwischen den Nachbarländern, wirkten auf einmal aktuell. Wie diese:

„Wen wundert’s, wenn man uns hier beleidigt,
Seit einem Jahrhundert
schickt Moskau nach Polen
Nichts mehr als Gauner“ *)

                   oder

„Wenn jemand die Herrschaft erträgt,
Sage nicht, dass er ihr folgt,
Gott legt eben manchmal die Macht
In eines bösen Geistes Hand“ *)

Vom Theater zu Demonstrationen


Die Entscheidung der Zensur, das Stück abzusetzen, kam nicht überraschend. Im Nachhinein wundert es aber, dass man vorerst noch ein paar Vorstellungen zugelassen hatte. Am 30. Januar 1968 gab es dann die angekündigte letzte. Nach dem Spektakel, im überfüllten und tosend applaudierten Theater, formierte sich ein nicht zu großer Zug und marschierte zum Denkmal von Adam Mickiewicz. Die Demonstranten protestierten gegen die Absetzung des Spektakels und skandierten Parolen, wie „Freiheit ohne Zensur“ und „Freie Kunst - freies Theater“. Die Miliz nahm daraufhin 35 Personen fest.

Im Februar begehrten hiernach die Schriftsteller auf. Eine Petition an den Sejm, das polnische Parlament, unterschrieben über Dreitausend Menschen.

Am 8. März, auf einer Kundgebung im Hof der Warschauer Universität, traten Demonstranten für die inzwischen relegierten Studenten auf und wurden durch Miliz und deren Helfer brutal geschlagen und verschleppt. Als Reaktion auf diese Vorkommnisse breitete sich in den Tagen danach der studentische Protest auf alle größeren Universitäten im Land aus.


Innerparteilicher Kampf 


Neben dem studentischen Protest lief ein interner Parteikampf um die Macht. Die Kulissen dieses Kampfes bildete der Sechstagekrieg. Polnische Kommunisten haben sich, genauso wie die Sowjets, im Nahost-Konflikt im Jahre 1967 auf die Seite von Arabern gestellt und ihnen Hilfe angeboten. Israel wurde hart verurteilt, diplomatische Kontakte abgebrochen.

Diesen Konflikt nutzte man für die Säuberungen in den eigenen Reihen. Władysław Gomułka, der damalige polnische Ministerpräsident und Parteichef der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR), warf den polnischen Juden Zionismus und Sympathie für den Aggressor vor. Infolgedessen entfernte man aus Partei, Militär und Medien Menschen mit jüdischer Abstammung und ihre Getreuen.

Im März 1968 erreichte die antisemitische Kampagne ihren Höhepunkt. Den „Zionisten“ schob man die Verantwortung für die Märzunruhen zu. Im ganzen Land organisierte die kommunistische Partei Kundgebungen gegen "die zionistischen Feinde des Volkes".

Die Bedeutung


Der Protest im März 1968, und die Ereignisse danach zerrütteten die Schicksale der Beteiligten: Sie wurden vor Gericht gestellt, von den Universitäten relegiert, ins Gefängnis gesteckt. Über 12.000 Polen jüdischer Abstammung verließen das Land und begaben sich in die erzwungene Emigration.

Aber die Generation '68 hat ihre Lektion gelernt. Sie bildete die spätere Opposition der 70er und 80er Jahre. Und sie trug zum Erfolg von Solidarność bei und somit zum Niedergang des Kommunismus.

*) meine Übersetzung

Montag, 5. März 2018

Das Fremde und das Eigene, oder worüber wir eigentlich reden

Wenn Joachim Gauck „die Fremden "entfeinden" und das Eigene entidealisieren“ will, habe ich natürlich nichts dagegen. Im Gegenteil. Dennoch ist das eine völlig falsche Setzung von Themen.


                                               "Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl" (Screenshot)

Die Glasur ist mir egal


Gaucks Formulierung entblößt seine Sehnsucht nach klaren Grenzen zwischen Wir (dem Eigenen) und Ihr (dem Fremden). Irgendwie klingt dies wie: „Bitte, vermischen Sie sich nicht.“  Sorry, aber für eure Konnotationen in diesem Moment, meine lieben Leser, bin ich nicht verantwortlich. 

Der von Gauck angesprochene Aspekt der feindlichen Einstellung gegenüber des Fremden spiegelt tatsächlich die Wirklichkeit wider. Nein, ich spreche hier nicht über die offensichtlichen Fremdenfeinde wie Nazis & Co, sondern über eine grundsätzliche Ausrichtung des Staates und der Gesellschaft. 

Die Angst vor dem Fremden sitzt meist tiefer unter der oberflächlichen Gutmenschen-  oder Kulturenversteher-Glasur. Sofort muss ich hinzufügen, dass ich weder gegen die einen noch die anderen etwas habe. Wirklich nicht. Im Gegenteil. Außerdem soll jeder fürchten, was er will. Mit einer wesentlichen Einschränkung: die anderen dürfen dafür nicht bezahlen. 

Was heißt hier Wir?


In seiner Rede in Düsseldorf erwähnt Gauck Jean Améry, der vor den Nazis flüchten musste: „Abgeschnitten von dem "Wir" wurde ihm schmerzhaft bewusst, wie sehr der Mensch Heimat braucht, "um sie nicht nötig zu haben". Bedeutet hier das Wir wirklich die Heimat oder eher die Sehnsucht nach dem Verlust, die gemeinsam allen Trauernden ist? 

Wenn das Wir die Heimat bedeuten sollte, dann besteht ein Staat aus vielen Heimaten, in die er – der Staat – sich nicht einmischen darf, weil sie – die Heimaten – eine private Angelegenheit jedes Einzelnen sind.  

Mich interessiert aber das Verhältnis zwischen dem Einzelnen und dem Staat. Das ist eine ganz andere Ebene, die man mit den privaten Heimaten nicht verwechseln darf. Aus der staatlichen Sicht betrifft nämlich das Wir alle Bürger. Welche Konsequenzen entstehen daraus? Dass wir als Bürger gleich sind, gleich sein müssen. Wir als Bürger haben gleiche Rechte und Pflichten.

Diese einheitliche Behandlung aller Bürger ist für mich die wichtigste Voraussetzung einer gelungenen Integration. Daran ist Deutschland gescheitert.  

Macht, was ihr wollt 


Geschickt vermischt Gauck Äpfel mit Birnen, in dem er folgendes sagt: „Einen großen Einfluss in der Integrationspolitik hat lange Zeit die Konzeption des Multikulturalismus gehabt: Was sich auch immer hinter den einzelnen Kulturen verborgen hat - Vielfalt galt als Wert an sich.“ In diesem Punkt widerspreche ich dem Ex-Bundespräsidenten. Das war keine Multikulti-Konzeption, sondern Laissez-fair-Politik: Macht, was ihr wollt, denn ihr seid uns egal. Und vor allem, ihr seid uns niemals gleichwertig. 

Es fehlte das staatliche Wir und fehlt immer noch. 

Sonntag, 25. Februar 2018

Seht ihr die Zukunft?

„Zu träumen wecke sich, wer kann.“ Ich beginne also und zwar mit dem Gras.


                                                                                       Eigenes Foto

Nicht drillen!


Nehmen wir an – so zum Spaß oder aus Lust am Denken -,  dass sich die Polizei nicht mehr um die Kiffer und ticketlosen armen Würstchen kümmern muss, dank neuen Gesetzen und durchs Einlenken von klugen Politikern, die ihre Aufgabe  endlich verstanden haben: Dem Volk dienen, statt es zu drillen. Auf diese Art gewonnene Kapazitäten nutzt die Polizei um die richtigen Verbrechen, wie zum Beispiel Korruption, zu bekämpfen.

Die hypothetischen Entscheider sehen sich nicht imstande ein Cannabisverbot aufrechtzuerhalten. Vor allem, weil dieses Verbot hauptsächlich gegen die Armen und Migranten gerichtet ist. Außerdem lässt sich die Gefährlichkeit des Cannabis nicht bestätigen, besonders im Vergleich mit dem nach wie vor legalen Alkohol. Dagegen sind seine therapeutischen Fähigkeiten beachtlich, was die Pharmaindustrie mit ihrer Überproduktion von Pillen natürlich bestreitet. Die klugen Politiker lassen sich aber von den Lobbyisten nicht beeinflussen.   Wir befinden uns – das seht Ihr doch – immer noch auf dem Phantasie-Gelände. Und dort bleiben wir jetzt auch.

Praxis-Prüfung, aber dalli!


In den Schulen wird nicht nach Fehlern, sondern nach Begabungen gesucht, um sie weiter zu entwickeln. Dafür ist die Schule doch da – wenigstens in unserer hypothetischen Konstruktion. Sie wird dem Kind angepasst und nicht umgekehrt. Das bedeutet unter anderem, dass der Unterricht für Kleinkinder nicht länger als 20 Minuten dauert, dass die Klassen klein werden und die Lehrerin oder der Lehrer lediglich ein Begleiter auf dem Weg. Und überhaupt ein Lehrer oder eine Lehrerin müsste die härtesten Praxis-Prüfungen  bestehen, bevor man ihn oder sie auf die Kinder loslässt.

Eine zukunftsorientierte Gesellschaft kann sich eine Verschwendung von Talenten einfach nicht leisten. Da aber die Begabungen keine Schichtgrenzen kennen und über die ganze Gesellschaft verstreut sind, lohnt sich in alle Kinder zu investieren. In solch einer Schule wäre das Geldbeutel der Eltern keine Rolle spielen.

Diese Schule wäre auch eine demokratische , wo Kinder ein Mitspracherecht haben. Für entstandene Konflikte  wäre das aus Schülern und Lehrern bestehende Schulparlament zuständig.

Lediglich in der Phantasie?


Die Städte, Städtchen und Dörfer verbinden – leider lediglich in der Phantasie - kostenlose öffentliche Verkehrsmittel. Weil dies für den Menschen und für die Umwelt gesünder ist. Diejenigen, die jetzt behaupten, sie werden weiter mit dem Auto fahren, denken bestimmt um, dank dem stärksten „Überzeugungsmittel“ – dem Geld, das sie sparen.

In den Städten und Dörfern werden für Bedürftige kostenlose Wohnungen zur Verfügung gestellt, verteilt  in allen Bezirken – damit keine Armengettos entstehen. Dadurch wird der Staat seiner Aufgabe gerecht, die sozialen Standards für alle seine Bürger einzuhalten. 

Und so weiter, und so fort.

Ich habe angefangen. Liebe Regierung (welche auch immer), bitte übernehmen! Aber nicht mehr in der Phantasie, sondern in der Realität.

Sonntag, 4. Februar 2018

Deutsche Kastengesellschaft – eine Bestandsaufnahme

Unter Bestandsaufnahme verstehe ich hier eine Vorstellung des allgemeinen Stroms oder eher lediglich seiner Richtung. Meiner Meinung nach sieht es folglich aus: wir sind hier schön voneinander abgegrenzt. Bloß sich nicht vermischen! So leben wir doch mitten in Europa im 21. Jahrhundert. Egal, ob wir es Schichten oder Kasten nennen. Die Grenzen, die uns trennen, sind deutlich höher als die Mauer, die Donald Trump jemals bauen könnte.


                                                                                                             Eigenes Foto

Jeder Einzelne ist ein König?


Angeblich funktioniert unsere Gesellschaft nach dem Leistungsprinzip. Damit ist gemeint – so will der Duden -,  eine Auffassung, „nach der sich die materiellen und sozialen Chancen des Einzelnen allein nach der Qualität und dem Umfang seiner Leistung bemessen sollen.“

Moment mal. Da stimmt es etwas nicht. Materielle und soziale Chancen wären ausschließlich vom Einzelnen abhängig? Aus welchem Märchen oder Witz kommt denn diese Überzeugung?

Es läuft doch ganz anders ab. Entscheidend sind:

- die Herkunft. Die sogenannten Biodeutschen werden nach wie vor bevorzugt,
- das Geldbeutel. Vom ersten Atemzug erhöhen sich die Chancen von Kindern der Vermögenden.
- die Zugehörigkeit zur richtigen Kaste (Schicht). Im Allgemeinen geht es um die Frage: Entscheidest du über dein Leben, oder wird es über dich entschieden? Die Sache mit den Kasten ist aber viel komplizierter.

Wie misst man sie denn?


Die Definition des Leistungsprinzips setzt die Messbarkeit unserer Leistung voraus. Wie misst man aber die Leistung? Im Sport erscheint dies auf den ersten Blick einfach: Wer schneller, höher oder weiter ist, der gewinnt. Berücksichtigt man aber die Komponente „Doping“, wird es schon komplizierter.

Außerhalb der Stadien oder Pisten zeigt sich lediglich die sprachliche Erklärung der Leistung als klar und eindeutig: „geleistete körperliche, geistige Arbeit; unternommene Anstrengung und das erzielte Ergebnis.“ Mit dem Geleisteten muss man also das Resultat mitzudenken. So weit, so gut.

Was passiert aber, wenn beispielsweise in der Schule die Leistung eines Kindes schlechter benotet wird, weil dieser Schüler aus einer sogenannten bildungsfernen Familie kommt? Was geschieht in diesem Moment? Das Leistungsprinzip wird aufgehoben und die Sippenhaft aktiviert. Mein Beispiel ist keineswegs theoretisch. Die viel zu vielen schlechten Lehrer (es gibt auch viele wunderbare!) sorgen dafür, dass die Praxis schlimmer wird als jede Theorie.

Ich habe aber auch einen Lösungsvorschlag: die Tests und Prüfungen anonymisieren und durch ein unabhängiges Gremium kontrollieren lassen. Ja, es kostet ein paar Groschen mehr. Aber weitsichtig gesehen lohnt es sich wirklich.

Bist du noch brav oder schon in der richtigen Kaste?


Das Leistungsprinzip wird nicht nur in der Schule für nichtig erklärt. Die erwachsene Welt verpasst den Arbeitnehmern Kopfnoten und beurteilt ihr Benehmen in den Arbeitszeugnissen. Das ist eine ziemlich verrückte Angelegenheit, weil sich jene Beurteilung zwischen den Zeilen versteckt und eine ganze Wissenschaft entstanden ist, um diesen Code zu deuten. Es geht hier nicht um die Leistung, sondern um die Disziplinierung. Entweder bist du brav oder unten durch. Die Leistung setzt dagegen einen Freiraum und selbständiges Denken voraus.

Darüber muss man sich allerdings keine Gedanken machen, wenn man zur richtigen Kaste gehört, der oberen natürlich. Ein neues Beispiel dafür liefert die Deutsche Bank, die ihren Managern riesige Boni bezahlt, obwohl das Unternehmen Verluste schreibt. Es gibt also viel Geld für eine Nicht-Leistung.

Nein, die Deutsche Bank ist in dieser Hinsicht nicht allein. Sie stellt sich nur doof an. In dieser oberen Kaste gelten überall die gleichen Regeln. Die Zugehörigkeit zählt. Geld ist Macht. Wieso soll man sich noch um die Leistung kümmern?

Ich hätte auch hier einen längst woanders erprobten Vorschlag: die Gehälter der Manager an die niedrigsten Löhne in der Firma koppeln. Wie schön dann die Löhne steigen würden! Ich gehe jede Wette ein.