Dienstag, 31. Dezember 2024

Zum Neujahr: statt Vorsätze eine Vision

 Es muss sich ziemlich viel ändern. Davon sind ziemlich viele überzeugt. Wie aber diese Wende vonstattengehen soll, weiß kaum jemand. Vor fast einem halben Jahrhundert skizzierte Erich Fromm, deutsch-amerikanischer Psychoanalytiker und Philosoph, seine Vision und formulierte die nötigen Bedingungen, unter anderem diese:

„Das Ziel unbegrenzten wirtschaftlichen Wachstums müsste aufgegeben bzw. durch selektives Wachstum ersetzt werden, ohne das Risiko eines wirtschaftlichen Desasters einzugehen.“

Das Wachstum dient aber nach wie vor als wichtigster Maßstab der wirtschaftlichen Kraft eines Landes. Außerdem wiederholen Kritiker nicht zu Unrecht ununterbrochen, dass man nur das verteilen könne, was erwirtschaftet werde. Muss also die ausgegebene Parole lauten: Weiter so?

Die Zukunft liegt im Nebel.

Schritt für Schritt


Lieber nicht "weiter so". Denn dadurch werden die Umwelt und wir selbst zerstört.

„Wenn die Menschen jemals freiwerden, d.h. dem Zwang entrinnen sollen, die Industrie durch pathologisch übersteigerten Konsum auf Touren zu halten - schrieb damals Fromm -,  dann ist eine radikale Änderung des Wirtschaftssystems vonnöten: dann müssen wir der gegenwärtigen Situation ein Ende machen, in der eine gesunde Wirtschaft nur um den Preis kranker Menschen möglich ist. Unsere Aufgabe ist es, eine gesunde Wirtschaft für gesunde Menschen zu schaffen.“

Eine gesunde Wirtschaft, eine also, die nicht krank macht, für gesunde Menschen, für Menschen also, die nicht durch die Wirtschaft krank werden. Wer könnte solch einer Aufforderung widersprechen? Ich jedenfalls nicht.

Was mich im obigen Zitat jedoch beunruhigt ist das gefährliche Adjektiv „radikale“, das die nötige Änderung des Wirtschaftssystems beschreibt.  Vor einer Revolution, die ein enormes Gewaltpotenzial mit sich bringt, zucke ich erschrocken zusammen. 

Das meinte Fromm zum Glück auch nicht:

„All diese Veränderungen können nur Schritt für Schritt und mit Zustimmung der Bevölkerungsmehrheit vorgenommen werden.“

Dieser Aussage kann ich mich bedingungslos anschließen. 

Ohne sie ist alles nichtig


Und wie sieht meine eigene Vision der Zukunft aus? Ihr Fundament muss die Gerechtigkeit bilden. Ohne sie ist alles andere nichtig. Darauf muss ein Bildungssystem fußen, das nicht zum Gehorsam, sondern zum selbständigen Denken befähigt. Ich glaube auch, dass ohne Absicherung nach unten die Wende nicht gelingen kann, daher spreche ich mich für das Bedingungslose Grundeinkommen aus. Die Idee ist relativ alt und zugleich ganz modern, wenn man versucht, sie umzusetzen. Ich bin auch davon überzeugt, dass wir einen starken Staat brauchen. Das bedeutet aber keineswegs, dass dieser Staat jede Kleinigkeit regeln soll, weil er dann extrem schwach und nicht stark wird. Ein starker Staat setzt das Recht und Gesetz durch und erstellt klare Rahmenbedingungen, die den Zusammenhalt einer Gesellschaft garantieren.

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