Samstag, 28. Dezember 2024

Razzia im Kloster: Die Fortsetzung der Jagd auf Marcin Romanowski

Fast zeitgleich mit der spektakulären Flucht nach Ungarn, wo Marcin Romanowski, Ex-Vize-Justizminister, Asyl erhielt, suchte man ihn noch in Polen. Ebenso spektakulär. Die ganze Angelegenheit entwickelt sich zu einem waschechten politischen Skandal. 

Links Miłosz Manasterski, Kommentator, TV Republika,
rechts: Marcin Romanowski, der Gesuchte. Screenshot

 Kein Weihnachtsbesuch

Am 19. Dezember, also direkt vor Weihnachten, ereignete sich eine filmreife Aktion, die die „Rzeczpospolita“ mit folgender Schlagzeile zusammenfasst: „Ahnungslose Suche nach Romanowski. Es gab eine Razzia im Kloster, es gibt eine Beschwerde beim Gericht“ (Romanowski szukany po omacku. Był nalot na klasztor, jest zażalenie do sądu).

Die Betroffenen erklären hier selbst, was an diesem Tag passierte: 

„Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft wurde unser St. Stanislaus-Kloster in Lublin durchsucht. Als Anlass diente der Verdacht, dass sich bei uns Herr Marcin Romanowski versteckt. Sechs Polizeibeamte mit Sturmhauben durchsuchten gründlich zwei Stunden lang das Klostergebäude, auch den Wohnteil der Brüder. Während der Durchsuchung fotografierten Polizeibeamte unsere Räume, auch die Zellen der Mönche. Über dem Kloster kreisten in dieser Zeit Polizeidrohnen.“

Kein begründeter Verdacht?

Das obige Zitat stammt aus dem in den polnischen Medien veröffentlichten Brief vom Vater Łukasz Wiśniewski an den Vorsitzenden der Ordensobernkonferenz der Männerorden in Polen. Weiter lesen wir in diesem Brief:

„Herr Romanowski unterhält keinerlei Kontakte zu unserem Kloster. Außerdem verbreiteten Medien zum Zeitpunkt der Durchsuchung bereits die Nachricht, dass sich Herr Romanowski in Ungarn befindet, wo man ihm schließlich politisches Asyl gewährte. Derartige Durchsuchung ist präzedenzlos und entsetzlich. Die Brüder wurden verdächtigt, einen mit Haftbefehl gesuchten Mann zu verstecken.“

Ich kann mir die Fassungslosigkeit der Dominikaner bildlich vorstellen. Der Zeitpunkt (vor Weihnachten) dieser Aktion und ihre Art (vermummte Polizisten und Drohnen) muss auch Außenstehenden ziemlich chinesisch vorkommen.  

Arnold Pawlina, Prior des Dominikaner-Klosters in Lublin, formuliert seine Bedenken für die „Reczpospolita“: 

„Eine Durchsuchung ist eine sehr strenge Maßnahme, die einen begründeten Verdacht erfordert. Aber in diesem Fall scheint ein Gerücht oder Klatsch ausgereicht zu haben.“

Denn tatsächlich erklärte die Staatsanwaltschaft, dass als Grundlage ihrer Handlung eine Information vom 18.12., also einen Tag vor der Durchsuchung, diente. Demnach sollte jemand Romanowski im Kloster gesehen haben. 

„Woher kam diese Angabe und warum schätzte man sie als derart glaubwürdig ein, dass man sich für Durchsuchung des Klosters entschied?“ fragt rhetorisch die „Rzeczpospolita“.

Miłosz Manasterski, Kommentator von der TV Republika, vermutet, dass diese Aktion gegen die katholische Kirche insgesamt gerichtet war und erinnert an die Bekämpfung der Kirche von den Kommunisten. 

Alterprobte Lösung

Leszek Miller, ein Ex-Apparatschik, der ins Politbüro im realsozialistischen Polen aufstieg und nach der Wende von 2001 bis 2004 Polens Premier wurde, präsentiert auf der Plattform X eine Lösung des Problems:

„Nach der Blamage der Staatsanwaltschaft und der Polizei, die die Flucht von Romanowski nach Ungarn nicht verhindern konnten, gibt es nur noch eine Möglichkeit der Rehabilitierung: die Rückführung des Gesuchten nach Polen. Vorzugsweise in einem Kofferraum.“

Seine Äußerung ist vielen in Polen übel aufgestoßen. Sie fühlten sich an die Ermordung von Jerzy Popiełuszko erinnert. Vor 40 Jahren wurde der Priester von hohen Funktionären der polnischen Stasi (SB) entführt, bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen, gefesselt in einem Kofferraum transportiert und noch am Leben in den Fluss geworfen. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen