Ich bin kein Fan (Fanin?) von Angela Merkel. Diese Aussage ist hochgradig euphemistisch formuliert. Hier, in meinem Blog, findet man einige kritische Posts über sie. Es darf also nicht wundern, dass ich ihr Buch nicht lesen werde. Außerdem vertraue ich der Rezension von Jan Fleischhauer, der von „furchtbarer Ödnis“ spricht. Ich fühle mich zudem bestätigt, was mein Bild von Merkel betrifft, durch das Spiegel-Interview „Gespräch mit der Ex-Kanzlerin über ihre Memoiren“. Daraus lässt sich viel über sie herauslesen.
Gestaltung mit Suchtpotenzial
Wie tickt also Merkel wirklich? Was ist ihr am wichtigsten? Diese Frage lässt sich ziemlich leicht beantworten: Macht, Macht und noch einmal Macht. Die politische Landschaft, die die Parteien verkörpern, erscheint ihr deswegen in dieser Form:
„Parteien sind Machtapparate, da gibt es eben Machtkämpfe.“
Na gut, könnte man dazu sagen, da beschreibt sie lediglich die Realität; das ist einfach so. Ohne Macht kann man doch die Politik nicht gestalten. Wenn sich aber die Politikerin oder der Politiker ausschließlich dem Kampf um die Macht verschreibt, dann verkommt die Macht zur Waffe, mit der man eigene Position verteidigt. Als Konsequenz verlieren machtbesessene Politiker die demokratische Legitimation, die die Wähler den sogenannten Volksvertretern mit ihren Stimmen verleihen. Die Macht verkommt zur Droge und machtbesessene Politiker zu Süchtigen. Das Verlangen nach mehr Stoff – Macht – wächst mit der Zeit, wie das von anderen Süchtigen bekannt ist.
In diesem Kontext erklären sich die auf den ersten Blick unverständlichen maulwurfartigen Purzelbäume von Merkel (bei einem Maulwurf dienen Purzelbäume zu einem Richtungswechsel um 180 Grad). Es ging nie um die Sache, sondern um den Machterhalt.
Aus dieser Perspektive betrachtet sie ihr Umfeld. Deswegen kann sie nichts Interessantes über andere Politiker und Gesprächspartner sagen, außer Bemerkungen, inwieweit jene in dem Machtspiel für sie eine Konkurrenz darstellen.
Ein Schlenker nach Polen
Im Merkels Muster-Schüler, Donald Tusk - dem aktuellen Premier von Polen, erkennt man einen Menschen vom gleichen Schlag. Auch er gehört zu der Sorte "heute hui, morgen pfui". So führte er seinen Wahlkampf mit einer europaweit verbreiteten Kampagne gegen die Befestigung der Grenze zu Belarus auf hysterische Art. Dies störte ihn absolut nicht daran, seine Position diesbezüglich nach der Machtübernahme diametral zu ändern.
Tusk verdankte Merkel 2014 seinen Posten als Präsident des Europäischen Rates (bis 2019). Sie lobte ihn damals überschwänglich, er sei "leidenschaftlicher, überzeugter und überzeugender Europäer", was heißen soll, er sei kein Konkurrent, eher ein nützlicher Idiot.
Nebenkriegsschauplatz in der DDR
Merkel kann man nicht ohne ihre Zeit in der DDR verstehen. Bezeichnend sind dabei ihre eigenen Schilderungen:
„Für mich war sie keine Last, die ich abwerfen muss, sondern Teil meines Lebens. Mich hat irritiert, welche Jagd Journalisten in den Nachwendejahren veranstaltet haben, auf meine Pflichtarbeit an der Uni in Marxismus-Leninismus, nachdem ich am 3. Oktober 1992 bei einer Veranstaltung von ihr erzählt hatte. Nach dem Motto: Wo sind die Akten? Was hat sie geschrieben? Jetzt haben wir sie! Mein Leben in der DDR schien in manchen Medien nur zur Skandalisierung zu taugen. Doch für solche Nebenkriegsschauplätze hatte ich keine Zeit und keine Kraft.“
So spricht kein Mensch, der eine Diktatur ablehnt, vielmehr jemand der mit ihr – der Diktatur – liebäugelt, nicht wahr?
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