Samstag, 27. Februar 2016

Angela Merkel trifft Anne Will oder der Ernst der Lage

Es brodelt im Lande. Shakespeare hätte gesagt: „Etwas ist faul im Staate Deutschland.“ Die Gesellschaft steht Kopf. Da sie meist eine Regierung hat, die sie verdient, darf man schlussfolgern, dass die Regierung auch kopfsteht.  Ein Beweis hinfällig? Die Kanzlerin geht zu Anne Will. Zum zweiten Mal in einem halben Jahr.




Ein anderer Ton


Am Sonntag, den 28.02.2016, treffen sich eine Journalistin, die man vom Sonntag für eine lange Zeit verbannt hat und die dennoch zurückkehrte, und die Kanzlerin, der eine ähnliche Verbannung von der politischen Bühne jetzt droht.  Der Ton hat sich inzwischen verändert. Damals fragte Anne Will eher vorsichtig, dem Kurs von der Kanzlerin zustimmend:  „Können wir es wirklich schaffen, Frau Merkel?“ Diesmal klingt es um einiges schärfer: „Deutschland gespalten, in Europa isoliert - Wann steuern Sie um, Frau Merkel?“

Bayerischer Putsch und Schäubles Wut


Unterdessen bereitet Bayern anscheinend einen Putsch vor.  Laut „Passauer Neuen Presse“ rüstet sich die Bayerische Polizei für eine mögliche Grenzschließung. Obwohl Angela Merkel nach wie vor die Einführung von Obergrenzen für Deutschland für inhuman und rechtswidrig hält.

Überdies rebelliert Sigmar Gabriel und verlangt  ein neues Solidaritätsprojekt für unsere eigene Bevölkerung. Seine Forderungen begründet er mit der explosiven Stimmung, die immer mehr Bürger erreicht: „Für die macht ihr alles, für uns nichts. Das ist ein supergefährlicher Satz.“

Damit zieht er auf sich die Wut von Mister Schwarze-Null, Wolfgang Schäuble: "Wenn wir Flüchtlingen - Menschen, die in bitterer Not sind - nur noch helfen dürfen, wenn wir anderen, die nicht in so bitterer Not sind, das gleiche geben oder mehr, dann ist das erbarmungswürdig."

Klang und Bedeutung


Der Satz von Schäuble klingt gut und vor allem politisch sehr korrekt. Wie erbarmungswürdig ist aber der Zustand breiten Schichten von der hiesigen Bevölkerung, die sich hauptsächlich von Abfällen in den Tafeln ernähren? „Die deutschen Tafeln unterstützen regelmäßig bis zu 1,5 Millionen bedürftige Personen, davon 23% Kinder und Jugendliche, 53% Erwachsene im erwerbsfähigen Alter, ca. 24% Rentner.“ 

Was ist also mit den Abgehängten? Mit den Obdachlosen? Mit den Kindern, die in Armut und ohne Chancen aufwachsen? 

Eine Antwort erwarte ich von Herrn Schäuble nicht. Wie alle Politiker, die sich lieber mit den Zahlen als mit der Realität außerhalb von Salons und gut gefüllten Geldbörsen beschäftigen, hat er einfach keine Ahnung, was der Kampf ums Überleben bedeutet.

Daher ist der obige Satz von Schäuble einfach unanständig.  Er appelliert an das Verständnis jener Menschen, die man tagtäglich – ganz gelinde gesagt – verarscht. Es kann doch nicht sein, dass der Staat vor den Reichen kuscht und die Armen ausnutzt und betrügt, weil sie sich nicht wehren können. Denn in diesem Fall agiert der Staat wie ein Verbrecher. 

Was Merkel nicht sagen wird


Ich war von Merkel – das gestehe ich gerne – begeistert, als sie im Oktober uns zurief: „Wir schaffen das.“ Inzwischen hat sich meine Begeisterung aber gelegt. Ich dachte, dass sie mit dieser Parole eine neue Ära einläutet, in der wir ALLE Probleme in diesem Land anpacken. Das ist leider nicht der Fall.

Ich warte immer noch auf „Wir schaffen das“ im Sinne des Zusammenhalts der Gesellschaft. Ich warte auf „Wir schaffen das“, was die Schließung der Schere zwischen Reich und Arm betrifft. Ich warte auf „Wir schaffen das“ im sozialen Bereich. Warte ich vergeblich?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen