Montag, 16. März 2015

Hoffnungsträger Varoufakis

Am Sonntagabend bescherte ein griechischer Minister dem Moderator Günther Jauch höhere Quoten und erhitzte die Gemüter der hiesigen Bürger. Sowohl seine Gegner wie seine Anhänger wurden mobilisiert. Unter anderem twitterte zur späten Stunde höchstpersönlich Kai Diekmann, der Chefredakteur der Bild-Zeitung, im gewohnten aufbrausenden Ton.

Für viele ist der Finanzminister Yanis Varoufakis einfach ein Hoffnungsträger. Es gibt verschiedene Gründe dafür.




Europa - unsere gemeinsame Heimat


Wo die deutsche Kanzlerin Angela Merkel die Nationalismen der schlimmsten Sorte entfesselt hat, breitet Varoufakis  eine scheinbar längst vergessene Vision des gemeinsamen Europas aus. Er blickt dabei nur kurz zurück, um festzustellen, dass die letzten 5 Jahre Krise sehr viel Schaden angerichtet haben.  Gleich aber widmet er sich der Zukunft - seinem Lieblingsthema:

"Es ist wirklich Zeit, dass wir in Europa es fertig bringen, wie ein Volk zu sprechen, als Europäer zu reden. Europa ist unsere Heimat. Es ist das Haus Europa. Also finden wir die Wege, das gemeinsame Haus zu errichten."

Von der deutschen streng fiskalischen Sicht wechselt er damit zu einer anderen Perspektive und gibt die Route vor: Kleine unbedeutende  Liquiditätsprobleme dürfen das Europa nicht auseinanderdividieren.

Ende des Spar-Diktats


Da sind wir zum Kern der Auseinandersetzung gekommen: sparen oder nicht sparen. Varoufakis fundierte Antwort erzürnt das Merkel-Lager. Der griechische Minister hält nichts vom Merkels Rezept, durch das Sparen die Krise zu bewältigen. Außerdem sind die in der Vergangenheit gewährten Kredite nicht den Griechen, sondern den deutschen und französischen Banken zugutegekommen.  Damals, als Griechenland 2010 zahlungsunfähig wurde, wählte man eine der schlechtesten Lösungen, statt ein Konsolidierungsprogramm zu starten.

Man muss also Griechenland die Chance gewähren, endlich das Einkommen erzeugen zu können. Das ist nicht einfach in der Wirtschaft, in der nichts investiert wird und wo der Banksektor keine Kredite mehr bereitstellt – gibt Varoufakis zu bedenken. 

Die armen deutschen Rentner


Da tauchen plötzlich die im deutschen politischen Alltag gänzlich vergessenen Armen als das schwerwiegendste Argument. Sonst verleugnen Politiker wie Markus Söder, der bayerische Finanzminister, ihre Existenz: Uns geht es doch gut. Wenn man es aber einem griechischen Minister eins auswischen will, dehnt sich auf einmal die Armut zu den Ausmaßen, die endlich der Wahrheit entsprechen.  Söder spricht über viele Rentner mit niedrigen Renten, die hierzulande leben, und nicht für die griechischen Schulden bezahlen dürfen. Wieso die deutschen Politiker nichts gegen die Armut tun, sagt er aber nicht.

Varoufakis und der Paradigmenwechsel in der EU


Die Konservativen hier und im Ausland haben Angst um ihre Macht. Die griechische linke Regierung ist ihnen ein Dorn im Auge. Diese Regierung engagiert sich für diejenigen, die in Deutschland zu den Sündenböcken gemacht wurden. Varoufakis verspricht, sich für die einzusetzen, „die am meisten schuften, am wenigsten kriegen und die höchsten Steuern zahlen“. Seine Regierung will sich gegen die wahren Heuschrecken richten, die bis jetzt ungeschoren davonkommen.

Kein Wunder also, dass er die Gegner in seinem eigenen Land wie auch außerhalb aufschreckt:  die korrupten Profiteure des alten Systems in Griechenland und die Politiker von der CDU und CSU in Deutschland, die die linke Politik wie der Teufel das Weihwasser fürchten. Es könnte doch ansteckend sein. Was ich mir wünsche.

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