Sonntag, 10. Dezember 2023

Durch Feuer zur Freiheit – (nicht nur) tschechische Geschichten

 Jan Hus hatte einen Traum, den Martin Luther später zu Ende träumen durfte. In diesem Traum sehnte er sich nach der Rückkehr zu wahren Fundamenten des Glaubens. Er wagte es, die in seinen Augen sündige Kirche zu kritisieren. Außerdem predigte er auf Tschechisch. Das tat er hier, in der Bethlehemskapelle in Prag:



Die Antwort des Papstes auf derartige Reformträumereien war unmissverständlich: ein Kirchenbann in 1410. 

Dennoch entschied sich Jan Hus später die Einladung zum Konstanzer Konzil "unter Zusicherung von freiem Geleit" anzunehmen. Das Ende der Geschichte war vorprogrammiert. Die Kardinäle haben ihn in Konstanz verhaftet und der Ketzerei angeklagt. Da Hus sich weigerte, seine Lehren zu widerrufen, wurde er zum Tode verurteilt. Sein Traum brannte mit ihm im Feuer aus. Er starb am 6. Juli 1415 auf dem Scheiterhaufen.

Der Tag seiner Hinrichtung ist heute ein Nationalfeiertag in Tschechien. 

Tod des Frühlings


Den Traum von Freiheit träumen Menschen immer wieder aufs Neue. Über 500 Jahre später wagten Tschechen, im Warschauer Pakt unter russischer Herrschaft gefangen, mehr Demokratie: das Parlament wurde gestärkt, Opfer des Stalinismus rehabilitiert und endlich führte man öffentliche und offene Debatten. 

Prager Frühling dauerte bis zum 21. August 1968. An diesem Tag marschierten die Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei ein: 100.000 Soldaten, 2300 Panzer und 700 Flugzeuge. Gegen diese Okkupation protestierte in Prag am 16. Januar 1969 ein 20-jähriger Student, dessen Name um die Welt ging: Jan Palach. Er übergoss sich mit Benzin und zündete sich an.

Ein Denkmal erinnert an ihn:



Gegenüber dem Mahnmal sieht man einen Abguss der Totenmaske von Jan Palach:



In der Nähe hat er studiert:



Protest eines gewöhnlichen Mannes


Ob Jan Palach von Ryszard Siwiec und seiner Selbstverbrennung aus Protest gegen die Intervention in der Tschechoslowakei gewusst hat, ist nicht bekannt. Denn dieser Fall wurde zuerst totgeschwiegen. Obwohl theoretisch unzählige Zeugen zugegen waren. Siwiec tat es während eines Erntedankfestes in Warschau am 8. September 1968, also kurz nach dem Einmarsch in die Tschechoslowakei. Das Fest fand wie jedes Jahr in der Volksrepublik Polen in großem Stil und mit kommunistischen Machthabern auf der Tribüne statt.

Sofort verbreitete man aber eine Version über die Tat eines verrückten Säufers. Die Erinnerungen an Ryszard Siwiec erwachten nach dem Ende des Ostblocks. Sowohl Tschechien als auch Slowakei verliehen Ryszard Siwiec posthum ihre höchsten staatlichen Auszeichnungen.


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