Sonntag, 17. September 2023

Die eingerissene Brandmauer in Thüringen und die Stärke der AfD

 Nachdem die CDU mit Hilfe der AfD die Steuersenkung in Thüringen beschlossen hat, ist der Aufschrei im Land groß. Dass die politische Brandmauer zur AfD eingerissen wurde, klagen viele, unabhängig von der Orientierung. Auch die CDU streitet intern darüber.

Unterdessen ruft Nikolaus Blome die demokratischen Parteien auf, sich an die eigene Nase zu fassen, und stellt eine wichtige Frage: „Warum ist eine rechtsextreme Hasspartei wie die AfD überhaupt so stark?“ Ja, warum denn?

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Ein Blick zurück


Wie weit zurück muss man gehen, um die obige Frage zu beantworten? 

Ich versuche zuerst mit dem Jahr 1965

„Das ganze Deutschland soll es sein, so fordern dies die Vertriebenenverbände und so fordern es die Politiker: das Deutschland von 1937 mit Ostpreußen, Pommern, Ostbrandenburg und Schlesien. Ob Erhard spricht oder Brandt, ob Strauß oder Mende, ob Jaksch oder Lemmer, wer auch immer zur Frage der deutschen Ostgebiete spricht, betont das Recht, nicht Revanche-Gedanken bestimmen die Reden, sondern moralische und juristische Argumente, das Heimatrecht, das Selbstbestimmungsrecht und das Völkerrecht. Und sie sind sich einig, dass der juristische Anspruch auf die deutschen Ostgebiete niemals aufgegeben werden darf.“

Was hier nach Björn Höcke klingt, gehörte zum guten Ton im offiziellen politischen Diskurs. Der Bericht selbst stammte vom SWR, also dem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk. Der Vollständigkeit halber muss man erwähnen, dass die Gesellschaft realistischer als die Politik die revanchistischen Gelüste einschätzte: "Nur noch 28% der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik, einheimische Flüchtlinge und Vertriebene zusammen, (glauben) an eine Rückkehr der Ostgebiete zu Deutschland.“

Na gut, könnte man sagen, das ist schon eine halbe Ewigkeit her. Seitdem hat sich sehr viel verändert. Wirklich? Ich mache jetzt die Probe aufs Exempel: Wie wäre es mit dem Jahr 1989? Hören wir zu, was damals Theo Waigel, zu der Zeit Bundesfinanzminister und CSU-Vorsitzender, sagte:

"Mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 ist das Deutsche Reich nicht untergegangen. Es gibt keinen völkerrechtlich wirksamen Akt, durch den die östlichen Teile des Deutschen Reiches von diesem abgetrennt worden sind. Unser politisches Ziel bleibt die Herstellung der staatlichen Einheit des deutschen Volkes in freier Selbstbestimmung.“

Die AfD könnte diese Aussage vollständig übernehmen, ohne Imageschaden.

Da alle guten Dinge drei sind, starte ich den dritten Versuch und schaue mir einen Beitrag über Vertriebene aus dem Jahr 2010 an. 

Hm, man wird hier an alte Parolen erinnert: "Niemals Oder-Neiße Grenze", "Wer Schlesien, Pommern und Ostpreußen verrät, verrät auch Deutschland". Das sind eben jene Menschen, die das Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung in Berlin initiiert haben; das Zentrum, in dem den Schwerpunkt gelegt wird auf das Schicksal der 14 Millionen Deutschen, die am Ende des Zweiten Weltkriegs ihre Heimat verlassen mussten.

Darf man sich noch bei derartiger Erinnerungskultur über die Entstehung und Erfolge der AfD wundern?

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