Sonntag, 20. März 2016

Deutschlands heilige Kühe

Nichts als Dogma anzunehmen, sondern die Dinge zu hinterfragen, dies tun wir – meines Erachtens - viel zu selten. Im Allgemeinen neigen wir viel zu oft zu einer  Art primitiven religiösen Haltung und beten die Götzen und die heiligen Kühe an. Sie traben im privaten wie auch im öffentlichen Leben gemütlich und ungestört. Eine Diskussion mit ihren Anbetern auf den beiden Seiten des Tisches ist daher kaum möglich. Das krampfhafte Festhalten an Überzeugungen ist nicht nur lästig. Es verhindert, die Kompromisse zu schließen und den Konsens zu erlangen.

                                                                                    Fot. Brigitte Feuerbach  / pixelio.de

Es zählt nur das Dokumentierte


Die Vorliebe zu Bescheinigungen und Zeugnissen  jeglicher Art nährt die größte heilige Kuh hierzulande: die Bürokratie, sowohl als Verwaltungsapparat wie auch als Handlungsweise verstanden. Sie ufert aus, sobald man sie zulässt, und lähmt zunehmend die Abläufe. Die ganze bürokratische Maschinerie entfremdet sich meist ihrem ursprünglichen Zweck – zu verwalten und zu entscheiden im Interesse des Menschen - und verwandelt sich in ein unantastbares Wesen: in eine heilige Kuh.

Wie eine Seuche befällt sie viele Bereiche und ersetzt das Handeln durch das Dokumentieren. Die Pfleger, die Ärzte, die kleinen und großen Unternehmer ächzen unter den sinnlosen Vorschriften und verlieren ihre kostbare Zeit für das schriftliche Festhalten jedes Schrittes und jeder Handbewegung. Der Irrsinn erreicht seinen Höhepunkt, wenn das Dokumentieren länger dauert als die Arbeit selbst.  

Diese Art von Denken und Handeln beweist eine gewaltige Störung. Alles kontrollieren zu wollen nennt man korrekt: der Zwang zur absoluten Kontrolle. Ja, wir sprechen über eine Krankheit. Ist das also nicht paradox, dass uns – der Gesellschaft – eine Krankheit per Gesetz verordnet wird? Wir werden gezwungen krankhaft mitzuspielen.

Ein unbewegliches Monster – eine riesige heilige Kuh 


Unter den Institutionen, die sich ihrem Zweck entfremdeten, sticht die Arbeitsagentur besonders hervor. Wären hier Außerirdische gelandet und sich dorthin begäben, müssten sie an einen Tempel glauben. Weil sich ihnen kein praktischer Zweck, auch nach langen Recherchen nicht, herausstellten würde. Das verkrustete Monster ist dermaßen unbeweglich, dass es nicht mal zu den nächsten Nachbarn hinschauen mag, um sich von dort einige Inspirationen zu holen.

Der kleine Nachbar – die Niederlande  – ist uns weit voraus. Wieso? Weil die Holländer (korrekt: Niederländer) auf die veränderte Situation reagierten und sich selbst veränderten. Sie passten die Formen und den Inhalt der Institution der Wirklichkeit an.

Ein Arbeitsloser, der einen Antrag stellt, wird „direkt zur Stellenvermittlung geschickt wo man Jobs vorhält, die praktisch SOFORT ANGETRETEN werden können. Wer einen Job nicht annehmen kann, der bekommt passende Fortbildungen oder Praktika angeboten, die er dann auch machen muss.“ Einfach? Ja! Sinnvoll? Ja! Darum geht es doch. UM DIE VERMITTLUNG VON ARBEITSSTELLEN!

Worum geht es dem deutschen Pendant – der Arbeitsagentur? Keine Ahnung. Man kann alles vermuten: Schikanieren, Drangsalieren, Umerziehen. Aber auf die Arbeitsvermittlung kommt man wirklich nicht drauf.

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