Mittwoch, 29. Mai 2024

Die EU gegen Polen: Es ging nicht um den Rechtsstaat, sagt Ministerin Paprocka

 Solange die PiS-Partei in Polen regierte, hielt die EU-Kommission das Geld zurück. Ihre Knauserigkeit fußte auf der Ablehnung der von der PIS vorgenommenen Justizreform. Am 13. Oktober 2023 fanden in Polen Wahlen statt. Zwei Monate später wurde eine neue Regierung mit dem neuen Premier Donald Tusk – dem EU-Wunschkandidat - vereidigt. Und siehe da, das Geld fließt sofort. Polen hat „einen Vorschuss von gut fünf Milliarden Euro aus dem Fonds bekommen, der für die Erholung der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie eingerichtet wurde.“ Inzwischen hat die EU die Freigabe von 137 Milliarden Euro auch genehmigt. Wurde also das Justizsystem bereits von Tusk „geheilt“? Mitnichten!

Sollen wir uns bei der Rechtsstaatlichkeit nach dem Wind richten?

„Starkes Engagement von EU-Beamten“


Im Nachhinein betrachtet lässt sich der Eingriff in die inneren Angelegenheiten eines EU-Mitgliedstaates kaum rechtfertigen. Małgorzata Paprocka, Ministerin in der Kanzlei des polnischen Präsidenten Andrzej Duda, äußert ihre Kritik in einem Interview für „Rzeczpospolita“ folglich:

„Es floss bereits das Geld aus dem EU-Fonds, ohne dass die Gesetzgebung geändert wurde, und der Rechtsstreit im Bereich des Artikels 7 des EU-Vertrags wurde ebenfalls ohne Gesetzesänderungen beigelegt. Dies bekräftigt nur die frühere Position des Präsidialamtes über die politischen Motive der Europäischen Kommission. Die Rechtsprechung des EuGH gab keine ausreichenden Gründe für ein so starkes Engagement von EU-Beamten in diesem Fall. Daher bestätigt sich der Verdacht,  dass der Streit um die Justiz künstlich erzeugt wurde.“

Worum ging es also der EU-Kommission? Dass sie ihren Kandidaten durchsetzt? Einen, der zu allem Ja und Amen sagen wird? Obwohl Tusk mit dem Amen aktuell Probleme hat, wie seine entschiedene Bekämpfung der Kirche in Polen zeigt. 

Und die Moral von der Geschicht?


Sollten wir vielleicht lernen, dass die EU immer recht hat, weil sie stärker als ein einzelnes Land ist? Das ist keine gute Grundlage für eine angebliche Wertegemeinschaft. Wer nach Rechtsstaatlichkeit verlangt, darf sich nicht mit einem Dschungel-Prinzip zufrieden geben. 

Mittwoch, 8. Mai 2024

Die Max-Planck-Gesellschaft, die unfehlbare?

 Die Max-Planck-Gesellschaft freut sich, dass die letzten Wahlen in Polen den "illiberalen Entwicklungen" ein Ende gesetzt haben. Bevor ich mich mit dieser These auseinandersetze, will ich auch meine Freude über die Beendigung der illiberalen Corona-Maßnahmen und die darauffolgenden Wahlen in Deutschland bekunden. 

Das war ein wahrer Retter der christlichen Werte: Bolesław Chrobry. 
Ein Denkmal in Wrocław.

Der gefundene Stock auf den Hund


In ihrem Beitrag mit dem unmissverständlichen Titel "Die Rückkehr zum Rechtsstaat" präsentieren Autoren Armin von Bogdandy und Luke Dimitrios Spieker das Mainstream-Narrativ, das uns über die Jahre ex cathedra oktroyiert wurde. Wobei der Begriff "ex cathedra" wortwörtlich im Sinne der Unfehlbarkeit zu verstehen ist.

Was wurde der PiS-Regierung vorgeworfen? Sie versuchte die Justiz, die noch bis zum Hals im kommunistischen Sumpf steckte, umzubauen. Dieser Umbau sollte angeblich "gegen europäische Vorgaben, insbesondere gegen die Werte des Artikel 2 EUV" verstoßen. Und was sagt der Artikel 2 des EU-Vertrags?
Art. 2
"1. Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. 2. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet."
Eine schöne Grundlage, auf der man die meisten Staaten der EU verklagen könnte. Polen beschuldigt man aber konkret, falsche Richter gewählt zu haben:
„Bei der Umwälzung der polnischen Justiz hat die PiS-geführte Regierung zahlreiche, teilweise politisch loyale Richterinnen und Richter in Verfahren ernannt, die gegen die polnische Verfassung und europäische Werte verstoßen.“
Ist das eine konstruierte Affäre nach dem Motto: Will man einen Hund schlagen, findet man immer einen Stock? Und wenn man schon über Richter-Ernennungen spricht, da müsste man beiden Seiten Vorwürfe machen, auch Donald Tusk, dem vermeintlichen Retter des Rechtsstaates.  Darüber schrieb ich in meinem Post „Kompliziert, komplizierter, das Verfassungsgericht (Trybunał Konstytucyjny) in Polen".

Der Retter, der das Recht bricht


Es gibt ein gewaltiges Problem mit Donald Tusk, dem angeblichen Retter des Rechtsstaates. Tusk hatte zwar stets während des Wahlkampfs die Verfassung auf den Lippen, aber nach der Machtübernahme merkte er, dass das Recht und Gesetz Weile brauchen. Daher verzichtete er prompt darauf und handelte ohne rechtliche Grundlagen.

Ich verfasste einige Posts über dieses Thema wie:


"Der Fall Kamiński und Wąsik oder eine wilde Fahrt mit der Tusk-Achterbahn"


Wenn das ein Retter des Rechtsstaates sein sollte, dann gnade uns Gott (mit allen europäischen Werten)!