Freitag, 24. Juni 2022

Mit dem 9-Euro-Ticket noch näher: Marienburg zwischen Märchen und Realität. Teil 2

 Träumte früher nicht jedes Mädchen von solch einem Prinzen oder sogar König? Ich schon, wollte aber selbst seltsamerweise nie eine Prinzessin werden. Somit repräsentierte ich eine Mischung aus "streng konservativ" und "von Grund auf revolutionär": ich glaubte inniglich (und glaube immer noch), dass alle Menschen gleich sind.


Während ich still vor der königlichen Familie stehe, erklingt hinter mir eine weibliche Stimme: 
„Ein schönes Bild, nicht wahr?“ 
Ja, mir gefällt es auch. 
„Auf dem ersten Entwurf stand der König auf der anderen Seite von Marie. Das war aber das falsche Profil?“
„Falsches Profil?“, hake ich nach.
„Er hatte im Gesicht rechts eine Narbe.“
„Bestimmt vom Fechten“, rate ich.
Die schwarzhaarige Dame schüttelt den Kopf: Nein. Dann erzählt sie, als ob sie damals dabei wäre, dass Georg als Kind nach einer Krankheit am linken Auge erblindete. Später, mit 13 Jahren, spielte er  unglücklich mit einem Säckchen, das er sich ins rechte Auge schleuderte und seitdem ganz das Augenlicht verlor. Er konnte weder seine Frau noch das Schloss sehen. Georg hatte seine Marie auf Norderney kennen gelernt. Er verliebte sich in ihrer Stimme, verwarf alle Konventionen und fragte zuerst sie, bevor er offiziell um ihre Hand anhielt. 
"Sie liebten sich wirklich?", flüstere ich hoffnungsvoll.
"Oh, ja!"

So sieht also ein Beweis der Liebe aus.


.
Die Bibliothek der Königin:




Der Salon der Königin: 


ihr Wohnzimmer: 


und ihr Boudoir:


Die Kids hatten natürlich auch ihre Zimmer. Der "Billiardraum" des Kronprinzen Ernst August:


Das war das Reich von Prinzessinnen: 


Prinzessinnengang:



 ... und sie lebten auf ihrem Schloss glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage? Das wäre wirklich ein Märchen. Georg und Marie verweilten dort nur kurz. Sie flohen vor den Preußen, die das Königreich Hannover annektierten, nach Österreich.

Heute streiten sich um die Marienburg die Nachkommen: der Vater, Ernst August Prinz von Hannover, mit dem Sohn, Ernst August Erbprinz von Hannover. 

Die Heiratswilligen glauben aber, dass sich Marienburg unter einem guten Stern befindet. Jedenfalls gibt es keine freien Termine mehr in diesem Jahr.


Der hitzige Tag hat sich abgekühlt, während ich das Schloss besichtigte. Der Himmel verdüstert sich, es fängt zu regnen an.




Vorangehend:

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