Montag, 27. Februar 2017

Unsere Werte? Welche denn?

Wir sind eine westliche Wertegemeinschaft, wiederholen oft Politiker, wenn sie über Fundamente der Demokratie oder über eine zukünftige Richtung sinnieren. Die Werte selbst könnte man dabei als eine Mischung aus jüdisch-christlichen Wurzeln und amerikanisch angehauchten Menschenrechten sehen. Außerdem sind wir Kinder der französischen Revolution mit ihrer Losung: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.



Maßstab? Nein, Kostenfaktor


Was verstehen wir aber unter unseren Werten konkret? Sehr knapp könnten wir sie wie folgt darstellen: 

Der Mensch ist unser Maßstab. Wir schützen die Schwachen und sorgen für Gerechtigkeit 
in einer Gesellschaft, in der sich jedes Mitglied frei entfalten kann.

Mit der Wirklichkeit hat diese Darstellung jedoch nicht viel am Hut. Der Mensch verkommt in der sogenannten Sozialen Marktwirtschaft zu einem Kostenfaktor. Alles dreht sich ums Geld. Recht hat, wer Geld hat. Die meisten haben jedoch weder das eine noch das andere. Es sind einige wenige, die die ganze Kohle einbunkern. Daher sollten wir die Gerechtigkeit ganz vergessen:  Obwohl wir – die Armen – auf sie angewiesen sind.  Die Reichen beharren doch auf Ungerechtigkeit*) und setzen sich durch. 


Die Frage der Schuld


Verdienst du nichts, bist ein Unnütz – diese platte Grundeinstellung ist eine herrschende in der Politik und darüber hinaus. Der Umgang mit den Empfängern von Hartz-IV entlarvt jene primitive Haltung gänzlich. Wie sonst kann man die tagtäglichen Verletzungen von Menschenrechten der Langzeitarbeitslosen erklären? Ok, damit es die Gedanken dahinter deutlicher werden, formuliere ich die obige Einstellung um: Menschen, die nicht arbeiten, haben keine Rechte.  Es klingt… drastisch, entspricht aber der geltenden Praxis.

Diesen Satz wird man jedoch bestimmt nicht unterschreiben wollen. Er gehört auf keinen Fall zur Politischen Korrektheit.  Daher behilft man sich mit der Schuldzuweisung. Es solle nämlich welche geben, die ihre missliche Lage SELBST VERSCHULDET haben und andere, bei denen man keine Schuld nachweisen kann. 

Wer will dies aber mit Sicherheit unterscheiden? Ist eine als Kind missbrauchte Person, die unter Folgen ihr ganzes Leben leidet und sich in Alkohol oder Drogen flüchtet, wirklich selbst schuld?

Wie wäre es denn mit der Schuld eines Krebskranken? Solch eine Frage dürfen wir nicht stellen? Wieso? Er kostet die Gesellschaft doch auch viel Geld und vielleicht ist auch „selbst schuld“, bemühte sich zu wenig um eigene Gesundheit. 

Am letzten Beispiel sehen wir wie unsäglich das Argument der Schuld erscheint, wenn die Schuld-Frage das soziale Leben dominieren soll. Und was ist in diesem Fall mit unseren Werten? Welchen denn?


*) "Die Armen sind auf Gerechtigkeit angewiesen, die Reichen auf Ungerechtigkeit."  Bertolt Brecht

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