Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de
Kosmetische Korrekturen
An diesem System wollen die sogenannten Volksparteien keine grundsätzlichen Änderungen vornehmen. Es soll daher bei den kosmetischen Korrekturen bleiben: mal hier, mal dort etwas verschönern, aber keineswegs den Problemen auf den Grund zu gehen. Die so verstandene Kontinuität ist reaktionär und mutet feudal an. Die Regierungen, die sie befolgen, zeigen sich unfähig, die Kluft zwischen Arm und Reich zu verringern. Das haben sie auch nicht wirklich vor. Sie vertreten die Interessen der Reichen und lassen sich von ihnen auf verschiedene Art und Weise korrumpieren.
Soziale Gerechtigkeit?
Darf man im 21. Jahrhundert in einem der reichsten Länder nach sozialer Gerechtigkeit verlangen? Das ist mitnichten eine rhetorische Frage mit einer zwangläufig bejahenden Antwort. Die soziale Gerechtigkeit setzt genauso die gleichen Chancen voraus, wie die gleichen Möglichkeiten der persönlichen Entfaltung. Wenn man sie so definiert – und das tut zum Beispiel das Grundgesetz -, dann muss man ihre Existenz in Deutschland abstreiten.
Misshandlung der Schutzbefohlenen
Die Armut von Millionen der Kinder, die ihre Lage nicht selbst verändern können, ist der erschreckende Beweis für das Fehlen der sozialen Gerechtigkeit. Im reichen Deutschland wächst eine verlorene Generation von armen Kindern in armen Familien auf. Seit Jahren erscheinen Studien, die diese Situation genau beschreiben. Das Problem ist durchaus bekannt. Es fehlt nur der Wille, es zu lösen.
Es wäre die Aufgabe und die Verantwortung des Staates, die Rahmenbedingungen, die die Entwicklung von Kindern ermöglichen und ihnen gleiche Chancen in der Gesellschaft zusichern, zu erschaffen. Die Politiker sind aber damit beschäftigt, ihre Eltern anzuprangern und ihnen die Existenzgrundlage zu entziehen, statt an einer gerechten Gesellschaft zu arbeiten.
Die Benachteiligung der armen Kinder seitens des Staates erfüllt meines Erachtens den Tatbestand der Misshandlung von Schutzbefohlenen, nach § 225 StGB.
Bürger als Sünder
Die sträfliche Vernachlässigung der armen Kinder seitens des Staates geht mit der Gleichgültigkeit gegenüber ihrer Eltern einher. Trotz der boomenden Wirtschaft sinkt die Armut in Deutschland nicht. Im Gegenteil – sie wächst.
Ohne Bereitschaft zu grundlegenden Reformen wird sich an diesem Zustand auch weiter nichts ändern. Statt Klientelpolitik brauchen wir eine Politik, die die gesamte Gesellschaft ins Auge fasst und nicht nur ihre erfolgreichen Teile.
Anfangen müsste man mit dem Verzicht auf ein mittelalterliches Bild des Menschen als Sünders, wie Politiker die besonders benachteiligten Hartz-IV-Empfänger sehen, behandeln und öffentlich anprangern. Es ist nicht die Aufgabe der Politik, die Erwachsenen zu missionieren, sondern ihre Interessen endlich zu vertreten.
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