Freitag, 6. Februar 2015

Langzeitarbeitslose: gefangen in der Hartz-IV-Sackgasse

Der Staat scheint sie abgeschrieben zu haben. Man nimmt sie einfach in Kauf. Oder vielmehr schiebt man ihnen die Verantwortung für das jeweils aktuelle Übel. Obwohl die Langzeitarbeitslosen keine kohärente Gruppe sind, werden sie meistens so dargestellt und wahrgenommen: ungebildet, unwillig, faul.



81 % der Langzeitarbeitslosen weisen einen Schulabschluss vor


Die Zahl der Langzeitarbeitslosen stagniert seit Jahren, trotz einer guten Konjunktur. 2014 waren es 1,04 Millionen – 49 % aller Arbeitslosen. Die Hälfte ist länger als 2 Jahre arbeitslos. 

Wie sieht ein Durchschnitts-Langzeitarbeitslose aus? Er oder sie ist durchaus gebildet: 19 % haben zwar keinen Schulabschluss, was aber gleichzeitig bedeutet dass 81 % (die überwiegende Mehrheit also) sehr wohl ein Schulzeugnis besitzen. Oft fehlt ihm oder ihr eine formale Berufsausbildung –daraus lässt sich schließen, dass es sich vorwiegend um die Ausländer und Migranten handelt, die aus einem anderen Berufsausbildungssystem kommen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird eine langzeitarbeitslose Person weiblich sein: Die Bundesagentur für Arbeit (BfA) versucht diesen Umstand damit zu erklären, dass die Frauen „größeren Problemen“ gegenüberstehen, was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie betrifft, und ergänzt, dass die „Arbeitslosigkeit von Frauen auch etwas verhärteter als die der Männer“ sei.

Chancen der Langzeitarbeitslosen


Die Chancen, aus der Sackgasse herauszukommen, sind wirklich verschwindend gering. Die Möglichkeiten der Langzeitarbeitslosen eine Arbeit zu finden beschreibt aussagekräftig die „Abgangsrate in Beschäftigung“ und die beträgt:

1,5 %!


Wer also in die Langzeitarbeitslosigkeit abrutscht, soll sich von der Hoffnung verabschieden, seine Situation jemals ändern zu können.  

Täuschungsmanöver oder dreiste Ausnutzung


Unterdessen flossen und fließen immer noch (obwohl die Mittel stark gekürzt wurden) Gelder für die verschiedenen Maßnahmen, die anscheinend nichts bringen, außer dass sie die Taschen von den Anbietern der dubiosen Angebote auffüllen. An den Langzeitarbeitslosen kann man gut verdienen. Die Betroffenen haben nichts davon. 

Die oben genannte Abgangsrate veranschaulicht deutlich die Erfolglosigkeit eines existierenden Systems und das Versagen der Politik hinsichtlich der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in ihrer schlimmsten Form.

Was soll man mit den Langzeitarbeitslosen tun?


Es ist eine politische Frage, ob wir jene Menschen abschreiben, wie dies bis heute geschieht, oder die menschenunwürdige  Ausgrenzung und die staatlich verordnete Herabwürdigung beenden wollen. Eine Antwort, die sich zurzeit auf den Hartz-Gesetzen stützt und lautet: „Selber schuld“, ist eine Lüge. Man kann nicht ein strukturelles Problem zu einem individuellen erklären und die Augen vor der Wirklichkeit verschließen. 

Wir brauchen eine grundsätzliche Wende und keine kosmetischen Korrekturen. Wir brauchen eine Wende im Denken und Handeln.

Wie soll diese Wende aussehen? Entweder bringen wir die Langzeitarbeitslose in Arbeit, oder bezahlen wir ihnen eine würdige Existenz (Hartz-IV bietet dies nicht), statt sie für die verfehlte Politik zu bestrafen.

Ein paar Vorstöße


Anstatt der Aufforderung zum sinnlosen perfektionieren im Schreiben von Bewerbungen sollte die Arbeitsagentur direkte Kontakte zu den Firmen knüpfen und konkrete Stellen vermitteln. Dies setzt eine enge Zusammenarbeit der Arbeitsagentur und der Arbeitgeber im Alltag. Zurzeit aber berühren sich diese zwei verschiedenen Galaxien eher selten.

Die Devise sollte lauten: „kann nicht, gibt’s nicht.“ Eine wiederkehrende Einschränkung - die sog. Vermittlungshemmnisse, die die Arbeitsagentur bei den Langzeitarbeitslosen in den Vordergrund stellt, lasse ich nicht gelten. Eine der größten unternehmerischen Karrieren wie die von Friede Springer zeigt, dass man mit einer abgebrochenen Lehre erfolgreich arbeiten kann.

Wir sollen uns weniger auf die formalen Bedingungen konzentrieren, vielmehr die Chancen anbieten und nur berufsbegleitend weiterbilden, um die dubiosen Anbieter der sinnlosen Schulungen auszuschließen. 

Erforderlich ist auch die Beschaffung von den staatlich unterstützten Arbeitsplätzen. Damit meine ich keineswegs die menschenverachtenden 1-Euro-Jobs.

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