Freitag, 11. Oktober 2024

Es geht um den Rechtsstaat, stupid!

 Einmal wieder zerrt man die PiS-Partei, zurzeit in der Opposition in Polen, ins Rampenlicht der Öffentlichkeit, und beschimpft, sodass ich rufen will: Hey, die PiS regiert nicht mehr, schaut euch endlich an, was die Tusk-Regierung veranstaltet!

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Chaos und aktive Reue


Johannes Fechner, SPD, bezeichnet in seiner Rede im Bundestag die frühere PiS-Regierung als „autoritäre Machthaber“ und beschuldigt sie, das Verfassungsgericht lahm gelegt zu haben. 

Ähm, schon mal vom heutigen Zustand der Justiz in Polen Notiz genommen, Herr Fechner? Ich vermute, dass die Antwort Nein lautet. Denn kaum jemand behält in dem aktuellen Chaos den Durchblick. 

Wie es sich der Premier Donald Tusk den Rechtstaat vorstellt, lässt sich schwer sagen. Über Plattitüden kommt er nicht hinaus.  Er wolle das System verbessern, "damit man den Leuten Geld, Leid und Zeit ersparen kann". 

Diese Reform präsentiert dann, neben dem Premier stehend, der Justizminister und Generalstaatsanwalt Adam Bodnar. Was ihn hauptsächlich interessiert, ist die Abrechnung und Absetzung der sogenannten Neorichter (ernannt nach 2018). Er unterteilt jene in Funktionen in drei Kategorien (in Farben dargestellt - Grün, Gelb, Rot): Die erste Gruppe besteht aus Personen, "die keine andere Wahl hatten", weil sie frisch ihre Ausbildung beendet haben. Der Rest hatte diese Wahl und sich doch „für die Kariere nach 2018 entschieden". Wobei die einen nur, weil sie sich als Teil eines gemeinsamen Projektes gesehen haben. Ihre Beförderung wird jetzt rückgängig gemacht. Dagegen erscheint die letzte Gruppe als die schlimmste in Bodnars Augen: sie bewiesen nämlich „unwiderstehlichen Willen, in der Justizstruktur aufzusteigen“. Um überhaupt arbeiten zu dürfen, müssen sie ein Geständnis ablegen, dass dies „ein Fehler in ihrem Leben war“ und „aktive Reue“ (czynny żal) wie Verbrecher zeigen.

Gebrochene Rückgrate sind keine Reform 


„Wenn man in den Gerichten Säuberungen veranstaltet und den Richtern das Rückgrat bricht, dann handelt es sich um keine Reform, sondern um Diskriminierung“, lautet die Kritik von Richterin Monika Michalska-Marciniak, Initiatorin der Richtervereinigung „Aequitas“.

Im Gespräch mit der „Rzeczpospolita“ bemerkt die Richterin, dass es schon früher Versuche gab, einen politischen Einfluss auf die Richter zu nehmen. Aber Minister Bodnar diskriminiert Richter "im massiven Ausmaß". 

Die Reformpläne von Bodnar verblüffen sie:

„Ich konnte nicht glauben, dass ein Jurist, ein Professor einen derartigen Vorschlag legitimiert. Hier greift man in die Unabhängigkeit und Unabsetzbarkeit der Richter ein. Das alles widerspricht in eklatanter Weise der Verfassung. Meiner Meinung nach ist diese Ankündigung von Säuberungen (czystki) politisch motiviert. Sollte das gelingen, schafft man ein sehr gefährlicher Präzedenzfall für zukünftige Regierungen. Richter wird man dann unter jedem Vorwand absetzen können.“

Dudas Veto




 Präsident Andrzej Duda spricht sich entschieden gegen derartige Pläne aus. Auf einer wissenschaftlichen Konferenz am Obersten Gerichtshof sagte er:

"In einem demokratischen Rechtsstaat sind derartige Lösungen unzulässig, weil sie gegen die Verfassung verstoßen und Unabhängigkeit der Justiz verletzen. Ich versichere es Ihnen, dass ich bis zum letzten Tag meiner Amtszeit als Präsident derartige verfassungswidrige Regelungen mit allen mir zur Verfügung stehenden rechtmäßigen Mitteln verhindern werde." 

Unterdessen zählt Donald Tusk öffentlich die Tage bis zum Dudas Abschied, denn danach kann er machen, was er will.

Gott, steh uns bei!

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