Mittwoch, 1. Juni 2016

Wenn es so gut ist, wieso ist es so schlecht?

Durch das Land rollt eine Welle der Empörung über die rassistische Äußerung vom AfD-Vize Alexander Gauland. Der AfD-Mann soll gesagt haben, dass der farbige Spieler Jérôme Boateng (in Deutschland geboren!)als Fußballer zwar gut sei, aber niemand wolle solch einen Nachbar. Die Solidarität mit Boateng ist überwältigend. Alle wollen ihn auf einmal als Nachbar begrüßen. Entzückend!


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Bunte Smarties mit braunem Inhalt


Ist der Rassismus in Deutschland also ein seltenes exotisches Phänomen? Wer dies bejaht, muss meine Titelfrage beantworten: Wenn es so gut ist, wieso ist es so schlecht? Ich freue mich natürlich über die allgemeine Sympathie für Boateng. Das Problem ist damit aber nicht gelöst. Die grausame Fresse des Rassismus erschreckt mich nicht nur vor der rechten Seite. Obwohl von dort immer wieder aufs Neue die schlimmsten Vorschläge aus der Vergangenheit ausgegraben werden.

Wesentlich interessanter ist in diesem Kontext jene Frage, die Jakob Augstein auf Twitter gestellt hat: „Wie viele Deutsche sind wie Smarties: außen bunt aber innen ganz braun?“ Damit trifft er ins Schwarze. Jetzt haben wir den Farbensalat! Es geht hier nicht mehr um die politische Korrektheit des Gesagten oder Gezeigten. Es geht nicht mehr um das Schwenken von richtigen bunten Fähnchen bei der Demo.  Vielmehr geht es ans Eingemachte.

Richtig oder falsch, schwarz oder weiß


Rassismus will Menschen spalten. Sein Ziel ist die Diskriminierung und Erniedrigung der angeblich Nicht-Gleichwertigen. Der Status eines Menschen wird automatisch mit seiner „Rasse“, Herkunft oder Orientierung verbunden.  Die „richtige“ Eigenschaften belohnt man mit den Vorteilen, die „falschen“ bestraft man auf unterschiedliche Art und Weise. Rassisten sehen die Welt schwarz-weiß.

Rassismus bildet folglich eine bewusste oder unbewusste Grundlage  des Handelns von Menschen und Institutionen. Ja, Rassismus hat System. Oder anders gesagt: Es handelt sich hier nicht um einen individuellen Ausrutscher, sondern um ein Gruppenphänomen. Rassismus funktioniert erst in einer Gemeinschaft, er wird durch eine Gemeinschaft getragen. Ein einzelner Blödmann, der die rassistischen Parolen herausbrüllt, könnte höchstens ein Fall für den Psychiater sein. Dass er das nicht wird, liegt an der schweigenden oder auch lauten Unterstützung von vielen Gleichgesinnten. Rassismus wird uns meist anerzogen. Daher fällt es so schwer ihn auszutreiben, zu bekämpfen.

Menschenrechte light


Über einen institutionellen Rassismus spricht man dann, wenn die existierenden Strukturen und Gesetze eine Diskriminierung ermöglichen. Wir finden ihn überall in Deutschland: in der Schule, in den Behörden und in der Arbeit. Manchmal ist er schwer zu beweisen, wie zum Beispiel schlechtere Noten oder abgelehnte wegen Herkunft Anträge. Oder wie bei der grundsätzlichen Einstellung der handelnden Person, die von den Institutionen geduldet oder sogar empfohlen wird, dass das Fremde nicht so viel wie das Deutsche, also weniger Wert ist. Sozusagen: institutionell verordnete Richtlinie für die Menschenrechte light, die lediglich zur Hälfte oder zum einen Viertel gelten sollten, je nach Lust und Laune des entscheidenden Individuums.

Was sich dagegen offensichtlich auf die rassistische Ideologie stützt ist die Abwehrpraktik gegen das Fremde, die wir überall vorfinden, wo es um mehr geht: mehr Geld, Einfluss, Macht, Anerkennung. Schon die geltende und verpflichtende Art von den Bewerbungen um einen Arbeitsplatz ermöglicht das Aussortieren von den Andersartigen. Kein Wunder, dass sich Migranten so schwer durchsetzen können und dass sie in dem öffentlichen Dienst oder den öffentlich-rechtlichen Medien kaum vertretbar sind. Machen wir uns nichts vor: Das ist so gewollt. 


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