Sonntag, 31. August 2025

Merz und der Sozialstaat

 Was kann sich Deutschland leisten? Auf diese Frage antwortet Friedrich Merz ungefähr so: Zuerst solle man aufzählen, was wir uns NICHT leisten können. Und er setzt oben auf die Liste den Sozialstaat. 

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Wer wird das bezahlen?


Ganz will er den Sozialstaat aber nicht abschaffen. So grausam ist er doch nicht. Er stellt folgendes fest: „Wir können uns dieses System (Sozialsystem), das wir heute so haben, einfach nicht mehr leisten". In diesem Punkt stimme ich ihm sogar zu. Und auch mit dieser Aussage bin ich einverstanden: "Das wird schmerzhafte Entscheidungen bedeuten, das wird Einschnitte bedeuten". 

Tatsächlich brauchen wird radikale, also schmerhafte Entscheidungen. In was wir aber einschneiden, oder was wir abschneiden sollen, ist von ausschlaggebender Bedeutung. Merz rückt in den Fokus sofort das Bürgergeld. Und das nennt er die Systemänderung? Für mich sieht es nach einem Rückschritt und einer Wiederholung aus. Genau wie Schröder 2005 will auch Merz die Armen mit den Kosten der Wende belasten.  

Somit zeigt Merz deutlich, dass er dieses System nicht ändern will. Weil alles eigentlich beim Alten bleiben soll. Die Grundlage dieses Systems bildet eine monströse deutsche heilige Kuh – die Arbeitsagentur mit ihrem Sprössling, dem Jobcenter. Diese Institutionen gehören zu den größten deutschen Besonderheiten. Denn anders als in den Nachbarländern widmen sie sich nicht – wie man es vermuten könnte – der Vermittlung der Arbeitsplätze, sondern der Verwaltung von Arbeitslosen. 

Reformieren oder abschaffen?


Für meine These, dass Arbeitsagentur und Jobcenter nur Attrappen sind, die die Erfüllung ihrer essenziellen Aufgaben (Vermittlung der Arbeit) lediglich vortäuschen, liefert Merz selbst Argumente. In seiner Rede auf dem CDU-Parteitag zeigt er sich erschüttert: 

"Als ich vorgestern auf dem Weg nach Frankreich war, erreichte mich die Nachricht, dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland wieder über 3 Mio. eingestiegen ist. Und schauen wir uns die Arbeitslosenstatistik an, dann ist gleichzeitig dort nachzulesen, dass wir viele hunderttausend offene Stellen haben, die wir nicht besetzen können.“

Genau! Weil die zuständigen Institutionen – Arbeitsagentur und Jobcenter – nichts dafür tun. Meiner Meinung nach lassen sie sich auch nicht mehr reformieren. Daher spreche ich mich nicht zum ersten Mal für ihre Abschaffung aus. In einem Post aus der Zeit der Ampel-Koalition habe ich die Vorteile solch einer Entscheidung zusammengefasst:

„- Abbau der Bürokratie, die die Wirtschaft und Arbeiterschaft lähmt und für die Zukunft einen riesigen Klotz am Bein bedeutet, 
- enorme finanzielle Ersparnisse, die diese nutzlose Institution für den Erhalt eigener Existenz verbrät, 
- viele Gebäude, die man schnell in Wohnungen umwandeln könnte,
- eine Schar von Arbeitskräften, die woanders dringend gebraucht werden.“

Das wäre wirklich eine Systemänderung.

Freitag, 29. August 2025

Was man meinen darf oder nicht

 Weshalb haben die angeblich Guten von der angeblich richtigen Seite der Geschichte so viel Hass und Verachtung für Andersdenkende? Die Frage stelle ich mir in der letzten Zeit oft, auch in Verbindung mit der hiesigen Berichterstattung über Trump.

Ich bin nicht seine Anwältin, außerdem gar keine. Worum es mir aber geht, ist die Wirkung vom derartigen Journalismus auf das gesellschaftliche Klima. 

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Déjà-vu mit Populisten

Die Methode ist gar nicht neu. Sie etablierte sich hierzulande nicht zufällig während der Herrschaft von Angela Merkel. Denn sie ließ unverblümt durchblicken, dass sie sich nach der einfacheren Welt aus der Zeit des Eisernen Vorhangs sehnt. Zudem beurteilt sie das Leben in der DDR durchaus positiv. Was sie damals vermisste, waren Bananen. Ich sehnte mich dagegen nach Freiheit.

Die Kommunisten des Ostblocks (oder eher Realsozialisten) ließen keine sachliche Debatte zu. Ihre Gegner verunglimpften sie als Schwurbler (auf Polnisch: warchoły) und Feinde des Sozialismus. Mit Verboten und harten Strafen, aber auch politischen Morden, bekämpften sie ihre Opponenten.

Heute prangert man wieder Schwurbler an. Und Populisten (plus andere Kampfbegriffe, vom "Plagiatsjäger" auf X aufgelistet). Na gut, es wird nicht in der Politik und außerhalb der Mord als Mittel des Handelns eingesetzt, dennoch strebt man die Vernichtung des Widersachers an. 

Ideologischer Katechismus

Ich sehne mich nach Debatten, in denen das ganze Spektrum der Meinungen vertreten wird.

Ich sehne mich nach Sachlichkeit. Sehr.

Stattdessen observiere ich ideologische Grabenkämpfe. Eine Ideologie spielt die Rolle eines Katechismus für eine Partei oder eine Bewegung (wie z.B. Wokeness) Als Grundlage einer Diskussion ist sie aber absolut ungeeignet. Weil man an eine Ideologie entweder glaubt oder nicht. 

Schwarzes Bild mit einem Lichtblick

Tom Bohn, Regisseur und Drehbuchautor, präsentiert auf X einen Fall, für dessen Authentizität er bürgt. Es geht um ein persönliches Schicksal, aber die folgende Einschätzung hat allgemeine Gültigkeit:

„Aber dann kam die „Zeitenwende“ -und zwar nicht die von Olaf Scholz; ich hätte mir in meinen

schlimmsten Albträumen nicht vorstellen können, dass ich einmal in Echtzeit erlebe, wie sich

durch die Mechanismen der Propaganda, wie wir sie nur aus finsteren Zeiten oder totalitären

Systemen kennen (und die noch genauso funktionieren), ein demokratisches, westliches System,

eine freiheitliche Demokratie in einen Gesinnungsstaat verwandelt.“

Die Mundtot-Macherei ist eine wahre Seuche.

Obwohl ich ein ziemlich schwarzes Bild hier zeichne, sehe ich in der Gegenwart viele positive Beispiele, wie z.B. den Text von Svana Kühn über den Präsidenten des Friedens. Die Journalistin analysiert das Thema gründlich und sachlich, auch wenn sie nicht auf ihre eigene Sichtweise verzichtet. Sie lässt dennoch genug Raum dem Leser und dessen eigener Meinung.




Donnerstag, 21. August 2025

Ausflug nach Bremen: Das Prinzip Freiheit. Teil 4: Wie frei ist Kunst?

 Auf jeden Fall bietet Kunst – unter anderem die Musik - einen Ausweg und eine Rettung, dachten sich die vier alten Tiere aus dem Märchen der Brüder Grimm. Der Esel, der Hund, die Katze und der Hahn wollten Stadtmusikanten in Bremen werden, um ihrem schlimmen Schicksal zu entfliehen. Es blieb bei einem Traum. 

Schenkt uns Kunst also eine Illusion, die leben und überleben hilft? 

Wem es gefällt oder auch nicht

Die befreiende Wirkung der Kunst fürchteten und fürchten immer noch Tyrannen und Diktatoren jeglicher Couleur. Daher stecken sie Kunst in die Zwangsjacke der Vorgaben und Restriktionen. Daran musste ich denken, als die Wokeness-Bewegung klassische Werke zu zensieren und die chinesische Kulturrevolution nachzuahmen anfing. 

Wollte die Wokeness Artisten in Angst versetzen, damit sie nur der angeblichen Guten Sache dienen? Wie „Der Lichtbringer“ in der Böttcherstraße, der den Triumph des Guten über das Böse bezeugen sollte und der dem Irren mit dem Schnurrbärtchen gewidmet war? Der Führer fand es trotzdem nicht schön, es war ihm wahrscheinlich zu expressionistisch. .

In einer Reichsparteitagsrede schoss der Diktator scharf gegen die "Böttcherstraßen-Kultur" und wetterte gegen ihr ideologisches Fundament.“


Frühere Skulpturen des Expressionisten Bernhard Hoetger gefallen mir besser. Wie z. B. diese beiden:



Und dies ist die Ehefrau des Bildhauers - Lee Hoetger, portraitiert von Paula Modersohn-Becker:


Werke der früh verstorbenen Künstlerin kann man im beeindruckenden Museum in der Böttcherstraße bewundern, das 1927, 20 Jahre nach ihrem Tod, erbaut wurde. 



Paula Modersohn-Becker nahm sich die Freiheit, Konventionen zu missachten.






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Mittwoch, 20. August 2025

Ausflug nach Bremen: Das Prinzip Freiheit. Teil 3: Gruselig und biblisch

 Sollte sich der freie Mensch an Regeln und Gesetze halten? Ich bin eine echte Fanin von Gesetzen, die das demokratisch gewählte Parlament verabschiedet. Ferner stimme ich mit großer Überzeugung dem folgenden Prinzip zu: Es ist alles erlaubt, was nicht verboten ist (die Allgemeine Handlungsfreiheit im Grundgesetz). Daher hadere ich heftig mit den Regelungen, Verordnungen usw., die wie am Fließband außerhalb des Parlaments produziert werden und zum Teil rechtswidrig sind. 

Diesmal ging es nicht um ein Verbot, sondern eine höfflich formulierte Bitte, nicht zu fotografieren. Ich habs trotzdem getan! Nachträglich entschuldige ich mich in aller Form bei der wirklich netten Einlass-Dame zum Bleikeller, die von der ganzen Bandbreite der Reaktionen erzählte: einige Besucher rennen wortlos raus, andere verlangen ihr Geld zurück. Es gibt aber auch solche wie mich, die gern danach plaudern.

Im kalten Kellerraum

Früher lagerte man hier Blei, heute stellt man Mumien zur Schau:
16 Treppenstufen führen hinab in den kalten, mit Lampen ausgeleuchteten Kellerraum, der die acht Mumien beherbergt. Die Decken sind niedrig, die Wände weiß und teils mit biblischen Darstellungen, teils alten Mauerreliefs geschmückt.“



Es sind ungewöhnliche Mumien, denn kein Mensch verantwortet das Mumifizieren. Das Klima des Doms, wo die Leichen zuerst ruhten, hat sie konserviert. 
Die Toten wurden Ende des 17. Jahrhunderts von einem Gesellen des berühmten Orgelbauers Arp Schnitger entdeckt: In der Ostkrypta des Doms öffnete er mehrere Kisten und blickte auf die gut erhaltenen Mumien. Man geht davon aus, dass die Leichen im Klima des Doms schneller trockneten, als sie verwesen konnten und deshalb so gut erhalten sind.“
Im passenden Ambiente auf dem alten Relief entdecken wir die Schuldige für unser menschliches Leid: Hätte sie bloß nicht in den Apfel gebissen, würden wir noch heute im Paradies verweilen. Oder doch nicht? Verdanken wir nicht Eva unsere Existenz?


Quell und Trost

Draußen geht es weiter biblisch zu. Wir kommen fast ins Paradies - genaugenommen in den Bibelgarten, und blicken auf den Quell des Lebens: 
„Die vier Wege, in deren Kreuzung der Brunnen steht, symbolisieren die vier Paradiesströme: Es geht aus von Eden ein Strom, den Garten zu bewässern, und teilt sich von da in vier Hauptarme. (1. Mose 2,10)“ *)

Davor begrüßt uns der hl. Jakobus, der Schutzpatron der Pilger und Pilgerinnen.
„Viele sind von hier aufgebrochen nach Santiago oder auf andere Wege und kommen hierher zurück, um für eine glückliche Heimkehr zu danken.“ *)
Die Jakobsweg-Pilgerbewegung entstand bereits im 11. Jahrhundert.



In dem Maria gewidmeten Abschnitt des Bibelgartens findet man Trost, wenn man danach sucht.



*) Zitate aus der Broschüre „Begleiter durch den Bibelgarten“.


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Sonntag, 17. August 2025

Ausflug nach Bremen: Das Prinzip Freiheit. Teil 2: Gesche und die Grenze

Freiheit hat Grenzen. So glauben Christen, dass nur der Gott über das Ende des Lebens eines Menschen bestimmen darf. Hier verläuft also die Grenze der menschlichen Freiheit. Trotzdem begehen auch Christen Morde und die Todesstrafe wird auch in einigen christlichen Ländern bis heute verhängt und vollstreckt. Wie damals am 31. April 1831 in Bremen als Gesche Margarethe Gottfried, geborene Timm, hingerichtet wurde.

Der Schauplatz 

An die Hinrichtungsstelle erinnert der Spuckstein – ein Basaltstein mit eingekerbtem Kreuz (auf dem obigen Foto). Daneben verkauft man Nudeln.


Ein paar Meter weiter in die andere Richtung erhebt sich der tausendjährige St. Petri Dom, wo Gesche nicht nur gebetet hat, sondern ab 1798 am Religionsunterricht teilnahm. Während des Prozesses berichtete sie über ihren sozusagen direkten Draht zum Gott: sie hörte nämlich Gottes „herzliches lautes Lachen“, als sie „ohne die mindesten Gewissensbisse und in völliger Seelenruhe“ das Gift zubereitete. 







"Gesche Gottfried - eine Frau, die Rätsel aufgibt" *)

Mit 21 Jahren heiratete Gesche Johann Miltenberg. Nach sieben Jahren brachte sie ihren Ehemann um - ihr erstes Opfer. 
"Sie können sich leicht denken, dass ich nicht dazu gekommen wäre, wenn ich meinen Mann geliebt hätte. Da ich dies nicht tat, so kam ich auf den unglücklichen Gedanken der Vergiftung."
Insgesamt vergiftete sie 15 Personen, darunter ihre eigenen Kinder, Eltern, den Zwillingsbruder und Freundinnen.

Rainer Werner Fassbinder**) sah in ihr ein unterdrücktes Opfer in der patriarchalen Welt, das sich auf dieser Weise zur Wehr setzte.

Sie wurde zum Tod durch das Schwert verurteilt, eine Begnadigung lehnte sie ab. 30000 Menschen wohnten ihrer Hinrichtung bei.

Roland schaute nicht zu, er blickte zum Dom.





**) Rainer Werner Fassbinder: Bremer Freiheit. Ein bürgerliches Trauerspiel



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Freitag, 15. August 2025

Ausflug nach Bremen: Das Prinzip Freiheit. Teil 1: Roland und der Kriecher

 Wie steht es um die Freiheit in Deutschland heutzutage? Wird sie etwa gefährdet? Und wenn ja, von wem? Wie sollen wir sie schützen? Die Bremer wissen es; sie haben ihren Roland, den Wächter der Freiheit.

Ausgetauschter Kopf

Der Wächter der Freiheit hat seinen Kopf eigentlich verloren:
1982 wurde der Ritter enthauptet, um das Original vor dem weiteren Verfall zu bewahren. Obwohl der ihn umgebende Baldachin zeitweise einen Witterungsschutz trug, hatten Regen und Kälte dem Stein stark zugesetzt, Frostrisse durchzogen den Elmkalk. Mehrere Flickstellen, angestückte Partien und mit Zement verkittete Nähte und Sprünge  verraten das wahre Alter der jugendlich wirkenden Gestalt. Immerhin steht er schon seit 1404 auf dem Marktplatz, wo er im Zusammenhang mit dem Neubau des Rathauses errichtet wurde und seinen hölzernen Vorgänger ersetzte.“

Trotzdem ist er der größte. Als eine erste freistehende Statue des Mittelalters erreicht Roland zusammen mit Baldachin 10,2 m (ohne misst er 5,5 m). Leider verlor er seine bunten Farben, weil er im 18. Jahrhundert grau überstrichen wurde. Die Nazis missbrauchten ihn als Versteck und mauerten in seinem Bauch eine Schatulle mit Nazipropaganda ein. Jene wurde im Nachhinein historisch revidiert. Hier folgt die ganze Geschichte: 
Die Schatulle wurde lediglich geöffnet, ihr Inhalt entnommen – inklusive Überraschung in Form einer Karstadt-Tüte. „Das gab natürlich ein großes Hallo, denn diese Tüten gab es in den 1930er-Jahren, als man die Kassette einbaute, noch gar nicht“, erzählt der Stadtführer. Er hat die Erklärung für dieses Rätsel parat: 1984, also bevor die Figur offiziell geöffnet wurde, wurde der Kopf des Roland ausgetauscht, der durch den sauren Regen in den 1970er- und 1980er-Jahren angegriffen war. „Und bei dieser Gelegenheit haben Steinmetze, deren Chef die Geschichte der Kassette im Roland kannte, ihrerseits einen Kommentar geschrieben und diesen in einer Karstadt-Tüte auf die Schatulle gelegt.“ In ihrem Schriftstück erinnerten die Handwerker daran, dass durch Hitler Millionen Menschen sterben mussten. 
Die Dokumente aus dem Inneren des Rolands sind jetzt im Staatsarchiv aufbewahrt. Und der Roland ist bestimmt froh, dass man ihn von seinem düsteren Geheimnis befreit hat." 

Wessen Freiheit und wogegen

Zuerst wurde der Markt „befreit“, Im Jahr 965 erhielt Bremen aus der Hand Kaiser Ottos I. das Marktprivileg mit Marktzoll, Münzrecht und Marktgericht. Seit dem 13. Jahrhundert lebt Bremen nach Stadtrecht. 


Roland sollte von seiner Höhe aus über die Freiheit und Rechte der Stadt Bremen wachen, als sozusagen Bürgerrechtler, und sie vor weltlichen und kirchlichen Mächten schützen.
„Nichts verdeutlicht das Streben nach Unabhängigkeit mehr als der Roland, Bremens traditionelles Wahrzeichen. 1404 läßt der Rat - im Angesicht des erzbischöflichen Domes - den steinernen Roland als Symbol für städtisches Recht und Treue zum Reich errichten. Den Anspruch auf Freiheit und Reichsstandschaft verdeutlichen ebenso die Skulpturen des Kaisers und der sieben Kurfürsten der nur wenig später entstehenden Rathausfassade.“
 

Wer kriecht denn da?

Ziemlich unpassend zu hochtrabenden Emotionen und Parolen, die mit Freiheit stets verbunden werden,  erscheint ein Kriecher unter den Füßen von Roland. Dieser Krüppel verbildlicht den Helden aus der Sage Emma von Lesum:


„Die verwitwete Gräfin Emma von Lesum galt als fromm und wohltätig. Ihre Herzensgüte war bei den Bürgern bekannt, eine Eigenschaft, die ihren Schwager Herzog Benno von Sachsen zur Sorge um sein Erbe veranlasste. Einmal sprach die Gräfin zwei Bürgern mehr Weideland für ihr Vieh zu, "soviel ein Mann in einer Stunde umgehen könne". Ihr listiger Schwager wählte für diesen Ausmessungsmarsch einen Bettler aus, der sich ohne fremde Hilfe nicht bewegen konnte. Die Gräfin Emma jedoch legte ruhig ihre Hand auf seinen Kopf, betete und forderte ihn auf, es zu versuchen. Das Laufen gelang ihm nicht, aber er kroch. Die Bürger zogen sich enttäuscht zurück und hatten kaum Hoffnung, dass der Bettler eine besonders große Weidefläche "abkriechen" könne. Der "Krüppel" kroch jedoch beständig weiter und am Abend waren sie über das große Gebiet überrascht. Heute noch kennen wir dieses Gebiet als Bürgerweide. Die Bremer haben den "Krüppel" nicht vergessen und ehrten ihn zu Füßen des Rolands.“
Der Glaube macht Wunder wahr.


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Montag, 11. August 2025

Mit deinen Augen


 Warum etwas in den zwischenmenschlichen Beziehungen geschieht oder auch nicht, wissen wir selten mit absoluter Sicherheit. Wir irren unterwegs und schätzen Mitmenschen oft falsch ein. Jede Geschichte ist daher eine einzigartige. Meine Novelle erzählt den ersten Teil einer gewöhnlich ungewöhnlichen Historie.

Hier ist der Link zur PDF-Datei: Mit deinen Augen.

Mittwoch, 6. August 2025

Karol Nawrocki, der neue Präsident von Polen, und sein Plan

 Heute wurde Karol Nawrocki vor der Nationalversammlung vereidigt. Im Vorfeld sollte es putschartige Versuche gegeben haben (darüber informierte der Sejmmarschall Szymon Hołownia), dies zu verhindern. Wie man sieht, ohne Erfolg. 

Der neue Präsident skizierte in der ersten Rede seinen Plan für die nächsten fünf Jahre.

Screenshot 

Polen bleibt Polen

Nawrocki trat selbstbewusst auf und sprach frei, klar und unmissverständlich. Er begann mit dem wichtigsten Prinzip

„Die Republik Polen gehört allen Bürgern. Die oberste Gewalt in der Republik liegt beim Volk.“

„Rzeczpospolita Polska jest dobrem wszystkich obywateli. A władzę zwierzchnią w Rzeczpospolitej sprawuje naród.”

Es folgten Bekenntnisse zu EU, NATO, engen Beziehungen mit den USA und zum Bukarest-Format. 

Dass Polen sich in der EU befindet, bedeute aber nicht, dass Polen die EU sei: „Polen ist und bleibt Polen.“ („Polska jest Polską i pozostanie Polską“). 

„Ich lasse niemals zu, dass die EU Polen Kompetenzen entzieht, insbesondere in Angelegenheiten, die nicht in den europäischen Verträgen festgeschrieben wurden, und jene sollten nicht geändert werden.“

„Nigdy nie zgodzę się na to, by UE zabierała Polsce kompetencje, szczególnie w sprawach, które nie zostały zapisane w traktatach europejskich, a te nie powinny się zmienić.”

Verachtung und Vergebung

Nawrocki kritisiert aktuelle Zustände im Land und streckt gleichzeitig seine Hand aus. 

„Ich will klarstellen, dass ich meine Entscheidungen nicht nach politischen Lagern richten werde, sondern gegen diese Spaltungen, indem ich mich stets auf das polnische Volk beziehe und nicht auf politische oder parteipolitische Emotionen.“

„Chcę jasno zadeklarować, że swoich decyzji nie będę podejmował zgodnie z podziałami politycznymi, tyłko wbrew tym podziałom, podejmując zawsze decyzję, która odnosi się do narodu polskiego, a nie do politycznych czy partyjnych emocji.”

Diese Einstellung lässt sich auch mit den christlichen Grundsätzen erklären, die für Nawrocki die entscheidende Richtlinie darstellen; dazu gehören Liebe und Nachsicht mit Mitmenschen. 

„Die freie Wahl des freien Volkes hat mich hierher gebracht, trotz Wahlpropaganda, Lügen, trotz politischen Theaters und trotz der Verachtung, der ich auf meinem Weg zum Amt des Präsidenten begegnete. Als Christ habe ich vergeben und vergebe auch heute aus tiefstem Herzen all das, was während der Wahlen geschehen ist.“

„Wolny wybór wolnego narodu postawił mnie dziś przed Państwem. Postawił mnie przed Państwem wbrew wyborczej propagandzie, kłamstwom, wbrew teatrowi politycznemu i wbrew pogardzie, z którą się spotykałem w drodze do urzędu prezydenta Rzeczpospolitej Polskiej i wybaczałem jako chrześcijanin ze spokojem serca i z głębi serca wybaczam całą tę pogardę i to, co działo się w czasie wyborów.”

Mitfühlen mit Tusk

Unterdessen zeigen sich deutsche Medien besorgt und mitfühlend mit Donald Tusk.

„Die Regierung um Donald Tusk befürchtet genau das - dass Nawrocki wie sein Vorgänger Andrzej Duda zentrale Reformversprechen aufhalten will, letztlich um die 2023 abgewählte PiS zurück an die Macht zu bringen.“

Das deutsche Pro-Tusk-Lager ist sehr groß. Dazu zähle ich alle Merkelianer, geschichtsresistente Vertriebene (oder eher ihre Nachkommen) und die Verteidiger der EU als eines zentralistischen Konstruktes. Der ÖRR ergriff von Anfang an die Partei für Tusk, daran hat sich nichts geändert.


Freitag, 1. August 2025

Ausflug zum Preußeneck. Teil 2

 Neben der aktuellen Anlegestelle für die Fähren sieht man aus dem Wasser ragende Reste eines seinerzeit „Meisterwerks von Ingenieuren und Handwerkern“. Das ist der Unterbau des alten Fähranleger Eckwarderhörne, der 1909 fertiggestellt wurde. Danach legten hier Dampfschiffe an. Die Dampfer  "Eckwarden" und "Dr. Ziegner-Gnüchtel" machten beachtliche sieben Doppeltfahrten täglich.




Auf dem unteren Foto sieht man auch Muschelsammler:


Im nahen Eckwarden präsentieren sich Meisterwerke anderer Art. In der St. Lamberti Kirche bewundert man Arbeiten des Bildschnitzers Ludwig Münstermann ((geb. um 1570, gest. 1637/1638):  Altar, Epitaph und Taufbecken:
"Das Taufbecken steht auf dem umgedrehten unteren Ende der Kuppa des älteren Taufsteins aus dem 13. Jahrhundert. Es hat die Form eines Kelches auf sechseckigem Grundriss."




Die Inschrift vom Altar links lautet:
"Nemet hin, esset,  das ist mein Leib, der für euch gegeben wird."
.... und rechts:
"Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird."
Das Epitaph ist dem Vogt, also einem mittelalterlichen Beamten, der Mennt Syassen hieß, und seiner Familie gewidmet:


Die Orgel gestaltete Johann Claussen Schmid (1811 - 1881) aus Oldenburg:


Die Kirche macht einen gemütlichen Eindruck von innen. Die Außensicht wirkt imposanter: 



Der Glockenturm steht separat, direkt an der Straße:


Aus der Kirche nehme ich eine Anweisung mit auf den Weg:




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