Sonntag, 31. Juli 2016

Würde sieht schön auf dem Papier aus

Wir lassen Millionen von Abgehängten zu. Wir nehmen die millionenfache Armut, darunter von Millionen Kindern,  hin. Wo leben wir denn?


                                                                                        Wo leben wir denn? Foto Autorin

Schützt der Staat unsere Würde?


Müssen wir uns wirklich mit diesen Missständen abfinden? So ist das Leben und man kann nichts dagegen tun?

Bei der letzten Konferenz von der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die viel Aufmerksamkeit geweckt, aber wenig Neues gebracht hat, wurden wir von der höchsten Stelle an den schönsten Artikel des Grundgesetzes erinnert:

„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Weiter im Artikel 1 GG heißt es:

„Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

Tut der Staat dies? Schützt der Staat unsere Würde? Was ist denn mit der Würde von den Armen in diesem Land? Wie würdevoll ist es, Menschen dazu zu zwingen, für die Essensreste anzustehen, weil es sonst der Hunger droht? Wo bleibt denn die Würde von den Langzeitarbeitslosen, die für die verfehlte Politik herhalten sollen? Wie steht es um die Würde von den Kindern ohne Chancen?

Ist dieses hausgemachte Elend alternativlos?

Ruhe oder doch lieber nicht?


„In der Ruhe liegt die Kraft“ ist das Motto unserer Kanzlerin. Aussitzen und Ausschweigen mögen als politische Strategie sehr erfolgreich sein, als Regierungsprogramm taugen sie aber gar nichts. Die Probleme muss man angehen und lösen, weil sie nicht kleiner werden, wenn man sie verschleppt.

Nachdem wir uns also ausgiebig ausgeruht haben, runter vom Sofa! Doppelt gibt, wer gleich gibt. Verändern wir also endlich, was falsch oder gar nicht läuft. Und zwar schnell.

In meinem Blog habe ich bereits verschiedene Vorschläge unterbreitet. Hier zitiere ich einen davon:

„Niemand müsste in der Arbeitslosigkeit verzweifeln. Alle diese Stellen verbergen sich unter dem Namen: Ehrenamt. Das Ehrenamt hat eine Wandlung durchgemacht und verlor seinen ursprünglichen Sinn.  In der Gegenwart ersetzt es und verdrängt in vielen Fällen die regulären Arbeitsstellen.  

In seiner jetzigen Gestaltung steht das Ehrenamt in Konkurrenz zum Arbeitsmarkt und verstärkt dadurch enorm die existierenden Ungleichheiten. Hier finden wir die Quelle von Dumpinglöhnen mit dem absoluten Tiefpunkt von 0 €. In diesem Zusammenhang darf es auch nicht wundern, dass es zu 80 % Frauen sind, die ehrenamtlich schuften.“

Ein unrealistischer Vorschlag? Das erfahren wir nie, wenn wir ihn nicht ausprobieren. Schon morgen. Oder noch besser – heute.

Montag, 11. Juli 2016

Wäre Fanny so oder so böse geworden? Irrsinn, liebe Macher von „Janus“

Serien sind nicht mein Ding. In diesem Fall interessierte mich aber sehr das Thema, daher ließ ich mich darauf ein und schaute mir „Janus“, eine österreichische Serie, an. Nach der ersten Folge war ich angenehm überrascht und retweetete sogar eine Empfehlung. Inzwischen habe ich diesen Retweet gelöscht. Trotz guter Regie und beeindruckenden Schauspielern kann ich doch für solch einen Quatsch nicht werben!


                                                                                   Screenshot

Woher kommt das Böse?


Besonders hat mich verstört eine Aussage des filmischen forensischen Psychologen Leo Benedikt, der sich todsicher über Fanny, ein kleines Mädchen, ausgelassen hat:  

„Fanny fühlt keine Liebe, keinen Hass, aber wie gesagt, das ist nicht Ihre Schuld (an die Eltern gerichtet, Anm. GG). (…) Psychopathie ist angeboren.  (…) Fanny wäre so oder so böse geworden.“

Entschuldigung liebe Macher der Serie, diese angeblich wissenschaftliche Feststellung ist ein absoluter Irrsinn. Wer in einer Horror-Manier glaubt, dass das Böse vom Himmel schwuppdiwupp über uns wie ein Adler herfällt, oder dass wir vom Bösen wie nach einem Biss des Vampires infiziert werden, der verlässt die Realität und begibt sich in die gruselige Fantasie- und Märchengebiete, wo die Vernunft und die Wissenschaft nichts zu suchen haben.

In einem Kind ein Monster zu sehen und zu behaupten, dass es so auf die Welt kam, entschuldigt zudem jede Schweinerei, jede Misshandlung und jeden Missbrauch. Da wird hier die Ursache mit der Wirkung willkürlich vertauscht. Ein Kind soll schuldig und grundlos böse sein? Das ist eine Ausrede der Täter. 

Eine todsichere Prophezeiung


Zu behaupten, dass wir uns unabhängig von Umständen und Einflüssen entwickeln, ist eine einfältige Mär und eine völlige Missachtung sowohl der Psychologie als auch der Soziologie. Gleichen Wert hat die These, dass man trockenen Fußes auf dem Wasser laufen kann. Bekannterweise gelang das Experiment nur einem mit dem Namen Jesus.  Wir werden zu Menschen nur unter den Menschen mit allen Konsequenzen und Nebenwirkungen.

Daher wage ich eine todsichere Prophezeiung: Eine Pille, die alle psychischen Probleme heilt, wird es nie geben: 

„Ich bezweifle, dass man psychische Probleme mit den chemischen Stoffen beseitigen kann. Es ist zwar gut möglich, dass die Tabletten den Schmerz der Seele betäuben oder lindern. Kurzfristig, vorübergehend. Die gleiche Funktion erfüllen jedoch auch die zugelassenen und nicht zugelassenen Drogen: Alkohol, Marihuana, Koks und weitere Erfindungen des Menschen, die die Flucht aus der Realität ermöglichen oder erleichtern. Einige von ihnen besitzen sogar den Vorteil, dass sie eine ausschließlich pflanzliche Herkunft vorweisen. Die Psychopharmaka benebeln hauptsächlich den Verstand, wie die Drogen es auch tun.“ 
(Zitat aus meinem Buch "Wozu soll das gut sein?" )

Ich wage noch eine These: Die Suche nach dem Gen des Bösen ist zwecklos. Die psychischen Probleme und Krankheiten  entstehen im Verlauf des Lebens, begünstigt durch verschiedene Faktoren und Zustände.  Denn Bertolt Brecht hat recht, dass der Mensch gut ist, aber die Verhältnisse erlauben es nicht.

Donnerstag, 7. Juli 2016

Einfache Gedanken über schwierige Fragen zwischen Kommunismus und Kapitalismus

Was für die Kommunisten der „heilige“ Plan war (es galt der Plan, nicht die Wirklichkeit), ist für die Kapitalisten das „heilige“ Wachstum.  Sowohl die einen, als auch die anderen weisen eine religiöse Haltung gegenüber ihren Götzen vor. Auf gleiche Art beten die Kommunisten ihren Plan an, wie die Kapitalisten das Wachstum. Wachstum wovon? Von der Wirtschaft natürlich. Kann sie aber unendlich wachsen? Und vor allem – wozu?

                                                             Ein unendliches Wachstum? Foto: Autorin

Irgendwann kracht es


Die Frage nach dem Sinn bringt beide Lager in Erklärungsnot. Die Kommunisten antworteten auf die Zweifel nicht; sie steckten einfach ihre Feinde ins Gefängnis. Und manchmal brachten sie sie auch um. Die Kapitalisten entledigen sich ihren Gegnern auf ersten Blick unauffällig. Ihre Methoden sind raffinierter. Sie segregieren, selektieren und schließen aus. Beide Systeme richten den Fokus nicht auf das Wesentliche. Beide bestimmen diktatorisch die Regeln, nach der sich die Wirklichkeit zu drehen hat. Man könnte sagen, dass sie die Realität in die Zwangsjacke stecken. Daher kracht es früher oder später: entweder gibt es eine Revolution oder eine Krise. 

Der absolute Markt als Ziel?


Immer schneller, immer besser, immer produktiver soll der Mensch sein. Das Rennen selbst ist zum Ziel geworden.  Die Prämien gibt es – wie in jedem Wettlauf – nur für die ersten. Der Rest geht leer aus. Was sich jedoch im Sport vielleicht noch gerecht abspielt (wenn man das Doping ausblendet),  läuft relativ willkürlich auf dem Markt und in der Gesellschaft ab. Die Chancengleichheit ist eine Wahlparole ohne Inhalt, die Gerechtigkeit – nur ein Traum. Wozu also das Ganze? Wo rennen wir denn hin? Was ist unser Ziel? Der absolute Markt, der alles richten wird?

Wer soll jedoch diese Mengen von Waren kaufen, wenn die Armut stets steigt? Die gierige und menschenfeindliche kapitalistische Strategie beißt sich hier in den eigenen Schwanz und taumelt in die nächste Krise.

Ich spreche mich für einen wirklichen Wettbewerb aus. Den staatlichen Besitz durch einen privaten zu ersetzen, bedeutet für mich ein Monopol gegen ein anders auszutauschen. Genauso doof.  Wir brauchen unterschiedliche Formen, wobei ich die drei grundsätzlichen Säulen hervorhebe: genossenschaftliche, private und staatliche. Die Daseinsvorsorge muss staatlich bleiben, sonst macht sich der Staat erpressbar.

Der Einzelne ist Sinn


Individualisierung heißt das Zauberwort. Nicht die Massen, so wie Wladimir Majakowski, der tragische Held der Oktoberrevolution, die Maxime der Sowjets formulierte: "Der Einzelne ist Unsinn, der Einzelne ist Null". Jene Maxime, die der Kapitalismus mit gleicher Konsequenz vertritt, und der ich vehement widerspreche.

Der Einzelne ist Sinn! Das Verhältnis zwischen Staat und Bürger darf nur auf diesem Prinzip fußen. Für staatliche Institutionen muss daher gelten: Je schwieriger ein Fall, desto individueller die Beratung und Lösung. Genauso und nicht anders.  

Weil das Individuum das Maß der Dinge ist. Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen. Wir sind keine Kartoffeln, die man hin und herschiebt. Wir unterscheiden uns in unseren Lebensläufen und Gefühlen, wir verfügen über mannigfaltige Erfahrungen und Fähigkeiten. Jeder von uns ist das Subjekt der Menschenrechte.