Donnerstag, 31. Dezember 2015

Integration – ein Zugpferd oder eine Walze?

Die Integration ist in aller Munde. So verlangen die einen, dass sich die Einwanderer integrieren, sonst drohen sie mit den Strafen, die anderen schimpfen: Das geht doch nicht, man kann die Eingliederung nicht erzwingen. Dazwischen sind wir – Ausländer, Migranten, Fremde, Eindringlinge, wie man uns auch immer nennen will.


                                                                         Fot. Initiative Echte Soziale Marktwirtschaft 
                                                                        (IESM)  / pixelio.de

Das kleine große Wort


Wir – das kleine große Wort täuscht eine Einheit vor, wo es wenig Gemeinsamkeiten gibt.  Genauso wie hierzulande die unterschiedlichsten Deutschen leben, so finden sich auch allerhand Völker, Typen und Originale unter den Zugereisten.

Wer sind WIR also und wer seid IHR? Oder umgekehrt. Aber immer gibt es zwei  Seiten. Und eine Frontlinie. Das klingt nicht wirklich nach dem Willen, eins zu sein. Außerdem mischt sich noch die Kategorie „Nation“ hinzu. Obwohl sie einen historischen, geographischen oder statistischen Charakter hat und wenig für die Beschreibung der Wirklichkeit nützt. Es sei denn, man will die Spaltung zementieren und verhindern, dass sich das Fremde mit dem Eigenen vermischt.

Brauchen wir überhaupt die Integration?


Jeder soll doch nach seiner Fasson selig werden, hätte man sagen können, und den Nutzen der Integration verneinen. Das tue ich nicht. Von Anfang an gehöre ich zu den überzeugten Befürwortern. Es geht hier überhaupt nicht um die Frage, ob man für oder gegen Multikulti ist.  Das sind zwei verschiedene Spielwiesen. Der Multikulti-Begriff beschreibt lediglich die kulturellen Unterschiede. Im Grunde genommen gibt es sie überall, auch innerhalb von Deutschland.

Für mich ist die Integration gleich mit der Teilhabe zu setzen. Ohne Partizipation am gesellschaftlichen Leben gibt es keine Integration. Nochmals: Die Teilhabe bedeutet ein Teil dieser Gesellschaft zu sein – integriert zu sein, dazuzugehören.  Die Segregation ist das Gegenteil davon.

Verantwortung, verdammt!


In der aktuellen Situation - mit Massen von Flüchtlingen im Land - muss man zur Integration keine ernstzunehmende Partei überzeugen. Man streitet sich trotzdem darüber, wie sie vonstattengehen soll. Die CSU will die Peitsche schwingen und von den Einwanderern die Integration zwingend verlangen. Wie Heribert Prantl zutreffend bemerkt, es gibt zwei Seiten dieser Medaille: „Ein solcher Vertrag verpflichtet auch den Staat, das Seine zu tun.“ Ja eben! Ich würde noch einen Schritt weiter gehen und einfach behaupten, dass der Staat dazu verpflichtet ist, die richtigen Rahmenbedingungen für die Integration zu schaffen. Dafür muss der Staat die Verantwortung tragen, vor der er sich allerdings jahrzehntelang gedrückt hat.

Es ist also viel zu tun. Nicht nur die Fremden gibt es zu integrieren, sondern auch Menschen mit Behinderung, Hartz-IV-Empfänger, Homosexuelle usw.  Und die Bayern noch dazu (Scherz!). Die Integration ist die wichtigste politische und gesellschaftliche Aufgabe, sie ist ein Zugpferd und keine alles glatt machende Walze.


Samstag, 26. Dezember 2015

Was uns an Weihnachten heilig ist

Der weltweite Siegeszug von Weihnachten ist ein einzigartiges Phänomen. Das christliche Fest scheint sich dabei von seinem Ursprung - von der Religion - zu lösen und sich zu verselbständigen.  Menschen feiern um den Tannenbaum herum (oder seinen Ersatz), meist mit der Familie, beschenken die Kleinen und die Großen und kümmern sich kaum um die Idee dahinter. Weihnachten hat sich allmählich zu einem riesigen Geschäft entwickelt.



Status: es ist kompliziert


Darum geht es. Das Geld soll fließen. Je mehr, desto besser. Was für ein krasser Widerspruch zu den Hauptfiguren dieses wahr gewordenen Märchens! Übersetzt auf heutige Verhältnisse zelebriert man nämlich während Weihnachten absolute Versager: ein armes Paar, das gleich nach der Geburt als obdachlose Flüchtlinge weiter reisen muss. Die Frau bringt ein Kind zur Welt, dessen Vater nicht ihr aktueller Partner ist. Außerdem sind die beiden zwar verlobt, aber nicht verheiratet! Über den Status dieses Paares hätte man heutzutage also gesagt: es ist kompliziert. Die Geburt des nichtehelichen Kindes findet folglich in den Umständen statt, die dem gesellschaftlichen Rang von Maria und Josef entsprechen: in der Scheune. Das Kindlein hat kein Bett, es liegt in der Futterkrippe. Welche Mutter wünscht sich für den wichtigsten Tag ihres Lebens derartige Kulisse?

Heiliges Bild


Was ist die Moral dieser biblischen Geschichte? Zum einen könnte man bis zum Abwinken über das herrschende Bild der sogenannten Heiligen Familie lachen. Das Bild, das mit jenem Original nichts zu tun hat und das uns Heuchler und Fanatiker jeglicher Couleur aufzwingen wollen. Es passt wie der Igel zum Taschentuch. Aber die Verlogenheit und der Selbstbetrug halten sich hartnäckig. Viel interessanter ist jedoch die Frage nach dem Nutzen dieses Beschisses. Wer profitiert davon? Wieso wird die Kirche, und damit auch unsere Gesellschaft, auf einer Lüge aufgebaut? Ein Versuch darauf zu antworten, wäre die andere weitreichende Konsequenz der wahren Historie der Geburt Jesu. 

Aufgabe für die Mächtigen


Fassen wir jetzt das tatsächlich Heilige an der Weihnachtsgeschichte zusammen: Es ist nicht der Hochglanz-Schein, es sind die Armen, die in Not geratenen, die vom Leben nicht verschont wurden und die die Niederlagen, die Flucht und das Leid aus eigenen Erfahrungen kennen. 

Das Hauptereignis von Weihnachten -die Geburt Jesu - geht in der schlichtesten Umgebung vonstatten, wo ausschließlich das Wesentliche zählt. Dies wäre eine der möglichen Botschaften an uns: den Unterschied zwischen dem Wichtigen und dem Bedeutungslosen zu begreifen und danach zu handeln. 

Daraus muss sich die Aufgabe für die Mächtigen herleiten, die sich auf die christlichen Werte berufen. Nicht die Starken, die allein zurechtkommen, brauchen ihre Hilfe, sondern die Armen und die Schwachen.  Für jene tragen die Machthaber im weihnachtlichen Sinne die Verantwortung und dürfen sich davon nicht billig ausreden.

Daher erkläre ich hiermit jede Regierung, die vor dem Problem der Armut einknickt und statt es zu lösen, die Hilflosen wie eine Weihnachtsgans ausnimmt, als gescheitert. 

Montag, 7. Dezember 2015

Die Mächtigen und ihre Macht

Die Mächtigen wollen mächtig bleiben. Egal, um welches System es sich handelt. Sie alle kleben an der Macht. Mit dieser Seuche sind nicht nur die Großen dieser Welt infiziert. Jeder noch so kleiner Posten wird verbissen verteidigt. Es ist dabei unerheblich, ob der Gegner eine wirkliche oder lediglich eine imaginäre Bedrohung darstellt. Die Mächtigen wittern stets eine Gefahr. Obwohl man eher sie selbst  als ein Risiko für ihre Umwelt darstellen sollte. „Wer Macht bekommt, glaubt eher, sich um des eigenen Vorteils willen über Regeln und Umgangsformen hinwegsetzen zu dürfen“, sagt dazu der Psychologe Prof. Michael Schmitz.




Die Frage nach dem Grund


Wieso streben Menschen nach Macht? Des Geldes, des Einflusses wegen? Bestimmt ist das eine von vielen möglichen Antworten. Aber auch die Idealisten mit ihren hehren Zielen interessieren sich für die Macht. Weil sie auf diesem Weg ihr anspruchsvolles Programm durchsetzen können. Fatalerweise zieht sie ebenfalls die unzähligen gemeingefährlichen Kreaturen an. Jene, die die Welt als ihren persönlichen Spielplatz betrachten, wo sie schalten und walten wollen, wie es ihnen gefällt. Im Allgemeinen ist es schwer, die Motive hinter den Handlungen auf den ersten Blick zu erkennen.

Macht – eine harte Droge


Die Macht scheint auf die, die sie ausüben, wie eine Droge zu wirken. Die Mächtigen werden zu Süchtigen und wie die Süchtigen wollen sie immer mehr von ihrem „Stoff“ bekommen. Und genauso wie bei den Drogenkranken verändert der „Stoff“ ihre Persönlichkeit. Die einen heben ab, die anderen rasten aus und noch welche finden Spaß daran, ihre Mitbürger zu demütigen. Was ist aber der Wirkstoff darin? Die Kontrolle über die Menschen? Die Gewissheit, ihr Leben beeinflussen zu können? Zu befördern oder zu zerstören? Sich mal wie ein Gott zu fühlen?

Im Zentrum des Orkans


Brechen wir jetzt die allgemeinen Erwägungen auf die alltäglichen Arbeitssituationen herunter und blicken ins Zentrum des Orkans, was heißt – in die Augen der Chefin oder des Chefs. Meine These lautet: Je geringer die Kompetenz, desto ungemütlicher die Person. Umso mehr greift sie zu üblen Methoden, damit sie ihre Position behalten kann. Ihre Energie widmet sie weniger einer effizienten Arbeit der Untertanen, vielmehr beschäftigt sie sich mit dem Bekämpfen der potenziellen Konkurrenten. Denn die Erhaltung der Macht ohne Befähigung für diese Aufgabe ist eine sehr aufreibende Tätigkeit.

Dennoch hält sich mein Mitleid in ausgesprochen engen Grenzen. Gewiss gehört das Leiten von Menschen ausdrücklich nicht zu leichten Angelegenheiten – wie überhaupt jede Situation, in der wir über einen Menschen entscheiden -, dennoch finde ich keine Entschuldigung für den Missbrauch der Macht, der in den wenigsten Fällen vor Gericht landet. Vielleicht, weil wir alle unsere Erfahrungen in diesem Spiel sammeln, zum Beispiel in einer Liebesbeziehung, wo die Kraftproben ebenso geschehen. Aber das ist ein ganz anderes Thema.