Donnerstag, 30. Mai 2019

Wenn AKK und Rezo nicht miteinander können

Trotz des obigen Titels will ich mich hier nicht über die durch Rezo ausgelösten Äußerungen von Annegret Kramp-Karrenbauer empören. Obwohl ich jene Aussagen keineswegs akzeptiere. Ich ärgere mich gleichwohl über ihre scheinheiligen Kritiker. Woran ich mich bei ihnen konkret störe, sind eben die … Regeln; nicht jedoch diesmal die von AKK verlangten, sondern die mehr oder weniger ungeschriebenen, die man in den gegenwärtig das analoge und digitale Leben beherrschenden Gruppen oder Lagern aufstellt und hysterisch exequiert. Viele von den heute so lauten Kämpfern für die Meinungsfreiheit wollen im Grunde keine Freiheit für die Andersdenkenden. Innerhalb einer Gruppe oder eines Lagers gilt das Prinzip: Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns.



                                                                         Fotos von AKK und Rezo:  Screenshot

Maulkorb? Nein, danke!


Vielleicht liegt es an meiner Herkunft, vielleicht aber auch nicht. Wir aus dem Osteuropa scheinen uns auch nach Jahren immer noch ähnlich zu sein. Die Abstammung ist in diesem Fall zweitrangig, weil die gleiche Erfahrung der totalitären Übermacht die existenten Unterschiede überlagert. Wir, die Unterdrückten, gehörten dem gleichen Block an und trugen – natürlich nicht freiwillig – einen Maulkorb.

Wer uns jetzt in der freiheitlichen Demokratie einen Maulkorb verpasst, weckt schlechte Erinnerungen und Widerstand. Wieso sollen wir uns nicht frei äußern dürfen? Was AKK jetzt laut ausspricht, gilt doch längst um uns herum: sowohl offline wie online. Deswegen fallen die Reaktionen dermaßen heftig aus: Viele haben sich wie im Spiegelbild selbst erkannt. Wir diskutieren schon lange nicht mehr miteinander; stattdessen bekämpfen wir uns erbittert. 

Eine Debatte setzt per definitionem unterschiedliche Meinungen voraus. Wollen wir wirklich gesellschaftliche und politische Diskussionen im Keim ersticken und durch Beifall der Claqueure ersetzen? Sind wir nicht imstande, eine von unserer eigenen abweichende Meinung zu ertragen?

Hand in Hand in die Sackgasse


Die weihevollen Dogmen der Politiker, aber auch die politische Korrektheit führten uns seit Jahren in die Sackgasse, in der wir jetzt aufgewacht sind. 

Natürlich muss auch Freiheit ihre Grenzen haben. Jede Gesellschaft soll sie sichtlich markieren. Für Faschismus und Islamismus als antimenschliche Ideologien gibt es keinen Platz. Auf keinen Fall darf man jedoch diese Begriffe missbrauchen, um jeden „Verdächtigen“ leicht einzuordnen. Das verursacht Bagatellisierung der wirklichen Gefahren. Nicht alles passt in einen Topf. Die Welt hat mehr Farben als Schwarz und Weiß.


Führer und Verführer, Erleuchtete und Gurus nutzen unsere Schwächen und unsere Sehnsucht, uns endlich fallen lassen zu können. Wir geben an sie - vielleicht nur aus Bequemlichkeit, vielleicht aus Angst vor Herausforderungen - unsere Verantwortung ab; auch unsere Fähigkeit selbständig zu denken und zu urteilen. Wer sich dem Gruppenzwang stets beugt, der muss seine unterdrückte Aggression anders ausleben – er attackiert also die „Feinde“ der Gruppe. Ohne sie nach ihrer freien Meinung zu fragen.