Dienstag, 8. Juli 2025

Ein privates Treffen ganz politisch

 Wenn sich Politiker privat treffen, dann oft nicht um sich mit dem Smalltalk zu vergnügen, sondern um unter Ausschluss der Öffentlichkeit wichtiges zu besprechen. Über ein derartiges Treffen berichteten neulich ziemlich alle Medien in Polen. Das Nachrichtenportal „Okopress“ referiert mit Suspense: 

„Hołownia traf sich mit einem Kaczyński-Anhänger unter dem Schutz der Nacht: Journalisten von Radio Zet und Newsweek deckten auf, dass Sejmmarschall Szymon Hołownia den PiS-Abgeordneten Adam Bielan in seiner Wohnung am Donnerstagabend besuchte. Auch Jarosław Kaczyński sollte an dem Treffen teilgenommen haben.“

Screenshot

Diskrete Schritte 


Inzwischen hat Kaczyński seine Teilnahme bestätigt. Mit einer doppelten Verneinung:
„Ich sage nicht, dass ich nicht im Treffen teilnahm.“
Er betonte zugleich, dass man sich zur Diskretion verpflichtet habe:
„Ich weiß nicht, wieso die Vertraulichkeit nicht eingehalten wurde.“
Nach dem Thema des Gesprächs gefragt, verwies Kaczyński auf die Diskretion, die er nicht brechen wolle, was er aber sagen konnte, wirkte pathetisch: "Wir sprachen über die Rettung von Polen."

Ob er mit dem Resultat des Treffens zufrieden sei, ergründete eine Journalistin.
„Das ist Politik. Schritt für Schritt. Wenn wir den ganzen Weg schaffen, werde ich zufrieden“, antwortete Kaczyński.

Sturm danach


Szymon Hołownia äußerte sich ebenfalls zum Treffen, das einen politischen Sturm ausgelöst hat. Denn der Sejmmarschall vertritt die regierende Koalition und somit gehört dem mit der PiS „verfeindeten“ Lager an. Hołownia verteidigte seinen Besuch bei dem PiS-Abgeordneten als eine Maßnahme gegen die Polarisierung, die "das Krebsgeschwür unserer Politik“ sei. Man müsse miteinander reden. 
„Das tue ich und das werde ich tun. Ich bin vielleicht aktuell (hoffentlich nicht für immer) der einzige Politiker im zerrissenen Polen, der dazu in der Lage ist.“
Der Zeitpunkt des Treffens ist genauso brisant. Die Präsidentschaftswahl hat Karol Nawrocki, unterstützt von der PiS, gewonnen. In der Koalition kracht es deswegen ziemlich laut. Tusk will die Regierung reorganisieren. Und Koalitionäre spielen mit dem Gedanken, den Premier auszuwechseln.

Das Portal „Okopress“ schreibt dazu:
„Das Treffen in der Wohnung eines Politikers der PiS gewinnt zusätzlich an Bedeutung. Die Anwesenheit des Vorsitzenden der PiS, Jarosław Kaczyński, des Sejmmarschalls Hołownia und eines Politikers, der im Wahlkampf von Karol Nawrocki eine wichtige Rolle gespielt hat, könnte Spannungen in der Koalition beweisen.“

Diner mit dem Satan


Die Kritik aus dem Regierungslager reißt unterdessen nicht ab. Inzwischen hat Hołownia den Ort des Treffens als Fehler eingeräumt, nicht aber das Treffen selbst.

„Ich habe Prügel bekommen; weil ich mich mit dem Satan getroffen habe, wie konnte ich das bloß tun. Ich glaube aber nicht, dass Kaczyński Satan sei. Wenn halb Polen heute hinter ihm steht, habe ich die Pflicht, mit ihm zu reden“, erklärte Hołownia heute in einem Radio-Interview.

Mittwoch, 18. Juni 2025

Wissenschaft im Zeichen von Trump

 Die Wokeness wollte das Paradies auf Erden erschaffen. Den Weg dorthin sollte eine echte Kulturrevolution ebnen. Die chinesischen Vorbilder kehrten plötzlich aus dem Jenseits zurück. Das Alte, Rückständige müsse auch physisch vernichtet oder wenigsten im neuen Geist korrigiert werden. Was wäre aber ein Paradies ohne sein Gegengewicht – die Hölle? Diesen Raum reservierten die Woken für alte, weiße Männer. Zum Hauptgegner erkor man Donald Trump. 

In diesen Kontext lässt sich der Gastkommentar von Kira Vinke im „Handelsblatt“ platzieren. Der Titel lautet durchaus alarmistisch: "Was die Zerstörung der US-Wissenschaft für die Welt bedeutet".


 Die lieben Moneten

„In den US-Wissenschaften herrscht Chaos: Internationale Studenten bangen um ihre Visa, Universitäten kämpfen um ihre Wissenschaftsfreiheit“, stellte die Autorin fest. Ich stolpere sofort über die angebliche bis dato herrschende „Wissenschaftsfreiheit“. Das woke Verständnis von Freiheit beinhaltet unter anderem die Zensur, den Index, den Zwang zum Gendersprache, die Segregation von Themen und Menschen. Dieser Katalog des Grauens hat weder etwas mit Freiheit noch mit Wissenschaft zu tun. Hier begeht man den Missbrauch beider Begriffe. Gleich im nächsten Satz erfahren wir, worum es wirklich geht: Donald Trump hat im Haushaltsentwurf Kürzungen vorgesehen. Alles klar! Es geht ums Geld! 

Bitte pusten!

Kira Vinke beweint entlassene "brillante Wissenschaftler und gewissenhafte Arbeiter". Sie meint aber mitnichten die zerstörten Karrieren und Rufmorde, die die Wokeness mit chinesischem Eifer vollendet hat. Kurz gesagt: Vor Trump sei alles paletti gewesen, jetzt sei alles schlecht. 

Dann denunziert die Autorin Elon Musk, "der Berichten zufolge schwer drogenabhängig seinen Posten (DOGE) ausführte". Konsequenterweise sollte sie jetzt einen täglichen Alkohol- oder Drogentest für Studenten und Wissenschaftler an den Universitäten verlangen. Das tut sie aber nicht. Wieso eigentlich? Derartiger Vorschlag ergibt sich doch als logische Folgerung aus ihren Ausführungen.

Im Eifer des Gefechts

In Rage schießt sich Frau Vinke ins Knie, indem sie folgendes schreibt:

„Schon 2023 überholte China die USA im sogenannten Nature Index, welcher die wissenschaftlichen Leistungen vergleicht.“

Schon 2023? One moment please! Das kann doch nicht auf die Kappe von Trump gehen! Eindeutig sind die Woken daran schuld!



Sonntag, 15. Juni 2025

Das Fotografieren in Zeiten des Verbots in Polen

Nachdem am 17.04. in Polen das „Verbot des Fotografierens von Objekten mit besonderer Relevanz für die Sicherheit oder Verteidigung des Staates“ in Kraft getreten war, fürchtete ich, dass ich demnächst lediglich Tierchen und Landschaften abbilde. Denn auf keinen Fall wollte ich meine alte Kamera verlieren und im Gefängnis landen. Gesagt, getan. Ich begann diesmal vorsichtig:





Sein Bild kann in Polen doch nicht verboten sein - jedenfalls noch nicht -, dachte ich später.




Auf dem Gemälde über der Pieta sieht man den Seligen Pier Giorgin Frassati, den Patron von Studenten.
“Seine Heiligsprechung ist für den 7. September 2025 angekündigt worden.“ (Wikipedia).

Ziemlich schnell unterlag ich aber der Anziehungskraft des Verbotenen und startete einen Versuch:


Wobei ich vergeblich nach Verbotsschildern suchte. Daher beschloss ich, mich bei einem Fachmann zu informieren, und fragte einen Wachmann im Niederschlesischen Wojewodschaftsamt, wo Donald Tusk seine Show-Sitzungen des Krisenstabs im September 2024 abhielt. Der Wachmann war sichtlich überrascht.
- „Ein Verbot? Leute laufen hier rum und machen Fotos“, erklärte er knapp. 
- „Sie werden also meine Kamera nicht beschlagnahmen, wenn ich hier fotografiere?“
Er warf seinen Kopf nach hinten und lachte laut auf. Die bloße Vorstellung einer derartigen Aktion mutete ihn anscheinend absurd an. Seinerseits habe ich also nichts zu befürchten. So ermutigt schoss ich Bilder von vorne:


… von hinten ...


… und mit Ausblick auf die Oder.


Auf diesen Treppen beobachtete ich im September 2024 mit zwei Feuerwehrmännern das Absinken des Flusspegels:


Währenddessen vermutete ich stark, dass die Freiheit meines Handelns mit dem Sieg dieses Mannes in der Stichwahl zusammenhängt: 



Donnerstag, 29. Mai 2025

Die Stichwahl in Polen und die Tusk-Methode

 Am Sonntag, den 1.06. findet in Polen die Stichwahl statt. Sie spaltet das Land in zwei Lager: pro und gegen Tusk. Nein, Tusk ist kein Präsidentschaftskandidat, trotzdem geht es eben um ihn und sein Projekt, in dem die einen die Rettung, die anderen den Untergang des Landes sehen. 

Der polnische Präsident verfügt über viel mehr Macht als in Deutschland und gestaltet aktiv die Politik mit. Wenn also Tusks Kandidat Rafał Trzaskowski gewinnt, wird sich sein kommunistisch eingefärbtes System schließen (domykanie systemu), was bedeutet, dass Tusk dann durchregieren kann. Derartiges Wahlergebnis versteht besonders die PiS, die den parteilosen Karol Nawrocki unterstützt, als eine todernste Bedrohung. Ich teile diese Meinung. Wegen der Tusk-Methode.

Bogdan Rymanowski stellt Tusk die Frage nach Beweisen. Screenshot

Muster im Theater


An Worten wird man Tusk niemals erkennen. Was er gestern noch geschworen hat, dem widerspricht er vehement am nächsten Tag. Seine Taten sprechen dagegen eine eindeutige Sprache und zeigen leicht erkennbare Muster. 

Seine Methode besteht aus den Fähigkeiten, die Donald Tusk als sozusagen Lehrling bei Angela Merkel erworben hat. Während aber seine Meisterin lieber hinter den Kulissen agierte und ihre politischen Gegner „abmurkste“, ohne Spuren zu hinterlassen, liebt er das große Theater, die laute Show, und überzeichnet gern. Außerdem greift er stets zu den durch Kommunisten erprobten Praktiken, die sie während des Kriegsrechts (ab 13.12.1981) eingesetzt hatten. Dabei achtet Tusk auf die Detailtreue. 

Auf dem Weg zu seinem Ziel - der absoluten Macht – braucht er zwar Verbündete, er manipuliert sie jedoch und spielt gegeneinander gekonnt aus. Zudem ist er ein Kontrollfreak und lässt die Fäden nicht aus der Hand. 

Alte Masche im neuen Gewand 


Vor allem wühlt Tusk bereitwillig im Dreck. Das zeigt auch die vorläufig letzte von ihm konstruierte Affäre, die in Wirklichkeit keine ist. Direkt vor der Stichwahl attackiert Tusk erneut den PiS-Kandidaten Karol Nawrocki mit voller Wucht und beschuldigt ihn, ein Bandit, also ein Teil der kriminellen Welt zu sein. Das tut Tusk unter anderem auf der Demonstration in Warschau am 25.05., was das ZDF-Heute-Journal gerne und kommentarlos ausstrahlt. Denn hierzulande verbreiten Medien Tusks Propaganda, als ob es um Fakten ginge.

Nach bekanntem Paradigma posaunt Tusk auch hier eine Unterstellung als bewiesen heraus. Es bleibe immer etwas vom Dreck an dem Beschuldigten hängen, denkt er sich bestimmt dabei. In diesem Punkt verkörpert er ganz einen alten Griechen. 

Ich glaube nicht, dass Tusk einen moralischen Kompass besitzt. Womit es ihm durchzukommen gelingt, erklärt er zur Norm.

Im neuesten Interview mit Donald Tusk stellt Bogdan Rymanowski auf Polsat eine simple Frage und wird dafür von Karols Nawrocki Anhängern auf Social Media gefeiert: 

„Haben Sie Beweise dafür, dass Nawrocki auf irgendeine Weise mit dem kriminellen Milieu zu tun hat? Er wäre längst im Gefängnis, wenn derartige Beweise existiert hätten, Das ist jedenfalls meine Meinung.“

Tusk bleibt Tusk und antwortet wie gewöhnlich mit einer Verleugnung: Er habe nichts Derartiges gesagt. Dann kommt ein Aber, also die Wiederholung der Vorwürfe in der abgemilderten Form – eine von seinen alten Maschen. Nawrocki könne doch nicht Kontakte mit zwielichtigen Personen abstreiten. 

Eine sachliche Diskussion mit Tusk erscheint mir als eine Sache der Unmöglichkeit. Er behauptet, dass er links sei und weht mit Regenbogen-Fähnchen, betreibt aber eine knallharte neoliberale Politik, die an den Raubkapitalismus erinnert, privatisiert, was er in die Finger kriegt, ohne Regel und Gesetz, und schreit dabei laut, dass er den Rechtsstaat verteidige, wobei man ihn selbst als die größte Bedrohung sehen müsste. Außerdem betreibt er Geschichtsrevisionismus und relativiert die Verbrechen der Nazis.

Das sind für mich ausreichende Gründe dafür, dass ich dem Tusks Kandidaten Trzaskowski von ganzem Herzen eine Niederlage an diesem Sonntag wünsche.

Donnerstag, 22. Mai 2025

Eine Woche vor der Stichwahl in Polen

 Zu meinem heutigen Post hat mich ein Beitrag auf X animiert. Darin empört sich Max Hübner, ein PiS-Anhänger, über einen Text in der Zeitung „Rzeczpospolita“, die nicht als PiS-freundlich gilt. Er liefert auch das besagte Schriftstück dazu:

"Ich habe speziell für Euch den ganzen Hassartikel von Marek Migalski, dem inoffiziellem PO-Spindoktor, aufgenommen. Falls es "verschwinden" sollte."


Einmal Skandal, bitte!


Der Titel des erwähnten Artikels ist lang und eigentlich harmlos: "Der Favorit in den Wahlen heißt Karol Nawrocki. Rafał Trzaskowski muss riskieren". Das Verb "riskieren" ist per se nicht negativ. In der Bedeutung "etwas zu wagen" klingt es sogar mutig. Herr Migalski („ein polnischer Politologe, politischer Kommentator und Mitglied des Europäischen Parlaments“, Wikipedia).versteht darunter allerdings etwas anderes. Das erfahren wir bereits im Vorspann (Lead):  
„Verlaufen beide Demonstrationen an diesem Sonntag friedlich, verliert Rafal Trzaskowski Chance auf die Präsidentschaft. Es liegt in seinem Interesse, dass es zu „skandalösen Szenen“ (gorszące sceny)  kommt.“
In Verbindung mit der Behauptung „Trzaskowski muss riskieren“ erscheint die Aussage, dass eine Störung der Demonstrationen in seinem Interesse sei, in ganz anderem Licht. 

Demonstrationen und Provokationen


An diesem Sonntag, dem 25.05., eine Woche vor den Stichwahlen am 1.06., organisieren die zwei politischen Lager der aussichtsreichsten Kandidaten Karol Nawrocki (parteilos, unterstützt von der PiS) und Rafal Trzaskowski (Vizechef der PO, Bürgerplattform, von Tusk) große Demonstrationen in Warschau. 

Marek Migalski sieht darin die letzte Möglichkeit für seinen Kandidaten Trzaskowski, das Ruder herumzureißen. 

„Sollte alles korrekt verlaufen, wird Trzaskowski seine letzte Chance auf die Präsidentschaft verlieren. So brutal und zynisch es auch klingen mag, es ist in seinem Interesse, dass beide Demonstrationen durch skandalöse Vorfälle gestört werden. Weil man nur dann dafür die PiS beschuldigen und den Sieg des „Tusk-Vertreters“ als Remedium gegen den „Bürgerkrieg“ präsentieren kann.“

Das von Migalski grob skizzierte Szenario wird sich am Sonntag mit großer Wahrscheinlichkeit bewahrheiten. Das traue ich dem Team-Tusk zu. Donald Tusk, aktueller Premier und polnischer Moriarty, hat unzählige Male bewiesen, dass ihn weder Gesetze, noch die Verfassung oder politische Gepflogenheiten hindern können, wenn er zu seinen Zielen vorprescht. Seit Jahren probt er unlautere Methoden aus. Er greift auch gern zur alten Kiste der Praktiken aus den Zeiten des Kriegsrechts.

Übrigens, in Deutschland drohen für die Störung von „nicht verbotenen Versammlungen oder Aufzügen“ bis zu drei Jahre Gefängnis.

Sonntag, 4. Mai 2025

Fotografieren verboten! Wie die Regierung von Donald Tusk Polen in ein Irrenhaus verwandelt

 Das untere Foto hätte ich heute vermutlich nicht machen dürfen. Es zeigt eine Brücke – also ein strategisches Objekt. Wenn ich es dennoch beim nächsten Besuch als Wiederholungstäterin trotzdem tue, werde ich hart bestraft. Wahnsinn!

Most Grunwaldzki - Grunwaldbrücke -, Wrocław

Kritisch relevant

Am 17.04. traten in Polen neue Vorschriften in Kraft. Demnach wird das Fotografieren von rund 25.000 Objekten und Orten verboten.

„Verbot des Fotografierens von Objekten mit besonderer Relevanz für die Sicherheit oder Verteidigung des Staates.

Es ist verboten, ohne Erlaubnis zu fotografieren, zu filmen oder auf andere Weise ein Bild oder Abbild aufzunehmen von:

1) Objekten von besonderer Bedeutung für die Sicherheit oder die Verteidigung des Staates, Objekten des Verteidigungsministerium, die nicht als Objekte von besonderer Bedeutung für die Sicherheit oder die Verteidigung des Staates eingestuft wurden, Objekten der kritischen Infrastruktur, wenn sie mit einem Zeichen versehen sind, das dieses Verbot zum Ausdruck bringt, 

2) Personen oder bewegliche Gegenstände, die sich in den im Punkt 1 genannten Objekten befinden.“

Da kommt mir gleich die folgende Frage in den Sinn: Was ist mit den Fotos, die zwar nicht die verbotenen Objekte zeigen, aber von diesen Orten aus gemacht wurden, wie mein unteres Foto?  Die Brücke sieht man eigentlich nicht, nur ein Stückchen vom Pfeiler. Oder ist der Ausblick von dorthin auch verboten?


Fürchte dich!


„Fürchte dich“ scheint das Motto von Tusk zu sein. In der Bibel steht zwar das Gegenteil drin – "Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir" -, Tusk ist aber nicht gläubig.  Es reicht ihm nicht mehr, die Opposition zu verfolgen und einzubuchten. Er will jetzt allen Menschen Angst einjagen. Deswegen trifft er dort, wo es weh tut. Weil sich das Fotografieren in den Zeiten des Smartphones zum Volkssport entwickelte, verbietet er eben dies.

Das Verbot richtet sich nicht nur gegen Einheimische, sondern auch gegen allerlei Besucher und Touristen. Deswegen warnt das Auswärtige Amt vor den Reisen nach Polen:

„Seit dem 17. April 2025 gilt in Polen ein umfassendes Fotografierverbot für militärisch und strategisch wichtige Einrichtungen und Objekte wie zum Beispiel Militäranlagen, Lager strategischer Reserven, Brücken, Viadukte, Tunnel, bestimmte Seehäfen, Einrichtungen der Kommunikationsinfrastruktur sowie Einrichtungen der Polnischen Nationalbank und der Bank Gospodarstwa Krajowego. Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Jedes betroffene Objekt ist mit einem Hinweis auf das Fotografierverbot gekennzeichnet, die Kennzeichnung kann jedoch unter Umständen schlecht sichtbar oder nicht eindeutig erkennbar sein. Bei Verstößen droht die Beschlagnahmung der Ausrüstung sowie Geld- oder Haftstrafen.“

Auch du gehörst zu den Verdächtigen


Donald Tusk erklärt mit seinem Verbot uns alle zu Verdächtigen. Wir sind potenzielle Spione und die von uns geknipsten mehr oder weniger gelungenen Bildwerke dienen angeblich nicht der Erinnerung, sondern dem Feind. 

Unterdessen lachen sich echte Agenten schlapp. Denn sie haben ganz andere Möglichkeiten, Bilder aufzunehmen. Außerdem gibt es auch für Ottonormalverbraucher und Hobbydetektive unzählige nicht zu teure Geräte, online und offline zu kaufen, die das unauffällige Fotografieren ermöglichen, z.B. Spionagekameras im USB, Kameras in der Powerbank oder Uhren mit Kamera.

Allen Normalos, wie auch mir, bleibt in Polen nichts anders übrig als weitgehender Foto-Entzug. Ich werde demnächst lediglich Flora und Fauna porträtieren. 




Mittwoch, 30. April 2025

Inflation des Faschismus

 Glaubt man den lauten Unkenrufen, versinken wir soeben im Ozean des Faschismus, oder stehen kurz vor der Katastrophe. 

Unterdessen widerspricht der gesunde Menschenverstand: Man kann nicht jede Person, die einem nicht in den Kram passt, zum Faschisten erklären. Die ganze Menschheit bestehe doch nicht ausschließlich aus Faschisten.

Dennoch warnen auch gemäßigte Beobachter der Realität ebenso vor der Gefahr: Wehret den Anfängen. Ja gut, wie sehen die Anfänge aber aus? 

Screenshot, Quelle: YouTube

Am Anfang war ein Symbol


Der Begriff selbst hat eine ziemlich harmlose Herkunft:

„Das Wort Faschismus hat seine Wurzeln im italienischen fascio, Rutenbündel. Es stammt aus dem lateinischen fasces, jener von einem Bündel hölzerner Ruten umschlossenen Axt, die bei öffentlichen Aufzügen zum Zeichen der Macht und der Einheit des Staates vor dem Magistrat von Rom hergetragen wurde. Vor 1914 wurde die Symbolik der fasces gewöhnlich von der Linken verwendet.“

Am Anfang stand also ein Symbol, das u.a. in der Französischen Revolution sowie am Lincoln Memorial in Washington vorkam - absolut unverdächtig.

Fascio bedeutete für italienische Revolutionäre des  XIX Jh. so viel wie Bund und gegenseitige Solidarität und setzte somit Empathie und Verantwortung füreinander voraus. Ehrbar!

Dann kam Mussolini


Der Faschismus – der italienische zumindest – wurde offiziell am 23. März 1919 geboren (die Bewegung existierte jedoch schon ab 1915). 

„An diesem Morgen trafen sich etwa mehr als einhundert Personen, darunter Kriegsveteranen, Syndikalisten, die den Krieg unterstützt hatten, und Intellektuelle aus der Bewegung des futurismo sowie einige Reporter und Neugierige im Sitzungssaal der Mailänder Industrie- und Handelskammer, von dem aus man die Piazza San Sepolcro überblicken konnte, um „dem Sozialismus den Krieg zu erklären … denn er hat sich dem Nationalismus entgegengestellt“. Hier nannte Mussolini seine Bewegung erstmals Fasci di combattimento, frei übersetzt also etwa „Kampfbund“.

Nach zwei Monaten erschien das Programm – eine Beschreibung des Faschismus der ersten Stunde: 

„Das Programm (…) war eine kuriose Mischung aus Veteranenpatriotismus und radikalem sozialen Experiment, eine Art „nationaler Sozialismus“. Auf der nationalen Seite forderte er die Erfüllung der expansionistischen Ziele Italiens auf dem Balkan und im Mittelmeerraum, die nur wenige Monate zuvor auf der Pariser Friedenskonferenz gestoppt worden waren. Auf der radikalen Seite stand die Forderung nach dem Frauenwahlrecht, dem Wahlrecht mit achtzehn Jahren, der Abschaffung des Oberhauses, der Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung (vermutlich ohne Monarchie) , dem Acht-Stunden-Arbeitstag, Arbeiter-Mitbestimmung beim „technischen Management der Industrie“, der „Teilenteignung aller Art von Reichtum“ durch eine hohe und progressive Kapitalsteuer, der Einbeziehung der Kirchenbesitztümer und der Konfiszierung von 85 Prozent der Kriegsgewinne.“

In diesem Potpourri hätte wahrscheinlich jede Partei etwas für sich entdecken können. Hinzu kam aber als Unterscheidungsmerkmal enormer Durst nach Gewalt. 

Mittel zum Zweck


Denn die gewaltsamen Aktionen – das Zerstören, Schlagen und Morden – sollen als Mittel zum Zweck und eindeutiger Ausdruck des Faschismus nach außen hin dienen. Und zwar seit seiner Entstehung.

„Am 15. April 1915 nach der Gründung der faschistischen Bewegung an der Piazza San Sepolcro, stürmte eine Gruppe von Freunden Mussolinis (…) die Mailänder Büros der sozialistischen Tageszeitung Avanti, deren Chefredakteur von 1912 bis 1914 Mussolini selbst gewesen war. Sie zertrümmerten Druckerpressen und die übrige Einrichtung. Dabei wurden vier Personen getötet, darunter ein Soldat, und 39 verwundet. Der italienische Faschismus brach also mit einem Gewaltakt in die Geschichte ein – sowohl gegen den Sozialismus als auch gegen das bürgerliche Rechtssystem, im Namen eines behaupteten höheren nationalen Gutes.“

Das ist für mich das wichtigste Merkmal des Faschismus: die Anwendung der Gewalt. Somit definiere ich Faschismus als eine Verbindung von rücksichtslosen Verbrechern, von Kriminellen, die sich als Politiker zwar tarnen, aber das Rechtssystem ablehnen und als Mafiosi agieren.  

Folglich bezeichne ich jemanden als Faschist, wenn er (oder sie) eine unabdingbare Voraussetzung (Conditio-sine-qua-non) erfüllt: die absolute Bereitschaft, Menschen und demokratische Regeln zu brechen und zu zerstören. Außerdem existiert ein Faschist (eine Faschistin) ausschließlich im Rudel.


Alle Zitate stammen aus dem Buch „Anatomie des Faschismus“ von Robert O. Paxton.