Freitag, 23. Juli 2021

Die Anmaßung maßt sich viel zu viel an

Nichts gedeiht so prächtig wie die Anmaßung, was so viel bedeutet wie Überheblichkeit und Arroganz oder unberechtigte Inanspruchnahme. Diese nüchterne Auflistung von Duden schildert natürlich keine gesellschaftlichen Folgen, die dieses Phänomen verursacht. Dabei denke ich kaum an die strafrechtlich relevante Amtsanmaßung (§ 132 StGB: Wer unbefugt sich mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes befasst oder eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.) 

Mir geht es um die nicht strafbare und um unsere alltägliche allgegenwärtige Überheblichkeit, die uns Steine in den Weg legt und an den Rand der Verzweiflung bringt, während sie uns auf Schritt und Tritt begleitet. 

                                                                  Es muss mitnichten die oberste Stelle sein.

In voller Hässlichkeit


Die Voraussetzungen sind überall wirklich günstig. Wenn eine Gesellschaft streng hierarchisch aufgebaut ist (zeigt mir aber bitte eine Gemeinschaft, die keine Hierarchie kennt), entsteht fruchtbarer Boden für Überheblichkeit und Arroganz. Von oben blickt man einfach leichter herab. Es muss mitnichten die oberste Stelle sein, um das Phänomen auszulösen. Eine kleine Erhöhung, eine winzige Stufe höher und schon zeigt sich die Arroganz in voller Hässlichkeit.  

Die Anmaßung will stets mehr und begnügt sich nicht mit dem Vorhandenen. Das ist in sich keine schlechte Eigenschaft. Die Überheblichkeit täuscht aber lediglich eine gesunde Ambition vor. Denn sie ist krank vor Missgunst und Eifersucht. Sie ist an einem fairen Match nicht interessiert. Nicht im Geringsten. Sie will herrschen, der Rest hat sich gefälligst unterzuordnen.

Chamäleons Mäntelchen


Kommt die Anmaßung an die Macht, sind die Konsequenzen gravierend, mitunter vernichtend. Denn sie will immer recht haben; koste es, was es wolle. Ihre Entscheidungen wirken dementsprechend oft sprunghaft und lassen sich selten nachvollziehen. Das angestrebte Ziel können die Beobachter nicht wirklich erkennen. Sie suchen doch nach logischen Voraussetzungen. In meisten Fällen vergeblich. Weil die Anmaßung nur ein Ziel hat – sich selbst.

Sie ist ein Chamäleon und verkleidet sich dauernd. Dabei hängt sie ihr Mäntelchen stets nach dem Wind.  Damit weicht sie jeder ernsthaften Debatte aus. Sie liebt stattdessen die Inszenierung – das A und O ihrer Geltungssucht.

Weg von Auto-


Die Anmaßung blendet und verblendet diejenigen, die sich nach Autoritäten sehnen und auf die Autokraten reinfallen. Beide Begriffe beginnen mit dem Präfix "Auto-", das die Aufmerksamkeit auf sich selbst lenkt. Darin verbirgt sich auch die Gefahr und die Verlockung, das Nachdenken den anderen zu überlassen.

Gibt es denn ein Gegengift? Das wichtigste wäre die Immunisierung gegen Hypokrisie und Heuchelei.

Bis es so weit ist, nicht aufhören zu fragen! Wer fragt, irrt nicht. Oder wenigstens seltener. Und wer hinterfragt, der ist besser gegen die Anmaßung gewappnet. Sie hält sich nämlich an keine Spielregeln.

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