Dienstag, 2. Mai 2017

Schluckauf oder Leitkultur

Wie ein lästiger Schluckauf kehrt in unregelmäßigen Abständen die Debatte über die Leitkultur wieder. Für mich ist sie ein Zeichen der Angst und der Schwäche. Schaut mal her – will der eine oder andere leitende Kulturelle damit sagen – ich bin besser als Ihr, versucht Euch also nicht mit mir anzulegen, sondern folgt mir widerstandslos. Solch eine leitkulturelle Person fürchtet, dass es Menschen geben könnte, die die leitkulturellen Traditionen und Gewohnheiten zu verändern beabsichtigen. Eine darauffolgende logische Reaktion ist die Abschottung.


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Kann eine Kultur leiten?


Eine grundsätzliche Frage, die man zuerst beantworten müsste, lautet: Kann eine Kultur überhaupt leiten? Oder verlangen, dass man ihr befolgt? Mit welchen Mitteln? Per Dekret? 

Für Thomas de Maizière  gibt es keine Zweifel. Ja, die DEUTSCHE Kultur kann leiten. Wenn man aber Kultur mit dem Adjektiv „deutsch“ versieht, erscheint sie dann noch harmlos, oder zeigt sie schon ihre hässliche nationalistische Fratze?  Lassen wir jedoch den Nationalismus beiseite. Die Ausführungen des Bundesinnenministers sind auch sonst widersprüchlich genug.

Wie offen ist eine geschlossene Gesellschaft?


De Maizière  widerspricht sich selbst, wenn er zum Beispiel behauptet: „Wir sind eine offene Gesellschaft.“ Eine offene Gesellschaft im Gegensatz zu einer alten besserwisserischen Tante setzt per definitionem keine Verhaltensregeln fest. Eine offene Gesellschaft ist neugierig auf das Neue, das Unbekannte. Eine offene Gesellschaft ist wissbegierig und bereit, stets zu lernen. Dagegen zeichnet eine geschlossene Gesellschaft nicht nur im hohen Grad Misstrauen bis Feindlichkeit dem Unbekannten gegenüber, solch eine Gesellschaft lässt meist keine gleichberechtigte Behandlung und Mitarbeit zu. 

Deutschland ist trotz anders lautenden Bekundungen – darunter auch der von Thomas de Maizière – lediglich bedingt offen und auch dann oft an der falschen Stelle. 

Leistung über alles?


De Maizière behauptet, dass der Leistungsgedanke nach wie vor die Geschicke in Deutschland antreibt. Da muss ich sehr laut widersprechen. Wäre dies der Fall, hätten wir kaum Probleme hierzulande. Es gäbe überall gerechte Löhne, die zum Leben reichen, Wohnungen, die bezahlt bleiben, Kinder, die entsprechend ihren Bedürfnissen und Talenten gefördert wären. Da der Leistungsgedanke auch den ebenso wichtigen Solidaritätsgedanken beinhalten muss, gäbe es keine Korruption, keinen Machtmissbrauch und keine Machtarroganz. Wir hätten nicht täglich zusehen müssen, wie Menschen in den Abfällen kramen, weil niemand schätzen will, was sie geleistet haben. Ferner gäbe es kein menschenverachtendes Hartz IV, weil sich dabei nicht um die fehlende Leistung handelt, sondern um eine künstlich erhaltene Kolonne der Verlierer, damit der Rest spurt.

Ein Leistungsgedanke ist vom Gerechtigkeitsprinzip nicht zu trennen. Und dieses vermisse ich schmerzlich, geehrter Herr De Maizière. Daher bitte ich Sie, faseln Sie nicht über Leistung, sonst wird mir schlecht.

Doch Burka


„Wir sind nicht Burka“, verkündet unser aller Minister. Tatsächlich? Wer sich hinter hehren Parolen versteckt, Probleme verschweigt und Menschen dreist ignoriert, der ist sowas von Burka, bis zum Geht-nicht-mehr. 

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