Freitag, 12. Mai 2017

Limousinen, Gericht und Gerechtigkeit. Aus Sicht der polnischen Ministerpräsidentin Beata Szydło

Inzwischen ist Beata Szydło auch hierzulande keine unbekannte Person mehr. Dennoch erscheint sie uns nach wie vor sphinxhaft. In einem Interview für die polnische Zeitung „Rzeczpospolita“ spricht sie jetzt über aktuelle Themen und über ihre Regierung.


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Mit den Limousinen ist es vorbei,


verkündet die polnische Ministerpräsidentin in dem Gespräch mit Michał Szułdrzyński i Jacek Nizinkiewicz Eine Limousine bedeutet auf Polnisch einen großen Luxuswagen.  Einige von diesen Autos, die den Ministern zur Verfügung stehen, wurden in Unfällen zertrümmert.  Derartige Ereignisse überschatten Erfolge der Regierung. 

"Ich habe klar meine Erwartungen den Ministern mitgeteilt. Wir sind ein Team. Wenn ein Mitglied nicht mithalten kann, muss man ihn auswechseln. Wir müssen nicht nur geschlossen und loyal sein, sondern auch diszipliniert, weil wir erst dann in der Lage sind, unsere Versprechungen einzuhalten“, erklärt Beata Szydło.  

Als die Journalisten nachhaken, ob ein Umbau der Regierung ansteht, weicht sie aus: „Ich gebe meinen Ministern Zeit. Wenn sie keine Schlussfolgerungen ziehen, werde ich Entscheidungen treffen müssen. Momentan beobachte ich alles aufmerksam.“

Mädchen und Marionetten


Sowohl die hiesigen Medien wie auch die polnische Opposition wollen in Beata Szydło lediglich eine Marionette vom allmächtigen Parteivorsitzenden der PiS-Partei (Recht und Gerechtigkeit) sehen. Abwechselnd wurde sie Kaczyńskis Mädchen genannt, ähnlich wie früher Merkel als Kohls Mädchen.

Gefragt nach der Art ihres Verhältnisses zu Jarosław Kaczyński - ob es eine stetige Verbindung gibt -, antwortet Beata Szydło: "Aber selbstverständlich. Die Regierung ist eine Emanation der Partei. Die Regierung geht aus der Partei hervor. Es wäre unnatürlich, wenn ein Vorsitzender der Partei, die die Regierung gestellt hat, nicht stets den Kontakt zum Chef der Regierung gehalten hätte. Genauso wie zu anderen staatlichen Gremien. In derselben Weise funktioniert dies doch auch in den westlichen Demokratien¸ eine Regierung ist eine Emanation der parlamentarischen Mehrheit und es ist schwer vorstellbar, dass sie ihr Programm außerhalb dieser Mehrheit realisieren könnte."

Rechtsstaatlichkeit und Eliten 


Beata Szydło lehnt ein Referendum über einen möglichen Austritt aus der EU ab. Polen ohne die EU sei schwach. 

In der EU wird Polen unterdessen misstrauisch betrachtet. Der Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans sorgt sich um die Rechtsstaatlichkeit in Polen. In einem Interview für Die Zeit sagt er: „In Polen wird die Demokratie aber derzeit dazu benutzt, den Rechtsstaat auszuhöhlen. Die Richter sollen ausführen, was die politische Mehrheit will. Wenn in unseren europäischen Gesellschaften der Gedanke gewinnt, dass derjenige, der die Mehrheit hat, alles bestimmt, dann gibt es keine EU mehr.“

Auf diese Vorwürfe reagiert Beata Szydło mit Unverständnis: "Ich weiß nicht, wieso er sowas behauptet. Der polnischen Rechtsstaatlichkeit geht es sehr gut. Wir sind für eine meritorische und ehrliche Diskussion offen. Der Missbrauch der EU-Kommission zum politischen Kampf führt zur institutionellen Krise der Europäischen Union.“ 

Alle eingeführten Änderungen entsprechen der polnischen Konstitution. Die von der OSZE kritisierte Reform des Gerichtswesens sei nötig. "Wie jede Änderung, die die PiS-Partei einführt, schmerzt sie diese Gremien, die ihre Privilegien verlieren. Für uns ist das Wohlwollen der Allgemeinheit wichtig und nicht lediglich jenes der Eliten. Wir wollen, dass die Gerichte wirklich ihre Rolle erfüllen und dass die Menschen auf zügige, ehrliche und gerechte Entscheidungen in ihren Angelegenheiten hoffen können. Die Gerechtigkeit muss in die Gerichte zurückkehren.“

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