Mittwoch, 25. Mai 2016

Wieso lieben wir Populisten?

„Populismus“ ist das neue Modewort und ein schwerwiegender Vorwurf. Weil ein Populist ein dreister  gewissenloser machtbesessener Opportunist sei, der „durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (im Hinblick auf Wahlen)“ gewinnen wolle. Zu diesem Zweck gibt er sich als volksnah aus  und präsentiert einfache Antworten auf schwierige Fragen. Per definitionem also ein Schwein. Oder doch nicht?


                                                  In Österreich haben die Populisten fast die Hälfte 
                                                               der Stimmen an sich gezogen.         Screenshot                                     

Selbstgerecht und abgehoben


Unsere Erwartungen an Politiker, die die Macht innehaben, sind sehr hoch. Sie sollen ein Vorbild darstellen, die Probleme erkennen und lösen, dabei gerecht und selbstlos vorgehen und sich an das Wohl der Gesellschaft orientieren. 

Wir bekommen stattdessen jene, die wir gewählt, oder nur zugelassen haben, wenn wir am Wahltag zu Hause bleiben. Relativ schnell werden wir von ihnen enttäuscht. Sie scheinen sich in einem rasanten Tempo von der Realität zu entfernen und somit von der Wirklichkeit, in der wir leben.  Aus den Dienern der Allgemeinheit formen sich in einer kurzen Zeit selbstgerechte Potentaten, die von oben herab auf ihr Volk schauen. 

Wir, das Wahlvieh


Und sie reden sich andauern heraus. Die Sachverhalte seien kompliziert und wir – das Wahlvieh – einfach zu doof, um ebendas zu begreifen. Deshalb müssen sie uns zu unserem Glück zwingen. 

Wir kommen uns auch tatsächlich dumm vor, im Angesicht der überbordenden Arroganz der Macht.  

Dass das Leben nicht einfach ist, merkt man bereits im Kindergarten. Wer dies erst in dem Moment begreift, in dem er an die Macht kommt, ist fehl am Platz. Kann man meine Aussage womöglich populistisch nennen? Durchaus. Vereinfache ich die schwierigen Zusammenhänge? Das hoffe ich. Weil ich zu den wichtigsten Aufgaben der Politik, besonders von den regierenden Parteien, außer der Erläuterung der Ziele und Maßnahmen, eine verständliche Erklärung zähle.  Und zwar in einem Spagat mit dem entschiedenen Handeln. 

Von den Populisten lernen


Die Groko bremst sich aber gegenseitig aus. Darum warten wir auf das entschiedene Handeln - zunehmend irritiert - vergeblich und beobachten Politiker, die mit Vorliebe Nabelschau betreiben. Man gewinnt einen fatalen Eindruck, dass die Regierenden ihre Energie zum größten Teil dem Machterhalt widmen.  Das kommt bei den Bürgern nicht gut an. 

Kein Wunder, dass Populisten bei den Enttäuschten punkten. Endlich scheint sich jemand für die Sorgen und Ängste der Menschen zu interessieren. Dass es sich hier nur ums Schauspiel handelt – geschenkt. Was man aber unbedingt von den Populisten lernen soll, ist die Bereitschaft die Sorgen und die Ängste aufzugreifen und die gesellschaftlichen Diskussionen anzustoßen. 

Genauso notwendig erscheint mir – wie ich schon erwähnt habe - die fortwährende Bemühung, das Komplizierte verständlich darzustellen. Die Politik muss Menschen mitnehmen, anstatt sie abzuschrecken und auszugrenzen. 

Über das Komplizierte kompliziert zu reden kann fast jeder Depp. In einfachen verständlichen Formulierungen das Schwierige und Verwickelte darzulegen ist dagegen eine große Kunst. 

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