Sonntag, 15. Mai 2016

Logisch-psychologisch über faire Diskussionen, Klientelpolitik und Demokratur

Das Leben ist nicht logisch. Eher chaotisch. Und unbeherrschbar. Dennoch brauchen wir die Logik sowie die Psychologie, um es zu verstehen. Was hat Logik mit Psychologie zu tun? Ziemlich viel.


                                                                                                                      Foto: Autorin

Abstrakt fair


Da Logik die Gültigkeit von Argumenten untersucht und die Argumente dazu dienen, die Behauptungen zu begründen, ist sie für eine konstruktive Diskussion unabdingbar. Erst dann, wenn wir die Argumente überprüfen und sie als richtig oder falsch einstufen können, sind wir in der Lage in einer Auseinandersetzung voranzukommen und im besten Fall, einen gerechten Kompromiss zu erlangen. So sieht dies in einer abstrakten, in einer idealen Situation aus. In diesem Fall agieren Diskutanten unabhängig und fair. Ja, das ist wirklich eine abstrakte Situation.

Formen und verformen


Die Wirklichkeit lässt sich aber schwer in die abstrakten Muster hineinzuquetschen. Vor allem kommen in Betracht unzählige zusätzliche Faktoren hinzu.  Ich nenne nur einige davon:  die Machtverhältnisse, die das Gesagte anders gewichten lassen; die gesellschaftlichen Bewegungen, Strömungen und Trends, die im Augenblick dominieren; die Vorbelastungen der agierenden Akteure, psychologisch erfassbar und erklärlich. 

Kurzum: Wir leben und handeln nicht in einem Vakuum.  Stattdessen unterliegen wir verschiedenen Einflüssen. Wir alle sind beeinflussbar. Die Wirklichkeit formt uns und verformt. Auch wir formen und verformen die Wirklichkeit. Die einen mehr, die anderen weniger. Welchen Einfluss auf eine Diskussion über die Armut und auf den Lauf der Dinge hat ein Obdachloser? Hört ihm überhaupt jemand zu? 

Demokratur für eigene Klientel


Eine Demokratie lebt von den Mehrheiten. In dem Sinne, dass Entscheidungen mehrheitlich getroffen werden. Darf aber eine Demokratie die Minderheiten vergessen? Was passiert, wenn sie das tut? Ich behaupte, dass sie sich dann unausweichlich zu einer Demokratur entwickelt. 

Eine Demokratur täuscht zwar eine Demokratie vor, sie ist aber nichts anders als eine Diktatur. Weil sie in diesem Fall eine Macht der Mehrheit für die Mehrheit ausübt, oder anders gesagt eine Klientelpolitik betreibt. Jene Politik bedient nur die Interessen ihrer Wahl-Klientel. Der Rest – ohne Lobby, ohne Einfluss – soll schauen, wie er überleben kann.

Reservate für die Minderheiten


Stellen sie sich folgende Situation vor: Die Regierung (gewählt in den demokratischen Wahlen) beschließt, dass man die Langzeitarbeitslosen kostengünstig in die Reservate (das Wort Lager weckt hierzulande ungute Erinnerungen) reinsteckt. Mehrheitlich – also demokratisch könnte man meinen – beschlossen. Wäre aber diese Entscheidung im Sinne der Minderheiten getroffen? Logisch: Nein!

Was ist das für eine abwegige Idee mit den Reservaten? Das tut man im zivilisierten Deutschland nicht? Doch, es wurden hier Reservate im übertragenen Sinne geschaffen. Viele Menschen wurden von der Teilhabe an der Gesellschaft ausgeschlossen: die Armen, die Hartz-IV-Empfänger, die Menschen mit Behinderung.  

Das hat Konsequenzen. Dadurch verursachen die Regierenden die Radikalisierung der Massen. Die tragen dazu bei, indem sie zeigen, wie wenig sie jene Minderheiten (zum Beispiel: Hartz-IV-Empfänger) schätzen. Die Massen gucken sich das ab, oder stecken sich sogar mit dem Virus der Menschenverachtung an, und praktizieren die Herabsetzung auf ihre Art. Wir lernen voneinander. Logisch und psychologisch. Leider?

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