Freitag, 27. März 2015

Der Mensch als Maschine?

Die Diskussion über die Ursachen des Absturzes vom Germanwings-Airbus A320 warf zuerst die technischen Fragen auf. Jetzt liegt der Fokus auf dem menschlichen Versagen. Womöglich handelt es sich um einen sogenannten „erweiterten Suizid.“ Der Kopilot sollte psychische Probleme haben. Was sich im Cockpit abgespielt hat und aus welchen Gründen es passierte, werden wir wahrscheinlich nie erfahren. Eine Debatte über den Umgang mit psychischen Krankheiten ist aber längst überfällig.


                                                              Lisa Spreckelmeyer  / pixelio.de


Psychisch kommt von Psyche


Die Psyche des Menschen lässt sich nicht wie eine Maschine reparieren. Auch wenn uns die Pharmaindustrie überzeugen will, dass dies der Fall sei: Es bedarf nur einer passenden Tablette und das Problem wird gelöst.  

Die psychischen Probleme – wie der Name schon sagt – unterscheiden sich von den somatischen, körperlichen, indem sie die Phänomene betreffen, die man früher als Seelenleben beschrieb und heute in Denken und Gefühlsleben unterteilt. 

Die Psychologie sucht immer noch nach ihrem Platz und schwankt zwischen einer strengen Wissenschaft und irrationalen Esoterik. Ein Psychologe verwendet nicht nur wissenschaftliche Theorien, sondern auch Alltagstheorien – unsere Küchenpsychologie -,  die sowohl individuelle Konstrukte wie auch Gemeingut einer ganzen Gesellschaft enthalten.

Eine Schraube locker oder schon der schwarze Hund?


Wer hat keine Macke? Bei wem sitzt nicht wenigsten eine Schraube locker? Theoretisch sind wir also alle mit psychischen Problemen vertraut. Daher hätte man ein Verständnis für psychische Krankheiten voraussetzen dürfen. Weit gefehlt! Die Betroffenen verheimlichen es nach wie vor, weil derartiges Leiden in der Gesellschaft verpönt ist. Zwar zeigen wir uns nach den besonderen tragischen Ereignissen – wie zum Beispiel der Selbstmord von Robert Enke - erschüttert und geloben eine ernsthafte Debatte zum Beispiel über die Depressionen – über den schwarzen Hund, wie es Matthew Johnstone, ein depressiver Autor mal nannte-, schnell aber kehren wir zum Alltag und zur gewohnten Ablehnung der psychischen Schwäche zurück.

Unser gemeinsames Produkt


Woher kommt diese hartnäckige Negation? Vielleicht aus einer grundsätzlichen Einstellung, die auf die Anerkennung des Funktionierens in dem vorgefundenen System ausgerichtet ist. Beginnend in der Schule findet es eine andauernde Segregation statt, die keine gerechte ist, umso mehr aber ellenbogenstark. Unsere Kinder lernen schon früh, dass es zulässig ist, die andersartigen zu diskriminieren und die genauso Klugen zu benachteiligen, wenn man zu den Starken (vor allem finanziell) gehört. Sie lernen, dass die Schwachen in diesem Land ausgenutzt und betrogen werden.  Sie lernen, dass die Rechte theoretisch für alle gelten, praktisch aber nicht. Weil nicht die Begabung und die Fähigkeiten entscheiden, sondern die Geldbörse und die Position der Eltern.   

Als Erwachsene ergattern sie dann die besten Stellen, weil sie zu den Bevorzugten gehören. Die sogenannte soziale Marktwirtschaft hat das Adjektiv „sozial“ nicht verdient. Sie schließt die Schwächsten einfach aus und hat keine Vorschläge für das Problem. So erscheint als normal, sich mit Millionen von Arbeitslosen abzufinden und ihnen keine Perspektive zu bieten.

In solch einer Wirklichkeit darf es nicht wundern, dass immer mehr Menschen den Druck oder die Ablehnung nicht aushalten und psychisch erkranken.

Die psychischen Krankheiten fallen nicht vom Himmel und sind auch nicht in den Genen zu finden. Sie entstehen als Ergebnis von vielen Faktoren. Verallgemeinernd kann man sagen, dass die Gesellschaft sie selbst „produziert.“ Ja, sie sind unser gemeinsames Produkt. 

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