Montag, 14. September 2015

Der Wert des Menschen

Politiker berufen sich gerne in ihren Reden auf die europäischen Werte, wobei sie jene Werte selten konkret formulieren. Im Allgemeinen kann man dennoch annehmen, es geht um eine Mischung aus dem christlichen Erbe und dem Nachlass der Französischen Revolution mit den Menschenrechten obendrauf. Der Mensch soll unbedingt groß geschrieben werden.

In den Zeiten der Globalisierung rechtfertigen gleichzeitig unfähige Politiker jede Sauerei mit den Zwängen dieses Prozesses und schneiden sich auf diese Weise ins eigene Fleisch: Wenn die Globalisierung alles regelt, wozu braucht man noch solche ohnmächtigen Politiker?



Massen und Kollateralschäden 


Das Denken in Kategorien von Massen beherrscht allerdings alle politischen Bühnen, unabhängig von den bestehenden Systemen. Die Machthaber aller Couleur verlieren den Menschen, das Individuum aus dem Blick. Um an die Macht zu gelangen, brauchen sie eben die Mengen, daher nehmen sie die einzelnen Kollateralschäden in Kauf. 

Das sind totalitäre Denkmuster, die auch die Demokratien übernehmen. Diejenigen, die für die Wahlen nicht von Bedeutung sind, kommen unter die Räder. Politiker kalkulieren wie Händler, was sich für sie lohnt und was nicht. Es ist keine Erfindung von Merkel, die Fahne nach dem Wind zu hängen.

Vorgetäuschte Demokratie


Ein Einzelschicksal zählt anscheinend gar nichts: daran sollen wir glauben und selbst die ganze Verantwortung und die Schuld übernehmen. Arbeitslos? Nicht gut genug für den Arbeitsmarkt. Ungerecht von den Ämtern behandelt? Tja, Pech gehabt. Dieses System, das die Demokratie gekonnt vortäuscht, schreibt die angeblich Unangepassten ab: „Man kann sich doch nicht um jeden Einzelnen kümmern.“ Solch eine Prämisse ist jedoch fundamental falsch. Wieso? Weil der Einzelne – der Mensch also – im Mittelpunkt stehen muss. Was nützen schöne Theorien und noch schönere Gesetze, wenn es dem Menschen nicht gut geht? Der Mensch – nicht die Masse - muss der Prüfstein jedes Systems sein.

Markt und Tabakdose


Wie es zurzeit läuft, weiß jede und jeder. Grundsätzlich bestimmen die Märkte den Wert des Menschen, Politiker plappern nur nach, was die Wirtschaft ihnen diktiert. Daran haben wir uns allmählich gewöhnt, sodass die durchaus intelligenten Vertreter unserer Gattung der „Bild“-artigen Argumentation widerstandslos folgen und nicht hinterfragen, seit wann die Nase für die Tabakdose herhalten muss und nicht umgekehrt. 

Was ist also ein Mensch wert? So viel, wie er dem Markt nutzt? Und wenn nicht, ist er dann wertlos? Ist ein Arbeitsloser als Mensch genauso viel wert wie ein Arbeitender? Eine dumme Frage? Von wegen. Hören sie genau zu, wenn man die nächste Diskussion – die kommt auf jeden Fall - über die Hartz-IV-Empfänger lostritt. Meine Meinung dazu? Eigentlich sollen sie recht gut entschädigt werden, dass sie als Geiseln der marktorientierten Gesellschaft büßen müssen, damit diese Als-ob-Demokratie funktioniert.  


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